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„Wir halten die Portfoliosensitivität über alle Phasen im Markt konstant, um hier keine böse Überraschung zu erleben“

Viele Anleger möchten an der Entwicklung der weltweit führenden Volkswirtschaft USA über ein Aktieninvestment – beispielsweise in den marktbreiten S&P500 Index – partizipieren. Es gelingt allerdings nur wenigen aktiven Fondsmanagern, mit dem Index Schritt zu halten oder sogar besser als die Benchmark abzuschneiden. Anleger, die auf die Chance einer Überrendite nicht verzichten möchten, setzen zunehmend auf Faktorstrategien. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Dr. Stefan Braun und Karsten Seier, Global Co-Heads Quantitative Solutions von ODDO BHF Asset Management, inwieweit hier der Faktor Momentum helfen kann und wie die Resultate ausgefallen sind.

Dr. Stefan Braun und Karsten Seier (unten)

IPE Institutional Investment: Welche Philosophie steckt hinter Ihrer Smart-Momentum-Strategie?
Dr. Braun: Wir wollen damit Unternehmen herausfiltern, die sich langfristig besser entwickelt haben als der Gesamtmarkt, bspw. weil sie einen klaren fundamentalen Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern aufweisen und dies in einem langfristig positiven Momentum auch an der Börse darstellen können.
Seier: Entsprechend dürfen Sie sich unseren Ansatz keinesfalls als technisch motivierte Trendstrategie vorstellen. Diese haben oft einen Turnover im Portfolio von bis zu 800% pro Jahr. Bei uns liegt dieser bei etwa 80 bis 100%, sprich wir halten die Aktien im Schnitt etwa zwei Jahre.
Dr. Braun: Apple ist ein Beispiel aus dem Portfolio, das die Philosophie recht gut veranschaulicht und auch zeigt, wie lange ein positives Momentum bei einem erfolgreichen Unternehmen andauern kann.

IPE Institutional Investment: Beugen Sie einer stärkeren Branchenkonzentration durch eine aktive Begrenzung einzelner Branchen bzw. Sektoren vor?
Seier: Absolut, ja. Wir wollen keinen Branchenfokus, der in der einen oder anderen Situation durchaus entstehen könnte – aktuell zum Beispiel im Technologiebereich. Uns geht es auch aus Diversifikationsgründen darum, eine Vielzahl an Trends im Markt über das Momentum von Werten identifizieren zu können. Daher lassen wir eine Sektorüber- bzw. –untergewichtung von maximal drei Prozent gegenüber der Benchmark – in unserem Fall dem S&P 500 – zu.
Dr. Braun: Wenn Sie sich bei der Gewichtung im Fonds die Top 10 unserer Werte anschauen, werden Sie merken, dass dadurch eine sehr breite Basis an Sektoren vertreten ist.

IPE Institutional Investment: Wie gehen Sie beim Risikomanagement vor, um nicht vom Momentum negativ überrascht zu werden? Abrupte Trendwechsel sind in der Anpassung der Portfoliostruktur sicher eine Herausforderung. Ich denke hier gerade an die Krisenjahre 2008/2009 zurück…
Dr. Braun: Sie sprechen hier einen ganz validen Punkt an. Wir halten daher die Portfoliosensitivität über alle Phasen im Markt konstant um hier keine böse Überraschung zu erleben. Wir können so kurzfristige Drawdowns vermeiden und sind auf der anderen Seite auch schnell wieder richtig im Markt positioniert.

IPE Institutional Investment: Seit wann setzen Sie den Investmentprozess so um?
Seier: Wir haben die Strategie auf Basis des S&P500 bereits seit 2005 im Einsatz, in europäischen Märkten noch länger. Wichtig ist uns, damit dem Investor ein unverfälschtes Aktienexposure zu geben. Entsprechend sichern wir bei der US-Strategie auch nicht den US-Dollar ab. Wir setzen keine Derivate ein und verzichten auch auf den Aufbau von Cash-Quoten.

IPE Institutional Investment:
Würden Sie Ihre Strategie auch unter dem Smart-Beta-Begriff subsumieren?
Dr. Braun: Wir fahren hier zwar eine klare Faktorstrategie, aber ich tue mich mit dem Begriff Smart Beta noch immer schwer. Wir bieten klares Faktorexposure und wollen natürlich das Marktbeta schlagen. Ich denke systematisch quantitative Einzelfaktorstrategie trifft es am besten.

IPE Institutional Investment:
Was war für Sie die bisher schwierigste Marktphase?
Seier: Ganz sicher das Jahr 2016 mit seinen massiven Trendwechseln im Jahresverlauf – gerade beim Thema Energie und damit nahen Sektoren oder der durch die Wahl von Donald Trump kurzzeitig ausgelösten Value-Ralley am Jahresende.
Dr. Braun: Nicht so schwierig ist dagegen ein Seitwärtsmarkt, da das Marktexposure ja konstant gehalten wird. Sie haben hier immer wieder vom Modell identifizierte Einzelwerte, die mit ihrem Momentum für Performancebeiträge sorgen.

IPE Institutional Investment: Wie sieht die Performance der Strategie über die vergangenen Jahre aus?
Seier: Der relative Ertrag beträgt seit 2005 pro Jahr knapp 2% bei einem Tracking Error von etwa 3% und leicht geringerer Volatilität als der S&P500 selbst. Was uns von den Wettbewerbern deutlich abhebt ist die Stabilität des Alphas: derzeit liegen wir über 1, 3, 5, 10 Jahre sowie seit Start der Strategie vor dem S&P500.

IPE Institutional Investment: Etwas allgemeiner gefragt, woher sehen Sie derzeit Zuflüsse in Einzel- oder auch Multifaktor-Strategien. Sind es enttäuschte aktive Investoren oder kommen Gelder eher von der klassisch passiven Seite?
Dr. Braun: Es sind in der Tat eher bislang passiv investierte Gelder, die eine höhere Rendite durch entsprechende quantitative Steuerungsmechanismen erwarten. Für unsere Strategie kann ich nur festhalten, dass der Ansatz nach wie vor sehr gut funktioniert.

IPE Institutional Investment: Vielen Dank an Sie für die Ausführungen.