IPE D.A.CH: Herr Wiegelmann, wie entwickelt sich derzeit das Umfeld für Immobilieninvestments?
Wiegelmann: Wir kommen aus einer bekanntlich sehr kritischen Marktsituation. Viele Investitionen wurden gekappt, eine Reihe von Projektgesellschaften musste aufgeben, es haben auch etliche Anleger Geld verloren oder vergeblich auf ihre Erträge gewartet. Inzwischen entspannt sich die Situation. Die großen Wohnungsbaugesellschaften haben größere Investitionen in Neubauvorhaben angekündigt. Die Bundesregierung nimmt viel Geld in die Hand, um auch Infrastruktur und Wohnungsbau anzukurbeln. Die EZB hat die Geldmarktzinsen nach unten gedrückt, die Langfristzinsen haben sich auf einem mittleren Niveau stabilisiert. Wir sehen eine Tendenz zum Aufschwung.
IPE D.A.CH: Und in welchem Immobiliensegment sehen Sie für Investoren aktuelle attraktive Optionen?
Wiegelmann: Mit unserem Mezzanine-Anleihen-Fonds sind wir überwiegend in Projekte im Bereich Wohnungsbau aber auch bei gemischt genutzten Objekten investiert. Das sind häufig Wohnanlagen oder Wohnquartiere in mittelgroßen deutschen Städten oder Gemeinden, mitunter aber auch Büro- und Logistikflächen sowie gelegentlich Hotel- oder Ferienwohnanlagen. Wichtig ist stets auch der Diversifikationsaspekt und natürlich die äußerst sorgfältige Standortauswahl.
IPE D.A.CH: Mögen Sie uns kurz erläutern, warum ihr Fokus auf Anleihen von Immobilien-Projektgesellschaften mit Laufzeiten zwischen ein und fünf Jahren liegt?
Wiegelmann: Sehr gerne. Fertige Objekte erbringen häufig nur Renditen von 2-3% p.a. Der Ankauf von Grundstücken und die Herstellung von Bauten, also das typische Bauträger Projektgeschäft, hat das Potenzial für wesentlich mehr Ertrag. Hier setzt unsere Anlagestrategie an: Wir stellen mit unseren üblicherweise Grundschuld besicherten Anleihen eine Brückenfinanzierung zur Verfügung, meistens kleinere bis mittlere einstellige Millionenbeträge mit kurzen bis mittleren Laufzeiten. Wir sind Exit-orientiert, d.h. die Tilgung erfolgt häufig in einer Summe, wenn das Objekt weiter gereicht oder endfinanziert wird. Dadurch können wir höhere Renditen erzielen, die unseren Fondsinvestoren zugutekommen. Seit 2019 sind das durchschnittlich 8,6% p.a.
IPE D.A.CH: Sie setzen zudem auf energetische Optimierung als strategischen Erfolgsfaktor – warum haben Sie diesen Weg eingeschlagen?
Wiegelmann: Energieeffizienz wird in Deutschland – durch Zuschüsse, günstige KfW-Kredite, Landesfördermittel oder Denkmalschutz-Begünstigungen – extrem gefördert. Hier liegt aus unserer Sicht der Game Changer. Wenn Sie den Mix an Fördermaßnahmen einsetzen können, hat das erhebliche Auswirkungen auf die Reduzierung der Gestehungskosten, was natürlich die Wirtschaftlichkeit und Profitabilität der Projekte steigert. Das 500-Milliarden-Programm der neuen Bundesregierung dürfte zu nicht unerheblichen Teilen in die Wohnraum- und Siedlungsförderung fließen, so dass die Fördermittel eher noch weiter ansteigen dürften.
IPE D.A.CH: Geben Sie uns ein typisches Beispiel für ein Einsatzszenario von Mezzanine-Kapital bei Sanierungsprojekten?
Wiegelmann: Nehmen Sie unsere Projekte in Wilhelmshaven. Die Stadt – jeder kennt den Marine-Standort – hat lange Zeit unter den schwachen Strukturbedingungen gelitten. Das hat sich komplett geändert. Wilhelmshaven ist der Dreh- und Angelpunkt für die deutschen Gasimporte geworden, die nach dem Wegfall der russischen Gaslieferungen neu geordnet wurden. Durch die LGT-Terminals ist infrastrukturell ein ganz anderes Umfeld entstanden, was auch auf Dauer bleiben dürfte, zumal die Stadt über den einzigen deutschen Tiefseehafen verfügt, auf den der Seehandelsverkehr aufgrund immer größerer Schiffe zunehmend angewiesen ist. Der Marine Standort wird außerdem massiv von den nachhaltig steigenden Verteidigungsausgaben profitieren, die der Bundestag im Finanzpaket beschlossen hat. Wir sind dort bei zwei Projekten engagiert, die zentral bzw. stadtnah Wohnraum schaffen. Neben einem Neubauverfahren wird ein früheres Kasernengebäude zu einem repräsentativen Wohn- und Geschäftshaus umgestaltet, mit attraktiver Förderung durch KfW-Mittel.
IPE D.A.CH: Welche Risiken ergeben sich für Investoren? Sie sprachen schon an, dass die jüngste Krise auch Verlierer produziert hat…
Wiegelmann: Grundsätzlich gibt es bei Immobilienprojekten immer ein Fertigstellungs- und Vermarktungsrisiko, das sich nicht wegdiskutieren lässt. Das trifft an erster Stelle zunächst den Bauträger und Generalunternehmer. Da wir mit unseren Mezzanine-Anleihen nur nachrangig besichert sind, hat die Hausbank natürlich den ersten Zugriff auf das Objekt, wenn etwas schiefläuft. Wir haben allerdings mit unserem Developer die Erfahrung gemacht, auch in der zurück liegenden Krise am Markt, dass sich alle Bauzeit- und Liquiditätsprobleme lösen ließen, ohne dass Schaden entstanden ist. Demnach wurden alle unsere Anleihen bislang bedient und fristgerecht zurückgezahlt. Auch die Exit-Planung hat immer funktioniert. In einem sich wiederbelebenden Markt sehen wir eher weniger als mehr Probleme aufkommen, was uns optimistisch für die weitere Zukunft stimmt.
IPE D.A.CH: Zum Abschluss noch eine strukturelle Frage: ELTIF 2.0 ist gerade in aller Munde. Sie haben ihre frühere Fondsstruktur ebenfalls auf die neuen ELTIF Regeln umgestellt. Warum und welche speziellen Herausforderungen müssen Anleger beachten?
Wiegelmann: Bis vor einem Jahr war das ELTIF-Angebot eher gering. Die zu Beginn letzten Jahres in Kraft getretene überarbeitete Verordnung hat viele sinnvolle Änderungen für Fondsanbieter und Anleger gebracht, unter anderem die Ausweitung der zulässigen Vermögensgegenstände, die Möglichkeit von Dachfondsanteilen, veränderte Anlagegrenzen sowie verbindliche Rücknahmeregelungen. Was sich in der Praxis noch entwickeln muss, ist das reibungslose „Freimachen der Orderwege“ bei den marktführenden Abwicklungs- und Depotstellen, damit eine rasche, unbürokratische und kostengünstige Orderplatzierung möglich ist.
IPE D.A.CH: Vielen Dank für diese Einblicke.
„Energieeffizienz wird in Deutschland – durch Zuschüsse, günstige KfW-Kredite, Landesfördermittel oder Denkmalschutz-Begünstigungen – extrem gefördert“

Thomas Wiegelmann