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Expertenbeitrag: ESG bei verbrieften Vermögenswerten

Auf den ersten Blick scheint das Thema ESG (Environmental, Social, Governance) für verbriefte Vermögenswerte wenig Relevanz zu haben. Wir sind aber der Auffassung, dass insbesondere die Aspekte Social und Governance für erfolgreiche Anlagen in diesem Bereich langfristig von erheblicher Bedeutung sind.

John Vibert

Ausschließlich für professionelle Investoren bestimmt. Alle Investments sind mit Risiken verbunden, einschließlich möglicher Kapitalverluste.

Der Markt für verbriefte Vermögenswerte hat dem Thema ESG bislang wenig Beachtung geschenkt. Im Gegensatz zu den Märkten für Staats- und Unternehmensanleihen gibt es für verbriefte Vermögenswerte keine unabhängigen ESG-Dienstleister. PGIM Fixed Income hat daher speziell für Consumer ABS ein eigenes internes Rating-System entwickelt und einen Rahmen für die Bewertung von Emittenten und Investments im breiteren Verbriefungsmarkt geschaffen.

Die wichtigsten ESG-Erwägungen für verbriefte Vermögenswerte: ABS, CMBS, RMBS und CLOs¹



Quelle: PGIM Fixed Income. ¹Asset-backed Securities (ABS), Commercial Mortgage-backed Securities (CMBS), Residential Mortgage-backed Securities (RMBS) und Collateralized Loan Obligations (CLOs).

Wir werden uns im Folgenden mit einer Reihe von Social-Aspekten auseinandersetzen. Wir sind davon überzeugt, dass ein besseres Verständnis der Interessenausrichtung von Schuldnern und Originatoren (mit Schwerpunkt auf der Schuldnerperspektive) das mit der Anlage in Verbriefungsinstrumente verbundene Risiko reduziert, auch wenn es natürlich kein Ersatz für die klassische Kreditanalyse ist.

Weitere Informationen zum Thema ESG finden Sie in unserem Whitepaper „Applications of ESG to Securitized Assets“ auf www.PGIMFixedIncome.com.

Social / Origination: Es ist offensichtlich, dass intransparente, schlecht konzipierte und für den individuellen Kreditnehmer ungeeignete Finanzprodukte zu höheren Ausfällen und größeren Verlusten für Investoren führen. Bei diesen Produkten besteht außerdem die erhöhte Gefahr, dass es zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen kommt, die zusätzliche Anlageverluste, Reputationsschäden und eine höhere Mark-to-Market-Volatilität zur Folge haben.

Das bekannteste Beispiel ist die US-Subprime-Hypothekenblase. Viele Hauskäufer hatten Hypotheken aufgenommen, die nach einem gewissen Zeitraum mit niedriger Verzinsung (und teilweise ohne Tilgungszahlungen) auf einen deutlich höheren Zinssatz (mit Tilgungszahlungen) angepasst wurden. Dies führte zu einem drastischen Anstieg der Ausfälle im gesamten Verbraucherkreditbereich und zu einem dramatischen Einbruch der Wirtschaft. Dieses Desaster hätte vermieden werden können, wenn die Investoren sich mit der Eignung dieser Kredite für die betroffenen Schuldner auseinandergesetzt hätten. Es sollte klar sein, dass Kreditprodukte, die nach einer gewissen Zeit plötzlich weit höhere monatliche Kosten verursachen, für Kreditnehmer mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit nicht geeignet sind.

Wichtige ESG-Aspekte im Rahmen unserer Origination Due Diligence



Quelle: PGIM Fixed Income

Social / Servicing: Unter „Servicing“ versteht man die Verwaltung der verbrieften Forderungen durch den „Servicer“.

Defizite bei den Servicing-Leistungen können sogar noch höhere Risiken bergen als Probleme bei der Kreditvergabe. So kann der Servicer es zum einen versäumen, Schuldner im Sinne einer Verlustminimierung zu beraten, oder die Beratung kann aufgrund der mangelhaften Schulung des Personals widersprüchlich oder falsch ausfallen. Außerdem können rechtliche Verstöße seitens des Servicers gegen europäisches oder US-Recht (auch auf Bundestaatsebene) negative Folgen für die Investoren nach sich ziehen, da bei rechtlichen Ansprüchen wegen Servicer-Verstößen meist weniger strikte Verjährungsregelungen anwendbar sind und der Investor häufig wenig Einfluss auf Verhandlungen zwischen Servicern und Dritten hatte.

Ebenso wie bei der Kreditvergabe präferieren wir auch hier Initatioren mit einem zentralisierten Servicing-Betrieb, der wenige bzw. gar keine Ausnahmen zulässt. Bei der Prüfung von Servicern bevorzugen wir vor allem solche, die in der Vergangenheit gezeigt haben, dass sie über eine starke interne Compliance-Kultur verfügen und dass ihre Innenrevisions-, Compliance- und Rechtsabteilung wirksam zusammenarbeiten. Servicer sollten außerdem über die notwendige technologische Ausstattung verfügen, um Fehler im Rahmen des Servicings zu minimieren und um die Anpassung an ein sich wandelndes Marktumfeld zu ermöglichen.

Social / Staatliche Politik: Im Zuge der Finanzkrise ist ein neues Risiko für Investoren sichtbar geworden: das Risiko staatlicher Eingriffe entweder durch neue Gesetzgebung oder durch die Intervention von Behörden oder anderen regulatorischen Stellen in Vertragsprozesse, die zu Verlusten für Investoren führen.

Ein bekanntes Beispiel ist der „National Mortgage Settlement“. Mit diesem Vergleich wurden die rechtlichen Folgen verbreiteter krimineller Handlungen der großen Hypotheken-Servicer in den USA geregelt. Diese hatten im Rahmen der Zwangsvollstreckung von Hypotheken eine individuelle Prüfung der einzelnen Fälle unterlassen und die rechtlichen Verfahrensvorschriften verletzt. Die Investoren der verbrieften Hypotheken wurden dadurch auf zweierlei Weise geschädigt: Erstens verzögerten die Hypotheken-Servicer in dem Zeitraum zwischen dem Bekanntwerden des Skandals und dem Abschluss des Vergleichs Maßnahmen der Zwangsvollstreckung und zur anderweitigen Verlustminderung. Investoren erlitten daher größere Verluste, als sie bei einer rechtzeitigen Durchführung dieser Maßnahmen erlitten hätten.

Außerdem vereinbarten die Servicer im Rahmen dieses Vergleichs mit den Regulierern, dass ein Großteil des „Schadensersatzes“ für das Verhalten der Servicer durch die Umstrukturierung von Krediten geleistet werden sollte. Diese Kredite waren Eigentum der Investoren. Die Investoren wurden daher nicht nur durch die Handlungen der Servicer geschädigt, sondern auch durch die suboptimale Restrukturierung der Kredite, die von den Regulierern als Schadensersatz für das kriminelle Verhalten der Servicer verursacht wurde.²,³

Ähnliche Probleme mit regulatorischen Eingriffen sind aktuell im US-Markt für Studentenkredite zu beobachten.

Fallstudie: Verbriefung von Studentenkrediten
Studentenkredite scheinen auf den ersten Blick eine ethisch unproblematische Sache zu sein, da eine Ausbildung die Chancen am Arbeitsmarkt wesentlich verbessert. Leider gelingt es 40% der College-Studenten in den USA nicht, innerhalb von sechs Jahren einen Abschluss zu erreichen. Bei profitorientierten Colleges liegt dieser Wert sogar bei 74%.⁴ Außerdem bringt die Überzeugung der Notwendigkeit einer solchen akademischen Ausbildung junge Menschen und ihre Eltern in eine Zwangslage im Verhältnis zu den Kreditgebern im Markt für private, institutsinterne Kredite. Verschlimmert wird die Situation dadurch, dass Studentenkredite nicht im Rahmen eines Privatkonkurses beseitigt werden können.

Bei der Vergabe von ESG-Ratings für ABS mit Studentenkrediten berücksichtigen wir vor allem die folgenden Punkte:

1. Ob bei bürgenden Eltern eine ordnungsgemäße Prüfung des aktuellen und künftigen verfügbaren Einkommens auch im Hinblick auf den bevorstehenden Ruhestand durchgeführt wurde.5,6

2. Wie Originatoren mit dem Problem umgehen, dass die spärliche Kredithistorie, der ungewisse Ausbildungsweg und der künftige Karrierepfad der Studenten eine Kreditprüfung schwierig machen.

3. Die Richtlinien der Originatoren im Hinblick auf die Vorfälligkeit bei Versterben von Bürgen oder Studenten.

4. Die Verfahren für Forderungsverwaltung und Inkasso, einschließlich einkommensbasierter Tilgungsmodelle, sowie etwaige aufsichtsrechtliche Untersuchungen und Beschwerden von Kreditnehmern in der Vergangenheit.

5. Zusammenarbeit mit profitorientierten Universitäten, Zertifizierungsprogrammen und bestimmten Berufsschulen, die bei Abschlussquoten, Ausfallraten und Beschwerdeaufkommen besonders schlecht abschneiden.7

Die Refinanzierung von Studentenkrediten erhält von uns meist eine gute ESG-Note, da hier bei der Kreditvergabe die bestehende Einkommenssituation zugrunde gelegt werden kann und weniger stark auf Bürgen zurückgegriffen werden muss. Da viele Anbieter von Refinanzierungen für Studentenkredite erst seit wenigen Jahren aktiv sind, ist in diesem Bereich jedoch eine genaue Prüfung erforderlich, vor allem weil sie sich noch nicht in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bewähren mussten.

Abschließend lässt sich feststellen, dass PGIM Fixed Income die Einbeziehung von ESG-Grundsätzen bei langfristigen Investitionen in verbriefte Vermögenswerte für notwendig hält. Wir führen außerdem intensive Fundamentalanalysen und quantitative Bewertungen der zugrunde liegenden Vermögenswerte sämtlicher Emittenten durch, um das Potenzial für künftige Wertschwankungen zu ermitteln.

2 Die Regulierer vertraten die Ansicht, dass die Investoren durch die Restrukturierung der Kredite keinen Schaden erlitten, da sich dadurch der Nettogegenwartswert (NPV) im Vergleich mit einer Zwangsvollstreckung erhöhte. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, die Fehlerhaftigkeit der NPV-Tests zu erläutern und diese Argumentation zu entkräften. Wir möchten aber darauf hinweisen, dass Fannie Mae und Freddie Mac, die Unternehmen mit den umfangreichsten Beständen an notleidenden Hypotheken, sich nicht an diesem Vergleich beteiligten.

3 Die Reform der Schuldenverwaltung im Rahmen des NMS enthält wichtige Elemente (zum Beispiel der einheitliche Ansprechpartner), die unseren ESG-Grundsätzen entsprechen und auch den Interessen der Investoren dienten.

4 https://nces.ed.gov/programs/coe/indicator_ctr.asp

5 https://loans.usnews.com/how-to-cope-with-student-loan-debt-in-retirement

6 https://www.wsj.com/articles/over-60-and-crushed-by-student-loan-debt-11549083631

7 https://www.nytimes.com/2018/12/06/business/education-corporation-of-america-closing.html und https://www.nytimes.com/2016/09/08/business/downfall-of-itt-technical-institutes-was-a-long-time-in-the-making.html?module=inline

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*) John Vibert ist Managing Director und Leiter des Structured Product Teams von PGIM Fixed Income. Bevor er 2014 zu PGIM kam, war Herr Vibert bei BlackRock als leitender Manager für Hypothekenportfolios und als leitender Händler für hypothekenbesicherte Wertpapiere (non-agency RMBS) beschäftigt. Zuvor war er bei Credit Suisse als Managing Director für den Handel mit variabel verzinsten Hypotheken und non-agency RMBS verantwortlich. Herr Vibert hat außerdem als Hypothekenhändler bei Morgan Stanley und als quantitativer Analyst bei Salomon Brothers gearbeitet. Er hält einen BS in Engineering der Cornell University.

PGIM Fixed Income ist ein globaler Assetmanager, der aktive Investmentlösungen für alle Anleihemärkte bietet. Das Unternehmen verfügt über Geschäftsstellen in Newark (New Jersey), London, Tokio und Singapur und verwaltet mehr als 743 Mrd. US-Dollar. Weitere Informationen finden Sie unter den IPE Referenzen und auf www.pgimfixedincome.com. (Stand: 31. Dezember 2018).

PGIM Fixed Income handelt hauptsächlich durch PGIM, Inc., eine Tochtergesellschaft von Prudential Financial, Inc. („PFI“), die gemäß dem U.S. Investment Advisers Act von 1940 als Anlageberater eingetragen ist. Im Vereinigten Königreich und verschiedenen anderen Staaten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) werden Informationen von PGIM Limited bereitgestellt (Geschäftssitz: Grand Buildings, 1-3 Strand, Trafalgar Square, London, WC2N 5HR). PGIM Limited ist von der britischen Finanzdienstleistungsaufsichtsbehörde (Financial Conduct Authority) zugelassen und wird von dieser reguliert (Firmen-Referenznummer 193418). PGIM Limited verfügt in verschiedenen Jurisdiktionen des EWR über Passporting-Rechte. PFI aus den Vereinigten Staaten gehört nicht zu Prudential plc., einem Unternehmen mit Hauptsitz im Vereinigten Königreich. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen beruhen auf öffentlich verfügbaren Informationen aus Quellen, die PGIM Fixed Income als zuverlässig erachtet. Die Informationen stellen die Ansichten und Meinungen des Autors mit Stand zum 5. März 2019 dar und dienen ausschließlich der Information. Dieses Informationsangebot stellt keine Anlageberatung dar und sollte nicht als Grundlage für eine Anlageentscheidung verwendet werden. Die zugrunde liegenden Annahmen und Ansichten unterliegen der Änderung. 2019-1178