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Expertenbeitrag: Grund zur Sorge gibt es immer – Chancen im Anleihemarkt trotz vielfältiger Risiken richtig einschätzen

Im bisherigen Jahresverlauf haben die höher verzinsten und konjunktursensitiven Sektoren am besten abgeschnitten, aber auch die konservativeren Marktsegmente haben trotz der restriktiveren Geldpolitik in Europa und in den USA im Allgemeinen respektable positive einstellige Renditen erzielen können.

Arvind Rajan

Ausschließlich für professionelle Investoren bestimmt – nicht an Privatkunden weitergeben

Da es wahrscheinlich noch zu früh ist, ein Ende der langen, moderaten Wachstumsphase und der damit verbundenen hohen Marktliquidität einzuläuten, sollten die Fundamentaldaten und die technische Marktlage angesichts steiler Renditekurven und dem Potenzial einer Spreadverengung auch weiterhin gute Chancen bieten.

Trotz dieser grundsätzlich positiven Einschätzung bestehen im Anleihemarkt eine Reihe von Risiken, die unserer Erwartung nach in den kommenden Quartalen zunehmen werden, während gleichzeitig höhere Bewertungen und engere Spreads zu einer Eintrübung des Ausblicks führen werden. Wir werden uns im Folgenden mit den wichtigsten Themen befassen, die Anlegern schlaflose Nächte bereiten.

Geldpolitik
Nach der extrem lockeren Geldpolitik, die seit der Wirtschaftskrise das Geschehen dominiert hat, scheinen die großen Zentralbanken zunehmend entschlossen zu sein, ihre Geldpolitik trotz der nach wie vor eigentlich zu niedrigen Inflation zu verschärfen. Die drei großen Zentralbanken haben in jüngster Zeit bereits die Zügel angezogen. Es besteht immer mehr die Gefahr, dass sie über das Ziel hinausschießen werden.

*Unter den G3-Zentralbanken stellt die US-Notenbank in dieser Hinsicht wohl das größte Risiko dar. Sie könnte durch ein allzu restriktives Vorgehen die nächste Rezession einläuten. Die geldpolitischen Risiken in den USA haben ihre Ursache in der Abnahme der Arbeitslosenzahlen in den USA, die zu verstärktem Lohnwachstum und damit zu Inflationsdruck führen könnte. Da der von der Fed im Rahmen ihres „Dot Charts“ anvisierte Zinssatz für das Jahresende 2019 mit 2,9% weit über der impliziten Markterwartung von 1,66% liegt, könnte es hier für die Marktteilnehmer zu einer schmerzhaften Überraschung kommen. Diese Risiken werden sich weiter erhöhen, falls sich herausstellen sollte, dass die potenziellen Nachfolger der Notenbankpräsidentin Yellen und anderer FOMC-Mitglieder einen restriktiveren Ansatz befürworten.

*In Europa nähert sich die EZB mit ihren Anleihekäufen mittlerweile den selbstgesteckten Grenzen, und es könnte bereits im September 2017 zu einem formalen Beschluss über eine allmähliche Beendigung des Programms kommen. Ein solcher Kurswechsel könnte sich auf die europäische Wirtschaft und damit auch auf die Weltwirtschaft negativ auswirken.

*Auch in China, wo die Kreditpolitik jährlich Konjunkturimpulse im Umfang von ca. 25% des BIP liefert, ist eine konservativere Geld- und Kreditpolitik nicht ausgeschlossen. Für zusätzliche Unsicherheit sorgen die personellen Veränderungen, die aufgrund des Ausscheidens älterer Politbüromitglieder nach dem 19. Kongress im Herbst dieses Jahres erwartet werden.

Geopolitische Risiken
Unter einer Vielzahl möglicher geopolitischer Krisenherde sind derzeit vor allem der Nahe Osten und Nordkorea von Bedeutung.

*Das an Katar gestellte Ultimatum ist ein Symptom für die zunehmenden Spannungen in der Golfregion, von denen besonders Saudi-Arabien und die übrigen Länder des Golf-Kooperationsrats, daneben aber auch die Türkei und Iran betroffen sind. Die Krise führt in der Region, die bereits unter der Ölpreisschwäche leidet, zu einer erheblichen Verschärfung der Risikosituation. Auf kürzere Sicht besteht vor allem das Risiko einer Eskalation der politischen Spannungen in der Region, während längerfristig (bei anhaltender Ölpreisschwäche) fallende Devisenreserven und eine Schwächung der Staatsfinanzen und des Bankensektors relevant sind.

*Nordkorea stellt mit seinen anhaltenden Atomwaffen- und Raketentests eine Herausforderung für die Trump-Regierung dar. Es besteht weiterhin das Risiko, dass sich das Regime weder von Bemühungen Chinas noch anderweitigen diplomatischen Anstrengungen beeindrucken lassen wird und es zu einer militärischen Konfrontation kommt.

*Zusätzliche Risiken liegen in der Politik Trumps in den USA und den bevorstehenden Wahlen in Italien. Dabei ist aber zu beachten, dass die Hoffnungen auf einen Trump-Konjunkturimpuls bereits überwiegend begraben worden sind, während sich in Europa die kurzfristigen Aussichten aufgrund der Wirtschaftsbelebung, der Stärkung des politischen Zentrums in Deutschland und Frankreich und den Aussichten auf eine wirksame Wirtschaftsreform in Frankreich verbessert haben.

Risiken durch exogene Ereignisse
Es ist schwierig, einen sinnvollen Überblick über diese Risikokategorie zu bieten, und eine Quantifizierung ist praktisch unmöglich. Trotzdem sind diese Risiken nicht weniger real als allgemein bekannte Probleme. Es gibt insbesondere zwei Bedrohungen, die unsere Aufmerksamkeit verdienen.

*Die Möglichkeit einer globalen Epidemie durch Infektionskrankheiten wie Zika, Ebola oder SARS bleibt aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung, der Urbanisierung, dem menschlichen Vordringen in Wildnisgebiete, der Klimaerwärmung, dem internationalen Reiseverkehr, Bürgerkriegsgebieten und der schlechten medizinischen Versorgung in Frontier-Ländern weiterhin ein Anlass zur Sorge.

*Daneben stellen weltweite Cyberattacken, unplanmäßige IT- und Kommunikationsausfälle sowie Datensicherheitsverletzungen eine zunehmende Bedrohung dar. Besonders gefährdet sind Märkte, die stark von elektronischen Dienstleistungen oder von Organisationen abhängen, die kritische physische oder finanzielle Infrastruktur bereitstellen. So setzte zum Beispiel die Wannacry-Malware im Mai 2017 Computer in 100 Ländern außer Gefecht, darunter auch die des nationalen Gesundheitsdienstes in Großbritannien.

Trotz dieser Probleme sehen wir nach wie vor noch eine ganze Reihe von Möglichkeiten, über das gesamte Spektrum des Anleihemarkts hinweg, auf risikoadjustierter Basis zusätzliche Renditen zu erzielen. Im Folgenden stellen wir einige unserer Überlegungen für die nähere Zukunft dar.

Investment Grade Corporate Debt: Moderat positiv – faires Spreadniveau, starke Anlegernachfrage, profitiert von der Wirtschaftsbelebung. US-Geschäftsbanken werden präferiert.


Global Leveraged Finance: US-Hochzinsanleihen – neutral, angesichts des Potenzials für Spreadverengung, negativ sind aber höhere wirtschaftliche Outlier-Risiken. Bevorzugt wird das CCC-Segment in den USA (Ausgleich durch höheren Cash-Bestand), es gibt aber potenzielle Chancen in allen Qualitätssegmenten. Eher vorsichtig sind wir im Energiebereich. Positiv in Bezug auf europäische Hochzinsanleihen angesichts der günstigen technischen Marktlage und der niedrigen erwarteten Ausfallrate.

Emerging Markets Debt: Positiv. Wir sehen volatile Phasen als Kaufgelegenheiten. In Hartwährungsanleihen befürworten wir eine Übergewichtung am kurzen und langen Ende. Bei Anleihen in Lokalwährungen übergewichten wir Länder mit Zinssenkungspotential und halten einige EM-Währungen für unterbewertet.

Municipal Bonds: Neutral. Robuste technische Marktsituation Anfang Q3 sollte sich bis zum Quartalsende abschwächen; aufgrund deutlicher Outperformance zu US-Staatsanleihen in Q2 ist die Bewertung weniger günstig als zu Jahresanfang.

Global Rates: Positiv aufgrund attraktiver taktischer Chancen durch Zinsarbitrage in G-10-Märkten vor dem Hintergrund divergierender Geldpolitik.

Agency MBS: Untergewichtet zugunsten von Spread-Produkten im Investment Grade Segment

Structured Products: Positiv für Anlagen im obersten Segment der Kapitalstruktur. Vorsichtig bei GSE-Spreads auf aktuellem Niveau und negativ bezüglich CMBS-Mezzanine-Tranchen.

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*) Dr. Arvind Rajan ist Managing Director und Head of Global and Macro bei PGIM Fixed Income und leitet dort die globalen Investmentstrategien inklusive FX und das Economic Research. Im Jahr 2015 lehrte Dr. Rajan als Adjunct Full Professor an der NYU Stern School of Management. In den Jahren davor war er als Leiter der Quantitative Research & Risk Management Group von PGIM Fixed Income tätig. Bevor er 2008 zum Unternehmen stieß, arbeitete Dr. Rajan bei Citigroup als Co-Head of US Fixed Income Strategy. Er studierte am Indian Institute of Technology (M.Sc.) und promovierte an der Northwestern University in Operations Research.

PGIM Fixed Income ist ein globaler Assetmanager, der aktive Investmentlösungen für alle Anleihemärkte bietet. Das Unternehmen verfügt über Geschäftsstellen in Newark (New Jersey), London, Tokio und Singapur und verwaltet mehr als 654 Mrd. US-Dollar. Weitere Informationen finden Sie unter den IPE Referenzen und auf pgimfixedincome.com. (Stand: 31. März 2017)

Quelle: PGIM Fixed Income. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen beruhen auf öffentlich verfügbaren Informationen aus Quellen, die PGIM Fixed Income als zuverlässig erachtet. Die Informationen stellen die Ansichten und Meinungen des Autors mit Stand zum Juli 2017 dar und dienen ausschließlich der Information. Sie stellen keine Anlageberatung dar und sollte nicht als Grundlage für eine Anlageentscheidung verwendet werden. Die zugrunde liegenden Annahmen und Ansichten unterliegen der Änderung. Die Performance in der Vergangenheit ist keine Garantie und gewährt keine zuverlässigen Anhaltspunkte für die Zukunft. Eine Investition in Indices ist nicht möglich. Dieses Material wird nur für Personen bereitgestellt, die professionelle Kunden oder zugelassene Gegenparteien sind. 2017-3623.