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Gastbeitrag: Mit gezielten Immobilieninvestments in Europa Krisen trotzen

Die Immobilienbranche steht momentan zwar vor immensen Herausforderungen, die aber weiterhin Chancen und Handlungsspielräume eröffnen. Zugegeben: Die aktuelle Marktsituation ist mit keiner anderen bisherigen Marktphase vergleichbar. Einzigartig macht sie die Kombination von Krisen auf der ganzen Welt, die seit Monaten bestehen und uns auch weiterhin beschäftigen werden. Nach der Corona-Pandemie kamen neue Hürden hinzu, wie die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine, ein starker Anstieg der Energie- und Baupreise und die rasant steigende Inflation. Diese hatte im Oktober 2022 mit 10,6% die höchste jemals in der Eurozone verzeichnete Rate erreicht, und auch in den ersten Monaten 2023 lag die Inflation immer noch auf einem hohen Niveau. Im Jahr 2023 werden hohe Zinsen und ein schwieriges Finanzierungsumfeld die Märkte weiter belasten, ebenso wie die unsichere Preisentwicklung. Die Europäische Zentralbank reagiert seit Monaten mit Zinserhöhungen auf die hohe Teuerungsrate und wird dies wohl auch weiterhin tun, bis die Inflation deutlich zurückgeht. Dies wirkt sich natürlich auch auf die europäischen Immobilienmärkte aus und lässt Investoren und Finanzierer vorsichtig agieren.

Tomasz Dukala

Sobald sich aber die Zinssätze stabilisieren, wodurch mehr Planungssicherheit entsteht, wird der Markt einen Großteil seiner Dynamik zurückgewinnen. Das dürfte in der zweiten Jahreshälfte 2023 der Fall sein. Aber selbst jetzt, bevor der Markt sein Gleichgewicht wiederfindet, wäre es ein Fehler, in Schockstarre zu verharren. Denn für langfristig orientierte Investoren mit einem Fokus auf nachhaltig wertbeständige Portfolios gibt es auch jetzt eine Reihe interessanter Investmentmöglichkeiten.

Normalisierung des Markts
Investoren mit solider Liquidität sind gut positioniert, um interessante Objekte zu erwerben, wenn die Preise fallen. Und genau das sehen wir derzeit. Seit Jahren kannten die Immobilienpreise nur eine Richtung: nach oben. Mit den höheren Zinsen steigen Finanzierungskosten und Staatsanleihen werden renditeträchtiger als Immobilien bei geringerem Risiko. Darüber hinaus führt die derzeitige Unsicherheit im Bankensektor dazu, dass die Verfügbarkeit von Fremdfinanzierungen für einige Projekte zusätzlich eingeschränkt wird. Das wiederum senkt die Investorennachfrage nach Gewerbeimmobilien deutlich. Der Immobilienmarkt reagiert traditionell recht langsam – was einerseits an den Projektlaufzeiten liegt, andererseits daran, dass Finanzierungsverträge meist über mehrere Jahre abgeschlossen werden und sich Zinsänderungen also nur auf zukünftige Geschäfte auswirken. Doch schon heute sehen wir, dass Preise nach unten gehen, und ich erwarte, dass sie 2023 auch nominal sinken. Bis zu einem gewissen Grad ist das eine Normalisierung des Immobilienmarkts, der in den vergangenen Jahren mit Geld nahezu überschwemmt wurde. Die hohe Nachfrage hat zu einem Preisanstieg geführt, bei dem einige Objekte überteuert verkauft wurden. Dieser Effekt bereinigt sich jetzt.

So verzeichnete beispielsweise der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) im dritten Quartal 2022 erstmals seit elf Jahren einen Rückgang des Immobilienpreisindex gegenüber dem Vorquartal – um 1,0%. Im Schlussquartal 2022 folgte dann ein Rückgang um 2,0% gegenüber dem Vorquartal. Auch die Preise für Büroimmobilien sanken laut dem vdp – im vierten Quartal 2022 um 2,4% im Vergleich zum dritten Quartal und um 2,6% im Vergleich zum Vorjahresquartal.

Investmentchancen sind auch in schwierigen Marktphasen vorhanden
Keine Frage, ein tiefes Verständnis des Markts ist heute wichtiger als je zuvor. Immobilien sind kein Selbstläufer und kein Renditegarant mehr. Der Erfolg einer Investition ist zunehmend eine Frage des Standorts, der Mikro-Marktfaktoren und der Qualität des einzelnen Objekts. Investoren brauchen Expertise, ein Gespür für Marktveränderungen und eine klare Anlagestrategie. Core-Assets rücken wieder in den Fokus. Wer aber die Qualität der Immobilie und des Standorts einschätzen kann, sich auf zukunftsträchtige Assetklassen und Mieter konzentriert und über ausreichend Liquidität verfügt, kann 2023 Chancen zum gezielten Ausbau seines Portfolios nutzen. Denn mit der Normalisierung des Markts werden wir auch eine Rückkehr zur früheren marktzyklischen Dynamik erleben: Die Preise könnten 2023 zwar weiterhin leicht nachgeben, werden aber wieder anziehen, da die Nachfrage insbesondere nach qualitativ hochwertigen und zentral gelegenen Flächen hoch bleibt.

Und Opportunitäten bietet der Immobilienmarkt auch derzeit – trotz des schwierigeren Marktumfelds, insbesondere im europäischen Premium-Bürosegment. Wir sehen zum Beispiel eine stabile Nachfrage nach Büroflächen in Deutschland und Österreich. So sind dem vdp zufolge die Neuvertragsmieten im Bürobereich in Deutschland im vierten Quartal sogar um 5,4% gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen. Auch der Büroimmobilienmarkt in Österreich, insbesondere in Wien, entwickelt sich sehr positiv – mit geringen Leerständen und steigenden Mieten.

Gerade in den attraktiven europäischen Großstädten ist die Nachfrage nach Gewerbeflächen aller Art weiterhin hoch, und die Zuwanderung – von kleineren Orten in Großstädte und von außerhalb Europas in die EU – sorgt dafür, dass sie auf absehbare Zeit hoch bleibt. Darüber hinaus schaffen indexgebundene Mietverträge, wie im Gewerbeimmobiliensektor üblich, das Potenzial für ein Mietwachstum. Gleichzeitig werden steigende Bau- und Finanzierungskosten zu einem Unterangebot an modernen Büroflächen in Toplagen führen. In Kombination mit der zunehmenden Relevanz von ESG bedeutet dies wiederum, dass sich eine ganze Reihe neuer und spannender Investitionsmöglichkeiten ergeben wird. Schließlich ist Nachhaltigkeit sowohl für Investoren als auch für Nutzer ein immer wichtiger werdender Faktor.

Auch Hotelimmobilien können attraktive Investments sein
Gute Investmentchancen gibt es auch im Hotelsegment, insbesondere in Deutschland, da die Tourismusaktivitäten deutlich an Fahrt gewonnen haben. Das Hotelsegment ist sicherlich eines der am stärksten von der Coronavirus-Pandemie betroffenen Segmente. Hohe Energie- und Lebensmittelpreise sowie ein Mangel an qualifiziertem Personal zu angemessenen Löhnen machen der Branche weiterhin zu schaffen. Die Entwicklung der letzten Monate gibt aber durchaus Anlass zu Optimismus – zum Beispiel durch den stetigen Anstieg der Übernachtungszahlen. Das Statistische Bundesamt (Destatis) verzeichnete im Jahr 2022 450,8 Millionen Übernachtungen, das sind 45,3% mehr als 2021. Nicht nur die Zahl der Übernachtungen inländischer Gäste stieg 2022 deutlich an, um rund 37% auf 382,7 Millionen, auch die Zahl der Übernachtungen ausländischer Gäste hat sich mit 68,1 Millionen gegenüber 2021 mehr als verdoppelt.

Strukturell haben die Hotels kein Problem. Vor allem Hotels, die auf den Inlandstourismus ausgerichtet sind und sich in sehr guter Lage befinden, haben sich bereits in schwierigen Phasen wie der Pandemiezeit recht gut gehalten. Insgesamt ist es wichtig, auf die Details zu achten – auf die Qualität des Objekts, des Betreibers und des Konzepts. Es ist auch sinnvoll, sich nicht zu sehr von einzelnen Zielgruppen abhängig zu machen. Im Hinblick auf die Flächenauslastung und die langfristige Wertentwicklung des Portfolios haben hochwertige Objekte an attraktiven Standorten in Ballungsräumen natürlich generell Vorteile. Die Verpachtung an bonitätsstarke und erfahrene Betreiber minimiert zudem das Risiko erheblich.

Ein aktives Asset-Management macht den Unterschied
In Krisenzeiten ist es wichtiger denn je, in engem Kontakt mit den Mietern zu stehen und ein feines Gespür für Marktveränderungen zu haben, um schnell und effektiv reagieren zu können. Das ist hilfreich, um die Mieterfluktuation zu minimieren und neue Flächen schneller zu vermieten. Letztere sollten natürlich auf die Wünsche und Bedürfnisse der Mieter abgestimmt sein. Deshalb ist ein aktives Asset-Management gerade in Krisenzeiten ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Immobilienanlage. Auch bei der Umsetzung der ESG-Anforderungen spielt das Asset-Management eine große Rolle, nicht nur für den Mieterkontakt und einen höheren Komfort zu bieten, sondern auch um die Betriebskosten zu senken und das Reporting zu optimieren. Die Bedeutung des aktiven Managements beim Betrieb einer Immobilie sollte nicht unterschätzt werden.

Fazit
Wenn die Fundamentaldaten einer Immobilie stimmen, können sich bei Preisrückgängen, wie wir sie jetzt am Markt sehen, attraktive Investitionschancen ergeben. Eine genaue Marktselektion ist allerdings erforderlich, um den Bedarf und auch die Qualität der Immobilie sowie des Standorts realistisch einzuschätzen. Stabil dürfte die Nachfrageseite insbesondere bezüglich moderner Immobilien in zentraler Lage bleiben, die zudem wichtige Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.

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*) Tomasz Dukala, Board Member, EPH European Property Holdings