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Expertenbeitrag: Logistikimmobilien - 6 Trends der Zukunft

Zu einer funktionierenden Supply Chain gehört die richtige Immobilie. Während die drei Faktoren Lage, Lage, Lage nach wir vor zu den entscheidenden Kriterien zählen, sind in den vergangenen Jahren neue hinzugekommen. Investoren und Logistikdienstleister müssen mittlerweile viele Herausforderungen meistern. Flächenknappheit, Brownfield statt Grundstückversiegelung zählen ebenso dazu wie Bürgerwehr aber auch Urbanisierung, Just-in-Time-Delivery und Arbeitskräftemangel.

Bülent Alemdag (oben) und Jörg Lojewski

Worauf sollten also Investoren und Projektentwickler, Logistikdienstleister und Handelsunternehmen vor dem Hintergrund der zunehmenden Komplexität bei der Planung und Umsetzung einer Immobilie heute achten?

Brownfield der Zukunft: Stillgelegte Kraftwerke
Mittlerweile müssen Immobilienprojektentwickler deutlich mehr Brachen in Betracht ziehen. Damit steigt ihr Risiko, denn nicht immer sind die Folgen wie Dekontamination, Abriss, fehlendes oder eingeschränktes Baurecht sowie umliegende Wohnbebauung im Detail bei Erwerb des Grundstücks absehbar. Um die Pipeline kontinuierlich zu füllen, haben Projektentwickler eigene Experten bei der Suche nach geeigneten, zu revitalisierenden Arealen angesetzt.

Wer dachte, er könnte weiter – wie vor Jahren – vor stillgelegten Kraftwerken Halt machen – hat sich geirrt. Oder er überlässt dem Wettbewerber das Feld. Gemeinden und Kommunen schauen sich mittlerweile sehr genau an, welche Qualität von Grundstücks- und Sanierungskonzepte ihnen vorgelegt werden.

Drittverwendungsfähigkeit ist aus Sicht des Investors und Projektentwicklers nach wie vor eines der Hauptkriterien. Sie sichert jedoch nicht nur die Rendite. Sie ermöglicht den Nutzern auch, unterschiedlichste Produkte von Automotive bis zu Textil am selben Standort z.B. auch nach Auslaufen von Kontrakten für andere Warengruppen zu lagern. In den letzten Jahren sind vermehrt bei Entwicklern WGK-fähige Flächen in den Ballungsräumen in den Vordergrund gerückt. Mit der Möglichkeit, GMP- und GDP-gerechte Logistikflächen zu nutzen, bieten sie Herstellern und Handelsunternehmen von Lebensmittel- und Pharmaprodukten die benötigten Expansionsmöglichkeiten.

Mieten werden weiter steigen
Hohe Grundstücks- und Errichtungspreise, ein großer Anlagedruck aufseiten der Investoren und der Mangel an Produkten haben dazu geführt, dass die Renditen von Logistik- und Industrieimmobilien sowie Industrie- und Gewerbeparks enorm unter Druck geraten sind. Allerdings sind die Mieten bisher trotz dieser Entwicklungen – im Gegensatz zu den Top-Wohnungsmärkten – sehr moderat geblieben. Das wird sich ändern. Parallel zu den Kaufpreisen werden die Mieten für Industrie- und Logistikimmobilien in Top-Lagen zukünftig massiv angepasst werden müssen.

Längere Realisierungszeit für Neubauten
Aufgrund des Fachkräftemangels bei gleichzeitigem Bauboom hat sich die Realisierungszeit für Neubauten um drei bis fünf Monate nach hinten verschoben. Volumenmäßig sind die großen Bauunternehmen an die großen Projektentwickler gebunden. Wer also eine kleinere Halle beauftragen will, sollte darüber nachdenken, ob er die Architekturleistung sowie die einzelnen Gewerke besser direkt beauftragt.

B2C-Infrastruktur braucht KEP-Dienstleister
Während früher Kommunen im Rahmen der Wirtschaftsförderung zur Ansiedlung von neuen Unternehmen gern mit einem niedrigeren Gewerbesteuersatz gewunken haben, sind solche Maßnahmen eher selten geworden. Wichtiger ist heute, ob Unternehmen die richtige Infrastruktur für ihr Geschäftsmodell vorfinden. Dazu gehört im Rahmen von E-Commerce-Geschäftsstrategien zunehmend, dass leistungsstarke KEP-Dienstleister vor Ort sitzen, damit die produzierte oder umgeschlagene Ware just-in-time abgeholt und beim Endkonsumenten geliefert wird. Gleiches gilt für die Industrielogistik und die Nähe von Zulieferern zum Werk ihrer Kunden.

Qualitativ hochwertige Arbeitsplätze in renommierten Unternehmen
Eine mittlerweile große Herausforderung für viele Logistikunternehmen stellt die Suche nach den richtigen und der genügenden Anzahl an Mitarbeitern dar. Dieser Aspekt ist in den letzten Jahren immer mehr auf der Rangliste nach oben gerückt. Was also tun, wenn der Arbeitsmarkt am gewünschten Standorten leergefegt zu sein scheint? Es muss nicht gleich eine Riesen-Werbekampagne sein, wie sie Amazon im niedersächsischen Winsen (Luhe) erfolgreich durchgeführt hat. Das Unternehmen betreibt seit Mitte 2017 sein einziges Logistikzentrum in Niedersachsen und beschäftigt in Spitzenzeiten rund 2.500 Arbeitskräfte. Und die wollten erst einmal an- bzw. beim Wettbewerb abgeworben werden.

Schützenhilfe können Investoren bzw. Logistiker von der Arbeitsagentur erhalten, die beispielsweise verfügbare Arbeitskräfte in der Branche Logistik, Transport, Spedition im festzulegenden Radius am gewünschten Standort in ihrem Netzwerk herausfiltern können.

Zu den erfolgreichen Strategien, die dazu führen, dass sich Unternehmen in hart umkämpften Märkten in der Gunst des Personals durchsetzen, zählt bei den weichen Faktoren vor allem die Qualität am Arbeitsplatz. Dazu gehören Aufenthaltsräume mit gehobener Ausstattung und Ruhezonen ebenso wie der Shuttle vom Bahnhof oder zum Logistikzentrum. Bei den harten Faktoren sind ansprechende Gehälter und Festanstellungen über ein Jahr zu nennen sowie Fortbildungsmaßnahmen. Nicht zu unterschätzen ist auch das Image des Unternehmens in der Öffentlichkeit.

Mitarbeitersicherung
Gleichzeitig werden Arbeitgeber proaktiver und versuchen immer mehr, auf junge Menschen zuzugehen. Ziel ist es, ihnen die verschiedenen Logistikberufe näherzubringen und die Möglichkeiten und Perspektiven innerhalb der Ausbildungsberufe zu erläutern. Damit wollen Arbeitgeber jungen Rekruten die Chance geben, den Beruf von der Pike auf kennenzulernen. Sie versprechen sich auch davon, dass die jungen Menschen durch die frühe Bindung an das Unternehmen mehr Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber entwickeln und damit gegen Abwerbungen aus emotionaler Sicht resistenter werden.

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*) Bülent Alemdag und Jörg Lojewski sind Geschäftsführer der Realogis-Gruppe.