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Gastbeitrag: Logistikimmobilien – neue Marktrealität mit Chancen von Core bis Value-Add

Bereits auf der Expo Real 2022 war es zu spüren – das dringende Bedürfnis nach Austausch, nach einem Abgleich der Markteinschätzungen, nach Prognosen und idealerweise positiven Aussichten. Nicht nur im Segment der Logistikimmobilien ist die Frage zu hören, wann sich die Märkte wieder auf Vorkrisenniveau bewegen werden und wann die Zurückhaltung der Investoren endlich aufhört.

Nikolai Windhäuser

Tatsächlich werden wir in den kommenden Jahren höchstwahrscheinlich nicht mehr die Rekordergebnisse von 2021 erleben, weder was die Gesamttransaktionsvolumina noch was die Ankaufsfaktoren von 30 oder mehr betrifft. Allerdings ist das Bild des allgemeinen Stillstands genauso falsch. Vielmehr pendelt sich der Markt gerade auf ein gemäßigtes, neues Niveau ein, das für Investoren unterm Strich auch große Chancen bietet.

Konditionen von 2021 im Jahr 2023?
Zurzeit stechen immer wieder Transaktionen ins Auge, bei denen die „alten“ Kaufpreisfaktoren gemeldet werden. Davon sollte sich aber niemand beirren lassen, denn es handelt sich fast ausnahmslos um Forward-Deals, die Anfang 2022 oder sogar schon 2021 vereinbart wurden und bei denen nun das Closing stattfindet. Stattdessen hat sich der Markt auf einem Niveau mit Faktoren zwischen 18 und 22 (je nach Lage und Mieterbonität) für neue und ökologisch nachhaltige Objekte eingependelt. Vereinzelt werden auch Preise vereinbart, die ein bis zwei Faktoren darüber liegen – was aus Risikosicht dennoch ein durchaus fairer Preis ist.

Dabei kommt dem Markt zugute, dass die längere Phase der Zinsunsicherheit und des Re-Pricings allmählich zum Ende zu kommen scheint. Vor allem die nachlassende Zinsdynamik bietet Sicherheit. Während 2022 zwischen der Technical Due Diligence und dem Abschluss die Kreditzinsen mitunter um bis zu zwei Prozentpunkte gestiegen sind, was einige Transaktionen letztlich zum Scheitern gebracht hat, sind moderate Zinserhöhungen um 0,25 oder 0,5 Prozentpunkte längst kein Grund mehr, einen anberaumten Kauf wieder abzusagen. Für die Marktteilnehmer bedeutet das ausreichend Stabilität, um neue Zukäufe gezielt zu planen – auch wenn einige Akteure noch auf weiter sinkende Preise warten.

Die „alten Hasen“ dominieren den Markt
Verglichen mit dem Jahr 2021 hat sich der potenzielle Käuferkreis deutlich gewandelt. Inzwischen werden die Märkte klar von jenen Akteuren dominiert, die bereits vor der Boomphase am Ende der vergangenen Dekade aktiv waren. Während sich viele dieser erfahrenen Marktakteure in Zeiten der Preisüberhitzung eher zurückgehalten hatten, suchen sie nun wieder aktiv nach Investmentchancen zu guten Konditionen. Angesichts der aktuellen Zinspolitik können jedoch nur diejenigen Investoren zukaufen, die über ein hohes Maß an Eigenkapital verfügen. Hierzu zählen unter anderem Versicherungen und Fonds mit viel Eigenkapital beziehungsweise gesicherten Kapitalzusagen von Anlegern. Neue Fonds gibt es kaum noch, da es in den meisten Fällen an den Kapitalzusagen von Anlegern fehlt.

Strategien von Value-Add bis Core
Erstaunlicherweise konzentrieren sich diese Marktakteure aber nicht überwiegend auf defensive Strategien, wie es beispielsweise zu Beginn der Corona-Pandemie der Fall war. Gesucht werden stattdessen unterschiedlichste Typen von Immobilien – von Core über Core+ bis hin zu Value Add – verbunden mit verschiedenen Mietkonditionen bis hin zum Under-Rent. Sehr nachgefragt in der Branche sind nach wie vor die fest auf zehn Jahre vermieteten und Taxonomie-konformen Neubauten, idealerweise mit Photovoltaik auf dem Dach und DGNB- oder BREEAM-Zertifizierung. Bei diesen legen Investoren jedoch besonderen Wert auf die vollständige und jährliche Indexierung der Mietverträge. Eine vertragliche Deckelung oder eine nur teilweise Indexierung ist in der Regel mit Preisabschlägen verbunden. Es werden vereinzelt aber auch Objekte leer verkauft, bei denen der Projektentwickler sich frühzeitig den Verkaufspreis sichern will.

Eine spannende Alternative stellen zurzeit Objekte aus dem hochwertigen Bestand dar, die in der ersten Hälfte der 2010er-Jahre errichtet wurden und nun eine Restmietlaufzeit von drei bis fünf Jahren haben. Diese verfügen in der Regel über eine gute Gebäudesubstanz inklusive Dämmung, über LED-Leuchtmittel und weitere Nachhaltigkeitsmerkmale, weshalb sie über den aktuellen Mietzyklus hinaus nutzbar sind. Spannend sind diese Objekte auch deshalb, weil sie nach Auslaufen des Bestandsvertrags je nach Region zu einem, zwei oder gar drei Euro mehr auf den Quadratmeter neu vermietet werden können.

Der stabile Vermietungsmarkt lässt opportunistische Ansätze zu
Noch offensiver gehen diejenigen Marktakteure vor, die gezielt auf den Under-Rent setzen, also ältere Immobilien mit langjährigen Bestandsmietern und oft einem gewissen Sanierungsbedarf ins Auge fassen. Dort sind die Ertrags- und Wertschöpfungspotenziale nochmals deutlich höher. Interessanterweise halten sich die Mieterrisiken jedoch in Grenzen, denn je nach Region herrscht nach wie vor Vollvermietung, weshalb die starken Nachfrageüberhänge die Position des Vermieters stützen. Selbst im Insolvenzfall eines Nutzers kann eine Immobilie mit moderater Qualität zu einem deutlich höheren Mietpreisniveau als vor einem bis zwei Jahren neu vermietet werden.

Fazit
Die aktuelle Marktsituation verbunden mit der allgemeinen makroökonomischen Entwicklung bietet wieder gute Chancen. So wie die Kaufpreisfaktoren angesichts der steigenden Zinskurve gefallen sind, wird sich mittel- bis langfristig bei sinkenden Zinsen das genaue Gegenteil einstellen. Neben den eingangs erwähnten Möglichkeiten bietet sich somit zusätzlich eine inhärente Chance auf stabile Wertzuwächse.

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*) Nikolai Windhäuser, Managing Director, Logivest Stuttgart