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Invesco-Studie zu Low-Volatility-Investing: Mehr „Contrarianism“ nötig

Mehr Risiko ist nicht mit mehr Ertrag gleichzusetzen. Auf dieser – inzwischen weitläufig akzeptierten – Erkenntnis gründet der Low Volatility Investing-Ansatz. Im risikoaversen Umfeld der vergangenen Jahre haben Low Volatility- oder „Low Beta“-Strategien sehr starken Zulauf erfahren. Dadurch fürchten manche inzwischen einen ‚Crowded Trade‘ – dass sich also bereits zu viele Investoren in diesem Segment tummeln. Diese Sorgen sind – noch – unbegründet, meinen Michael Fraikin, Global Head of Research, Invesco Quantitative Strategies, und Dr. Henning Stein, Global Head of Thought Leadership Invesco Fellow an der Judge Business School der Universität Cambridge.

Michael Fraikin

Um in einem Massenmarkt-Szenario vom Low-Volatility-Effekt zu profitieren, sei jedoch ein gewisses Maß an „Contrarianism“ unverzichtbar. In einem aktuellen Whitepaper plädieren die Invesco-Experten daher für Low-Volatility-Produkte mit einem wirklich differenzierten Ansatz.

„Solche Strategien sollten die besten Elemente der geläufigsten Methoden – an erster Stelle die Nutzung von Faktoren, um vom Low-Volatility-Effekt zu profitieren – mit einem systematischen Investmentprozess kombinieren, der auf Erfahrung, Expertise und fundierten Marktkenntnissen basiert“, so Fraikin. Angesichts der Tatsache, dass die Grenzen zwischen aktiven und passiven Anlagestrategien zunehmend verschwimmen, müsste ein derartiger Ansatz die Vorzüge beider Ansätze möglichst effektiv miteinander verbinden. „Das Ziel aus Anlegersicht muss ein disziplinierter, proaktiver Investmentansatz sein, der sowohl auf geringe Wertschwankungen als auch auf hohe Überrenditen ausgerichtet ist.“

Die neue Invesco-Studie beleuchtet die theoretischen und marktpsychologischen Grundlagen des Low-Volatility-Investing und ihre Relevanz für heutige Investoren. Sie untersucht, ob der Markt tatsächlich überkauft ist, und bewertet die Risiken und Chancen, die mit dem spektakulären Wachstum des Sektors einhergehen. Die Autoren betonen die Bedeutung eines vorausschauenden Ansatzes und des Aufbaus von Portfolios, die das Risiko nicht nur streuen, sondern minimieren. Sie erläutern, welche Rolle Faktoren, Fundamentaldaten und die Marktpsychologie in diesem Zusammenhang spielen, und präsentieren Belege für die Effektivität derartiger Strategien.

Die Überzeugung, dass höhere Renditen nicht automatisch mit einem höheren Risiko verbunden sein müssen, ist inzwischen so weit verbreitet, dass „Smart Beta“-Fonds, die von dieser Anomalie profitieren wollen, Ende des dritten Quartals 2017 bereits ein verwaltetes Vermögen von über 640 Mrd. US-Dollar auf sich vereinten (Quelle: ETFGI). Fraikin und Stein zeigen sich dennoch überzeugt, dass der Low-Volatility-Ansatz in einem risikoaversen Umfeld weiterhin interessant ist – vor allem für Investoren, die nicht nur der Masse folgen wollen, sondern den Wert der Differenzierung erkennen.

Die von ihnen vertretene Philosophie kombiniert die bewährtesten Elemente geläufiger Low-Volatility-Ansätze – vor allem die Nutzung von Faktoren – mit einem systematischen, auf Erfahrung, Expertise und Marktkenntnis basierenden Aktienauswahlprozess. Ziel ist der Aufbau eines schwankungsarmen Multi-Faktor-Portfolios mit einer Kombination von Aktienpositionen, die im Idealfall zu einem im Vergleich zum Gesamtmarkt deutlich niedrigeren Portfoliorisiko und deutlich höheren Momentum-, Quality- und Value-Exposure führt. Auf einer Skala von „rein passiv“ bis „rein aktiv“ ordnen sie den von ihnen bevorzugten Low-Volatility-Investmentstil nahe der Mitte ein und plädieren für den Einsatz von Multi-Faktor-Modellen in Verbindung mit diszipliniertem Research, marktpsychologischen Erkenntnissen und einem aktiven Management.

„Bei Low-Volatility-Strategien mit Bottom-up-Ansatz geht es darum, Aktien zu identifizieren, die mehr bieten als nur eine vergleichsweise hohe Immunität gegenüber heftigen Kursausschlägen nach oben und unten“, erläutert Stein. Wichtig sei auch die Betrachtung der Gewinnerwartungen der Unternehmen, ihrer Führung, fundamentalen Qualität und Nachhaltigkeit sowie die Frage, wie die Unternehmen ihre Ressourcen und ihren Cashflow einsetzen. Ein weiterer wichtiger Faktor sei zudem die aktuelle Marktstimmung.

Entscheidend sei der Aufbau eines ‚Beste Ideen‘-Portfolios auf Basis systematischer Faktoren und bewährter Konzepte mit einer Kombination von Aktien, die sich sowohl durch Stabilität als auch durch attraktive Fundamentaldaten auszeichnen – also ein „Low Volatility/High Alpha“-Portfolio. „Viele Fonds kleben sehr stark an ihrem Referenzindex. Daher sollte eine akribische und flexible Stockpicking-Philosophie zu Anlagepositionen führen, die nicht nur aktiv von der Benchmark abweichen, sondern sich auch deutlich gegenüber dem durchschnittlichen Minimum-Varianz-Portfolio differenzieren“, sagt Stein.

In einem Umfeld, in dem Low-Volatility-Strategien den Massenmarkt erobert haben, heben Fraikin und Stein die Bedeutung einer systematischen Aktienselektion hervor, um sich „von der Mittelmäßigkeit der Herde“ abzusetzen. „Nach dem Run der letzten Jahre mag der Low-Volatility-Zug inzwischen überfüllt sein. Wir sehen aber – noch – gute Gründe, die dafür sprechen, dass dieser Zug noch eine interessante Wegstrecke vor sich hat. Wichtig ist jetzt vor allem die sorgfältige Auswahl des Fahrers“, so Fraikin abschließend.