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Gastbeitrag: Repowering und Hybridisierung – Schlüsselstrategien für die Energieinfrastruktur

Ein Vierteljahrhundert nach dem Startschuss für die erste Ausbauwelle der Erneuerbaren in Deutschland stehen viele Windenergie- und Photovoltaikanlagen an einem Wendepunkt. Mit dem Auslaufen der Fördermechanismen sowie dem Erreichen der ursprünglich vorgesehenen technischen Lebensdauer stellt sich die Frage, was mit diesen Anlagen geschehen soll. Die Antwort kann nur ein ganzheitlicher Ansatz bestehend aus Repowering, Hybridisierung und Batteriespeichern sein. Dabei geht es um eine bessere Nutzung bestehender Flächen und Infrastruktur – zentrale Hebel für die Energiewende wie auch für skalierbare Investmentstrategien.

Detlef Schreiber

Technologie- und Standortvorteile systematisch nutzen
Die Standorte sind oftmals ideal geeignet, werden jedoch nicht mehr optimal genutzt. Deshalb rückt das Repowering in den Fokus: der Ersatz bestehender Anlagen durch größere, moderne und leistungsfähigere Anlagen. Dabei geht es um eine bessere Nutzung bestehender Flächen und Infrastruktur – zentrale Hebel für die Energiewende wie auch für skalierbare Investmentstrategien.

Gerade an etablierten Standorten ist das Repowering besonders wirkungsvoll. Viele dieser Flächen zählen zu den physikalisch besten Deutschlands – mit verlässlichen Windverhältnissen oder starker Sonneneinstrahlung. Wichtige Infrastruktur ist bereits vorhanden; Netzanschlüsse, Zufahrtswege und Standortkenntnis erleichtern Planung und Genehmigung. In einem Umfeld, in dem Greenfield-Projekte durch Flächenknappheit erschwert werden, bietet Repowering handfeste strategische Vorteile.

Das Steigerungspotenzial durch Repowering wird oftmals unterschätzt: Bei Windenergie lässt sich der Ertrag durch höhere Türme, größere Rotoren und effizientere Technik um das Drei- bis Vierfache steigern. Bei PV-Anlagen liegt das Potenzial vor allem in höheren Wirkungsgraden und effizienterer Modulstellung. Der Jahresstromertrag pro Fläche kann auf das Zwei- bis Dreifache steigen.

Hybride Energieparks: Entscheidender Fortschritt durch gemeinsame Netznutzung
Ein wegweisender Schritt für die Energiewende wurde Anfang 2025 mit einer unscheinbaren Gesetzesänderung vollzogen: Erstmals können verschiedene erneuerbare Energiequellen einen gemeinsamen Netzanschluss nutzen. Diese „Überbauung von Netzanschlüssen“ ermöglicht es, Wind-, Solar- und Batteriespeicheranlagen über einen einzigen Trafo ins Netz einzuspeisen – eine Revolution für die Energieinfrastruktur.

Diese Hybridisierung nutzt bestehende Netzanschlüsse effizienter und „glättet“ volatile Erzeugungsprofile: Wind- und Solarstrom speisen tages- und jahreszeitlich unterschiedlich, teils komplementär ein. Ihre Kombination führt zu regelmäßigerer Einspeisung und stärkt die Netzstabilität. Mit Batteriespeichern lassen sich Erzeugungsspitzen „einfangen“ und bei hoher Nachfrage ins Netz einspeisen.

Die Vorteile hybrider Energieparks sind vielfältig: Sie reduzieren den Infrastrukturbedarf, senken Kosten, beschleunigen den Ausbau erneuerbarer Energien und entlasten das Stromnetz. Was zunächst wie eine technische Detailänderung erscheint, könnte sich als Katalysator für die nächste Phase der Energiewende erweisen.

Zeitpunkt und Strukturierungsfragen richtig einschätzen
Der optimale Zeitpunkt für ein Repowering liegt nicht zwingend am Ende der technischen Lebensdauer. Ein früher Austausch kann sich ökonomisch lohnen. Ein Aufschub von zehn Jahren kann einem Produktionsverzicht von mehreren hundert Gigawattstunden entsprechen. Bei Wind kann während der Bauzeit die alte Anlage weiterlaufen ohne Ausfallzeiten.

Im Zuge des Repowerings eines Bestandsportfolios bietet es sich an, systematisch die Möglichkeiten zur Hybridisierung zu prüfen. Dabei gilt es proaktiv mit Eigentümern umliegender Flächen zu sprechen, um Synergien zu erschließen und verschiedene Energiequellen am selben Standort zu kombinieren. Diese integrierte Herangehensweise maximiert sowohl den wirtschaftlichen Ertrag als auch den ökologischen Nutzen der Anlagen.

Doch um aus einer Repowering-Strategie einen geeigneten Investment-Case zu machen, sind Hürden bei der Produktstrukturierung zu nehmen: Viele Bestandsanlagen befinden sich in Fondsvehikeln, deren Laufzeiten eine Verlängerung nicht vorsehen. Hier sind flexible Lösungen gefragt. So kann es auch sinnvoll sein, die Repowering-Strategie von der Hybridisierung zu lösen und diese in zwei verschiedenen Investitionslösungen anzubieten.

Nachhaltigkeit schließt Rückbau mit ein
Ein weiterer Aspekt, der zunehmend in den Fokus institutioneller Anleger rückt, ist der Umgang mit den Altanlagen. Zwar lassen sich viele Komponenten wie Stahl gut recyceln, doch insbesondere Rotorblätter oder veraltete Dünnschichtmodule erfordern aufwendige Verfahren. Für PV-Module ist das Recycling von Silizium technisch möglich, aber kostenintensiv. In vielen Fällen können gebrauchte Anlagen oder Einzelkomponenten noch auf Zweitmarktplattformen veräußert werden, insbesondere in Märkte mit geringeren Anforderungen an Flächeneffizienz. Dennoch bleibt der Rückbau ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor, der in der Gesamtstrategie berücksichtigt werden muss – gerade bei ESG-orientierten Investoren mit SFDR-Artikel-9-Fokus.

Fazit
Repowering und Hybridisierung sind zentrale Elemente der nächsten Phase der Energiewende. Als Asset Manager tragen wir Verantwortung, diese Konzepte in umfassenden Lösungen zu vereinen. Die gemeinsame Nutzung von Netzanschlüssen durch verschiedene Energiequellen und die Modernisierung bestehender Anlagen werden in reifen Märkten entscheidend für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien sein. Für institutionelle Investoren eröffnet sich hier ein robustes Segment mit planbarem Cashflow, technischen Skaleneffekten und positiver Klimawirkung.

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*) Detlef Schreiber, CEO, CEE Group