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Gastbeitrag: Institutionelles Sentiment verbessert sich - mit ausgewählten Immobilieninvestments in den neuen Marktzyklus einsteigen

Seitdem die Europäische Zentralbank (EZB) 2022 mit ihren Zinserhöhungen die Immobilienmärkte zum Erliegen gebracht hat, eint Immobilieninvestoren eine Frage: Wann beginnt der neue Marktzyklus? Klar ist: Wer rechtzeitig zur Bodenbildung an den Immobilienmärkten investiert, kann attraktive Anlagechancen wahrnehmen. Langfristige Entwicklungen – wie Urbanisierung, demographischer Wandel und Dekarbonisierung – werden weiterhin eine positive Wertentwicklung moderner, zukunftsfähiger Immobilien unterstützen. Während zuletzt vor allem opportunistisch denkende und risikobereitere Akteure aktiv waren, verdichten sich jetzt die Anzeichen, dass auch die größere Gruppe konservativ orientierter und risikoaverser institutioneller Immobilieninvestoren an die Märkte zurückkehrt.

Karim Esch

Das Marktsentiment unter institutionellen Investoren verbessert sich. Vermehrt erleben auch Core-Strategien ein Comeback. Die Preisbildung funktioniert in den meisten Segmenten wieder, sodass sich häufiger für beide Seiten – Käufer und Verkäufer – attraktive Transaktionen abschließen lassen. Ein Beispiel hierfür ist der im Juli kommunizierte Verkauf des „Finsbury Circus“, einer Büroimmobilie im Londoner Premium-Segment mit ausgezeichneter Lage nahe der Liverpool Station. Nach mehr als zwei Jahrzehnten Haltedauer hat Union Investment Real Estate ihre Strategie erfolgreich umgesetzt und die Immobilie mit Gewinn veräußert, sodass man das Fondsportfolio mit einer höheren Liquidität auf die neue Marktphase ausrichten kann. Umgekehrt profitiert der Käufer von einer ertragsstarken Multi-Tenant-Immobilie im wichtigen Londoner Büromarkt und kann die Liegenschaft in seinem Sinne weiterentwickeln. Die Transaktion zeigt: Mit der Normalisierung der Märkte können Investoren nun ihre Portfolios gezielt adjustieren und auf den beginnenden neuen Marktzyklus ausrichten. Zumal aktuell die Finanzierungskosten vielfach wieder unter den Anfangsrenditen liegen, was ein zusätzliches Zeichen für eine nachhaltige Bodenbildung ist. Dabei rücken Segmente in den Fokus, deren Bewertungen die wirtschaftliche Erholung noch nicht reflektieren.

Wandel bei Büros bietet Chancen, Hotels wieder erholt
Der Wandel des Büro-Segments hält an. Angesichts der Verbreitung von Home-Office und neuen Arbeitswelten richtet sich der Fokus vor allem auf möglichst flexibel gestaltete Premiumflächen, die sich unter anderem durch erstklassige Lagen und hohe Nachhaltigkeitsstandards auszeichnen. Diese Büroimmobilien bleiben weiterhin ein zentrales Segment für Core- und Core-Plus-Investments. Auch hier zeichnet sich teilweise eine Erholung ab. Die Spitzenmieten für Premium-Büros in den deutschen Topstandorten haben sich seit 2019 um rund ein Viertel erhöht, obwohl die Leerstandsquoten gleichzeitig durchschnittlich von unter drei auf knapp sieben Prozent gestiegen sind. In der Peripherie liegen die Leerstandsraten oft deutlich darüber. Das zeigt, wie groß die Spreizung zwischen Objekten mit großer Nachfrage und schwerer zu vermittelnden Lagen ist. Dabei nehmen gerade bei Premiumflächen die Chancen wieder zu.

Noch deutlichere Erholungstendenzen zeigen sich bei Hotels. Ihre wirtschaftliche Situation hat sich signifikant verbessert. In wichtigen Metropolen ist der durchschnittliche Erlös pro verfügbarem Zimmer (RevPAR), eine wichtige Kennzahl für die Ertragsstärke von Hotels, erheblich gestiegen und liegt mittlerweile fast flächendeckend wieder über dem Vorkrisen- und Vor-Corona-Niveau. Zum Beispiel erzielten Hotels 2024 in Deutschland einen Rekordwert von 496 Millionen Übernachtungen. Durch leichte Wertzuwächse ist das Marktvolumen von Hotelimmobilien in Deutschland nach Berechnungen von Union Investment und bulwiengesa im vergangenen Jahr auf 64,3 Mrd. Euro angestiegen. Die Folge: Spitzenrenditen haben sich in den vergangenen Jahren schneller erholt als die Investments in das Segment. Aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung fließt jetzt wieder vermehrt Geld in Hotels. Im ersten Halbjahr lag so das Transaktionsvolumen für deutsche Hotelimmobilien deutlich über dem Niveau der vergangenen vier Jahre, wobei internationale wie deutsche Investoren wieder stärker auf dem Markt aktiv sind.

Neben Hotels hat in den vergangenen Jahren insbesondere der Einzelhandel, mit Ausnahme des systemrelevanten lebensmittelzentrierten Segments, unter den Folgen der Corona-Pandemie, den strukturellen Veränderungen hin zum E-Commerce und der schwierigen Entwicklung der Immobilienmärkte insgesamt gelitten. Jetzt mehren sich auch hier die positiven Signale. Der Einzelhandelsmarkt in Europa befindet sich in einer Erholungsphase. Die operative Performance, etwa gemessen an Umsätzen und Besucherfrequenzen, verbessert sich und ermöglicht auch eine Erholung der Mieteinnahmen. Dabei setzt sich die Polarisierung zwischen guten Standorten, die eine deutliche Outperformance ermöglichen, und schwächeren Lagen fort. Hieraus ergeben sich bei guter Marktkenntnis europaweit, vor allem jedoch auf der iberischen Halbinsel sowie in Mittel- und Osteuropa, Einstiegschancen.

Logistik und aufstrebende Segmente wie Studentenwohnheime, Rechenzentren oder auch Energie-Infrastruktur haben bereits in den vergangenen Jahren das Interesse der Investoren auf sich gezogen. Sie werden auch im neuen Marktzyklus attraktiv bleiben, wenngleich mit Ausnahme des Segments Logistik die Produktverfügbarkeit eingeschränkt ist. Fast Fashion und Social Commerce bringen zudem neue Impulse in den Logistikmarkt. Mit ihrem Fokus auf schnelle Zyklen und Agilität von Lieferketten suchen die Unternehmen Logistikimmobilien näher am Verbraucher. Stichwort „Last Mile Distribution“. Das führt zu einem zusätzlichen Bedarf an modernen Logistikflächen in der Nähe von Ballungsräumen und etablierten Produktionsstandorten.

Portfolios für den neuen Marktzyklus aufstellen
Mit der einsetzenden Markterholung richten institutionelle Investoren ihre Portfolios auf den neuen Marktzyklus aus. Dabei rücken neben Nischen- und Trendthemen auch wieder Core-Strategien in den Fokus der Investoren. Mit tiefer Markt- und Segmentkenntnis lassen sich im neuen Marktzyklus in fast allen Anlageklassen attraktive Einstiegschancen finden. Darüber hinaus gewinnt die Weiterentwicklung des Bestandsportfolios weiter an Bedeutung. Dies gilt für Investments in die grüne Transformation des Bestands, die Digitalisierung oder eine intelligente Kombination von Immobilien und Infrastruktur, etwa indem Immobilien für die Gewinnung erneuerbarer Energie mit Photovoltaik genutzt werden. Darüber hinaus ist die Gestaltung der Flächen auf veränderte Nutzeranforderungen auszurichten und der Bereich soziale Infrastruktur ist bei vielen Investoren noch unterrepräsentiert.

Der neue Marktzyklus wird keine Rückkehr zum schnellen Wachstum der Zeit vor der Zinswende bringen. Vielmehr werden attraktive Renditen und Wachstum vor allem durch eine kluge Auswahl einzelner Assets, ihre intelligente Weiterentwicklung und eine risikoorientierte Ausbalancierung der bestehenden Portfolios bestimmt. Hierzu bieten sich in der nun einsetzende Markterholung attraktive Chancen in fast allen Segmenten.

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*) Karim Esch, Chief Investment Officer und Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH