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Deutliche Stärkung des Fondsstandorts Deutschland

Im Entwurf zu einem so genannten Fondsstandortgesetz legt der Gesetzgeber eine ganze Reihe von Maßnahmen vor, um die Attraktivität Deutschlands als Fondsstandort zu steigern, teilweise in Umsetzung europäischer Vorgaben. Neuregelungen im Aufsichts- und Steuerrecht sollen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Fondsindustrie steigern und Bürokratie abbauen. Der Regierungsentwurf wurde am 20. Januar 2021 verabschiedet.

Henning Brockhaus

Das Gesetz soll am 1. Juli 2021 in Kraft treten, einige Regelungen sollen aber erst später Anwendung finden. Folgende Änderungen sind vorgesehen.

Erweiterung der Produktpalette
Die Produktpalette des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) soll durch neue Produktmöglichkeiten erweitert werden.

Spezial-AIF als geschlossene Sondervermögen
Nach dem Gesetz dürfen geschlossene Spezial-AIF künftig auch als Sondervermögen aufgelegt werden. Die für offene Sondervermögen geltenden Vorschriften sollen auch für die geschlossene Version Anwendung finden. Man erhofft sich hierdurch einige Vorteile. Sondervermögen sind flexibler und für die steuerbefreiten Investoren besteht zudem kein Risiko einer gewerblichen Infektion ihrer Einkünfte bzw. einer vollständigen oder partiellen Steuerpflicht (Abschirmwirkung). Dies ist einer der Gründe, warum den deutschen geschlossenen Fondsvehikeln in Gesellschaftsform bislang oft ihre Pendants aus Luxemburg (z.B. SA/SCA SICAV, SCS/SCSp) vorgezogen wurden. Zudem entfallen die gesellschaftsrechtlichen Erfordernisse (z.B. Gesellschafterversammlungen/-beschlüsse, Handelsregister etc.).

Geschlossene Master-Feeder-AIF
Das überarbeitete KAGB enthält zudem neue Regeln für geschlossene Fonds in Master-Feeder-Strukturen. Der Inhalt der Regelungen orientiert sich weitestgehend an den Regelungen für offene Master-Feeder-Strukturen unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale geschlossener Vehikel. Geschlossene Fonds können jedoch nicht nachträglich in einen Feederfonds verwandelt werden, wie es bei offenen Fonds möglich ist.

Offene Infrastruktur-Sondervermögen
Durch die Einführung von Infrastruktur-Sondervermögen sollen Privatanleger die Möglichkeit erhalten, in Infrastruktur-Projektgesellschaften zu investieren. Als Infrastruktur-Projektgesellschaften gelten Gesellschaften, deren Zweck darin besteht, dem Funktionieren des Gemeinwesens dienende Einrichtungen, Anlagen, Bauwerke oder jeweils Teile davon zu errichten, zu sanieren, zu betreiben oder zu bewirtschaften.

Diese Art von Investment ist dem deutschen Investmentrecht grundsätzlich nicht fremd, denn auch schon im Investmentgesetz gab es einen ähnlichen Fondstyp. Nun ist die Anlage allerdings nicht mehr nur in öffentlich-privaten Projektgesellschaften (ÖPP) möglich, sondern auch in vollständig privatrechtlich ausgestalteten Infrastruktur-Projektgesellschaften. Die Regelungen für offene Infrastrukturfonds orientieren sich dabei an den Vorschriften für Immobilienfonds. Erfreulich ist auch, dass künftig auch Spezial-AIF gem. § 284 KAGB in Infrastruktur-Projektgesellschaften investieren dürfen.

Digitalisierung, elektronische Kommunikation und Abbau von Bürokratie
Der Gesetzgeber greift die zunehmende Digitalisierung auf und lässt für Vereinbarungen zwischen den Marktteilnehmern zumeist die Textform statt Schriftform zu. Darüber hinaus wird die Kommunikation mit Anlegern und Marktteilnehmern auch auf elektronischem Wege zugelassen.

Auch die Kommunikation mit der BaFin soll grundsätzlich nur noch auf elektronischem Weg erfolgen, wofür ein von der BaFin bereitgestelltes elektronisches Kommunikationsverfahren benutzt werden soll. Dabei sind die Marktteilnehmer verpflichtet, spätestens alle fünf Kalendertage zu überprüfen, ob ihnen Mitteilungen bereitgestellt wurden.

Verkürzte Fristen für das Inkrafttreten von Anlagegrundsatzänderungen sowie der Wegfall des physischen dauerhaften Datenträgers, soweit nicht durch EU-Recht vorgeschrieben, runden das Bild der Vereinfachungen ab.

Steuerliche Anpassungen
Zur Stärkung der Attraktivität der Mitarbeiterkapitalbeteiligung für Beschäftigte in Start-ups und anderen Kleinunternehmen soll der steuerfreie Höchstbetrag für Vermögensbeteiligungen von 360 Euro auf 720 Euro pro Jahr im Einkommensteuergesetz angehoben werden.

Das Gesetz sieht zudem vor, das Umsatzsteuergesetz zu ändern. Die Umsatzsteuerfreiheit der Verwaltungsleistungen für Investmentfonds gilt künftig auch für Wagniskapitalfonds. Bisher greift die Steuerbefreiung nur für die Verwaltung von OGAW-Fonds sowie von AIF, die mit OGAW vergleichbar sind. Dies trifft erfahrungsgemäß oft nur auf Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen gem. § 284 KAGB zu, weshalb die Verwaltung dieser Fonds in der Praxis regelmäßig umsatzsteuerfrei ist. Vor diesem Hintergrund ist die Ausdehnung der Umsatzsteuerbefreiung auf die Verwaltung von Wagniskapitalfonds zu begrüßen, auch wenn hier noch Klärung zum Begriff des Wagniskapitals zu erhoffen wäre.

Verankerung der ESG-Informationspflichten im KAGB
Neu im KAGB sind auch die Anforderungen zur Offenlegung von ESG-Informationen. Nach der seit dem 10. März 2021 anzuwendenden Verordnung (EU) 2019/2088 (Offenlegungs-VO) muss jede Kapitalverwaltungsgesellschaft Informationen zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken veröffentlichen. Diese sind sowohl für die Kapitalverwaltungsgesellschaft selbst als auch für die von ihr verwalteten bzw. aufgelegten Fonds offenzulegen. Neue Regelungen im KAGB stellen sicher, dass diese Angaben in die Verkaufsmaterialien der Fonds aufzunehmen sind und die Berichte entsprechende Informationen beinhalten.

Verbesserungen für Immobilienfonds
Auch für Immobilienfonds enthält das Gesetz Verbesserungen. Offene Immobilienfonds sollen sich künftig auch indirekt an „Joint Ventures“ beteiligen dürfen. Bisher ist dies nur direkt, also auf erster Beteiligungsebene möglich. Zudem sind mittelbare Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften künftig auch im Inland zulässig.

Zudem sind Erleichterungen für die Finanzierung von Immobilien-Gesellschaften vorgesehen. Nun soll gesetzlich bestimmt werden, dass die gesellschaftsbezogene 50%-Grenze und die fondsbezogene 25%-Grenze des § 240 Abs. 2 KAGB bei einer direkten oder indirekten 100%-Beteiligung des Fonds an der Immobilien-Gesellschaft nicht greifen. Dies soll aber nur für Immobilien-Gesellschaften gelten, die selbst direkt Immobilien halten.

Zusätzlich werden die zulässige Belastungsgrenze sowie die Kreditaufnahmegrenze für Immobilien-Spezialfonds jeweils von 50% auf 60% angehoben, was zu mehr Flexibilität für Immobilienfondsverwalter führen soll.

Pre-Marketing
Mit dem Gesetz soll auch das sog. „Pre-Marketing“ als Vorstufe zu dem Fondsvertrieb gesetzlich geregelt werden. Die geplanten Vorschriften beruhen auf der im Jahr 2019 geänderten AIFM-Richtlinie. Ziel ist es, die bisher uneinheitlichen nationalen Regelungen zur Kontaktaufnahme von Investoren im Vorfeld des Vertriebs harmonisieren. Dies soll sowohl für nationale als auch für grenzüberschreitende Vertriebswerge geregelt werden.

Kein Pre-Marketing liegt vor, wenn ein Investor mit der Fondsgesellschaft Kontakt aufnimmt (sog. Reverse Solicitation), da die Initiative zum Fondskauf dem Anleger ausgeht. Auch das bloße Bewerben der eigenen Fähigkeiten durch eine Kapitalverwaltungsgesellschaft soll nicht als Pre-Marketing gelten.

Klar definiert wird künftig zur Abgrenzung dann auch, ab wann von tatsächlichem Vertrieb ausgegangen werden kann.

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*) Henning Brockhaus, Partner, KPMG Law