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Gastbeitrag: Technologieaktien – risikoreduziert das Renditepotenzial ausschöpfen

Auch beim Investieren gibt es ihn – den Unterschied zwischen Theorie und Praxis: In der Theorie wissen die meisten Anleger, dass Technologieaktien auf lange Sicht die höchste Rendite bringen. In der Praxis investieren aber nur die allerwenigsten systematisch und langfristig in solche Titel, sondern sporadisch oder sie laufen dem neuesten Hype nach.

Dr. Torsten von Bartenwerffer

Der Grund dafür ist verständlich, denn großen Gewinnen stehen regelmäßig massive Verluste gegenüber, die nur schwer auszuhalten sind. So war es auch im vergangenen Jahr als Tech-Aktien abermals unter die Räder kamen. Damit stellt sich die entscheidende Frage: Wie vermeidet der Anleger die teils substanziellen zwischenzeitlichen Verluste, die ein langfristig lukratives Technologie-Portfolio mit sich bringt? Im Folgenden erklären wir einen Lösungsansatz, der diese Schwierigkeit überwinden hilft.

Tech-Aktien: Äußerst profitabel, aber nervenaufreibend
Die Renditezahlen von Technologiewerten sind eindrucksvoll, sowohl in der einen als auch in der anderen Richtung. Apple rentierte in den vergangenen 20 Jahren ausgesprochen gut und avancierte zum wertvollsten Unternehmen der Welt mit rund 2 Billionen US-Dollar Marktwert, verlor aber vormals 80% an Wert zwischen 1992 und 1997. Amazon büßte im Zuge des Technologie-Crashs zur Jahrtausendwende gar 94% ein. Netflix-Aktien gingen im vergangenen Jahr um drei Viertel zurück, trotzdem blieben einem Investor immer noch annualisierte Renditen von 34% in den vergangenen 20 Jahren. Rückblickend wünschen sich Anleger in solche Einzelunternehmen investiert zu haben, als diese noch unbekannt waren. Auch auf Indexebene legte der Nasdaq seit 1985 durchschnittlich um 13% pro Jahr zu, was einer Gesamtrendite von über 9.000% entspricht, die damit weit höher liegt als bei allen anderen großen Indizes. Dabei ist der Verlust von sage und schreibe 83% von 2000 bis 2002 inbegriffen.

Warum erzielen Technologieaktien eine derartig starke Performance und wann beziehungsweise wie sollte man investieren? Ganz grundsätzlich ist Technologie – und damit verbunden Innovation – ein wesentlicher Wachstumsmotor der Wirtschaft und damit auch der Finanzmärkte. Technologie ermöglicht Effizienzsteigerungen, die dazu führen, dass Unternehmen Marktanteile von Konkurrenten gewinnen, neue Märkte aufbauen und durch ihren Kapitaleinsatz schneller wachsen können. Mit anderen Worten, neue Ideen können jederzeit einen Tipping Point erreichen – Stichwort „Disruption“. Daher sollten Anleger auch in Krisenzeiten in junge Unternehmen im Bereich Spitzentechnologie investiert sein. Innovation findet schließlich immer statt, sie wird in Krisenzeiten sogar beflügelt. Denn neue Geschäftsmodelle übernehmen Marktanteile von eingesessenen Anbietern, wobei Politik und Zentralbanken oftmals Innovationsbranchen als Krisenretter fördern.

Nach einer anfänglichen Euphorie-Phase, in der sich die Disruption im Aktienkurs solcher Unternehmen niederschlägt, folgt allerdings typischerweise eine Ernüchterung, in Abb. 1 „Reality Check” genannt. Diese Stimmungsschwankungen erfordern allerdings ein aktives Management des Portfolios, um idealerweise rechtzeitig vor der oft unvermeidlichen Korrektur zu verkaufen.

Abb. 1: Innovationsunternehmen durchlaufen Phasen mit unterschiedlichen Chancen und Risiken


Quelle: Fisch Asset Management

Variable Tech-Gewichtung als Schlüssel zum Erfolg
Manchmal ist mehr einfach mehr. Anleger sollten zusätzlich zu Investments in erfolgsversprechende Jungunternehmen auch in bereits entwickelte Unternehmen investieren. In Zeiten wirtschaftlicher Expansion lohnt sich beispielsweise ein zusätzliches Technologie-Engagement über Großunternehmen. Typische Vertreter dieser Gattung sind Apple, Microsoft, Amazon oder Alphabet, die in einem idealen Umfeld von hoher Liquidität, ausgabefreudigen Konsumenten und expansiven Märkten gut performen. Die Preisentwicklung ist dabei weniger impulsiv als bei kleineren Unternehmen, dafür oft besser absehbar. Solche Unternehmen liefern Technologie-Beta.

Die große Herausforderung liegt in der Umsetzung dieser Erkenntnisse. Hier liegt der Schlüssel zur „Durchhaltbarkeit“ der Investition begraben.

Aufstrebende Innovationsunternehmen müssen ständig im Portfolio vertreten sein, denn nur auf diese Weise kann deren Renditepotenzial voll ausgeschöpft werden. Allerdings gehen mit entsprechenden Small- und Mid-Caps grundsätzlich höhere Risiken einher. Zum einen können sie sich nicht immer dauerhaft am Markt behaupten, auch wenn die erfolgreichen unter ihnen phänomenale Renditen abliefern. Zur Verminderung des Risikos und um die Durchhaltbarkeit der Investments in die potenziellen „Disruptoren“ zu erhöhen, ist es sinnvoll zu diversifizieren. Die maximale Gewichtung von Small- und Mid-Caps könnte beispielsweise rund 50% betragen. Um das Risiko weiter zu reduzieren, eignen sich zur Umsetzung Wandelanleihen als Anlageklasse aufgrund ihres eingebauten „Airbag“ in Form der Optionskomponente. Wachstumsunternehmen mit Innovations- und Technologiecharakter sind sehr stark im Wandelanleihenuniversum vertreten, hier finden sich also auch die künftigen Tech-Schwergewichte von Morgen.

Zusätzliche Stabilisierung des Portfolios durch Anpassung an den Liquiditätszyklus
Für die andere Hälfte der Allokation bietet sich ein flexibler Ansatz an, der den globalen Liquiditäts- und Wirtschaftszyklus berücksichtigt. Wie erwähnt sind großkapitalisierte Technologieunternehmen ideal, um dem Portfolio im Aufschwung Rückenwind zu geben. In dieser Phase ist es sinnvoll, risikobereit anzulegen und die maximale Technologieallokation des Portfolios voll auszuschöpfen. Im Abschwung kommt der Tech-Sektor jedoch typischerweise stärker unter Druck als der Gesamtmarkt. Dies war 2022 gut zu beobachten. Sollte sich also ein konjunktureller Abschwung am Horizont abzeichnen, muss in defensive Qualitätsaktien umgeschichtet werden. Diese schneiden in solchen Phasen typischerweise deutlich besser ab. Solche Unternehmen zeichnen sich durch die Stabilität ihres Geschäftsmodells aus, die sich unter anderem in hohen und langfristigen Dividendenzahlungen widerspiegelt. Indikatoren für einen solchen Zykluswechsel sind insbesondere Veränderungen der globalen Liquiditätsversorgung, etwa den Geldmengen, der Zentralbank-Bilanzen oder Repos.

Steigende Liquidität wirkt konjunkturfördernd und erhöht die Risikobereitschaft der Anleger (siehe Abb. 2). Damit stehen Wachstums- und Technologieunternehmen auf dem Kaufzettel der Börsianer. Sinkende Liquidität erhöht hingegen das Sicherheitsbedürfnis der Anleger, die sich entsprechend auf Substanz- und Qualitätsunternehmen konzentrieren.

Abb. 2: Liquidität ist der Treiber der Risikobereitschaft an den Märkten


Quelle: Fisch Asset Management

Wandelanleihen und Aktien in Kombination
Modellrechnungen zeigen, dass die beschriebene Anlagestrategie, historisch betrachtet, sehr gut funktioniert hat. Die Kombination von Wandelanleihen und Aktien verbessert das Resultat maßgeblich. Wandelanleihen bringen durch ihr automatisches Timing ein asymmetrisches Risikoprofil ins Portfolio, da sie in Verlustphasen häufig deutlich weniger verlieren als Aktien und im Aufschwung recht gut mithalten können. Gegenüber einem breiten Aktienindex wird mit dieser Vorgehensweise das Sharpe Ratio erhöht und Verluste werden verringert.

Damit zeigt sich, dass sich die Theorie auch erfolgreich in die Praxis umsetzen lässt. An der Kombination aus Ertragspotenzial von Technologieaktien mit niedrigerem Risiko sollten risikobewusste Aktienanleger Gefallen finden können.

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* Dr. Torsten von Bartenwerffer ist Co-Head Multi Asset Solutions bei Fisch Asset Management in Zürich.