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Expertenbeitrag: Ein ESG-Ansatz für die Investmentwelt

Ein systematischer ESG-Ansatz ermöglicht, die Zielsetzung einer möglichst umfassenden, konsistenten Bewertung gegen die Probleme der Datenverfügbarkeit und -qualität abzuwägen.

Jürgen Odenius

Die Bedeutung des Umweltschutzes, einer verantwortungsvollen Führung, sowie sozialer Fragen (Environment, Social, Governance – „ESG“) für die sozioökonomische Entwicklung und Stabilität eines Landes ist seit langem bekannt. Unseres Erachtens haben diese Themen auch erhebliche Bedeutung für die Kreditwürdigkeit eines Staates. ESG-Faktoren unterscheiden sich von Land zu Land erheblich. Die Methoden und Kennzahlen, die für die Beurteilung der ESG-Leistung zugrunde gelegt werden, variieren ebenfalls stark und kommen in Bezug auf ein Land häufig zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Bei PGIM Fixed Income benutzen wir ein internes ESG-Bewertungssystem, das in unseren Rating- und Investmentprozess für Staatsanleihen integriert ist. Der Ratingprozess für Staatsanleihen, den wir für die Bewertung von mehr als 100 staatlichen Schuldnern aus Schwellenländern und Industrienationen einsetzen, besteht aus einem quantitativen Rahmen und einer qualitativen Einschätzung. Unsere ESG-Rankings sind dabei ein wichtiger Teil der qualitativen Analyse. Im Folgenden stellen wir die unserem systematischen ESG-Ansatz zugrunde liegende Methodik und eine Reihe wichtiger Erkenntnisse vor.

Ein systematischer ESG-Ansatz
Bei der Konzeption eines Bewertungssystems für die Analyse ESG-relevanter Eigenschaften muss das Ziel einer umfassenden, konsistenten Bewertung gegen die Probleme der Verfügbarkeit und Qualität der Datengrundlage abgewogen werden. Derartige Beschränkungen können schnell Schwierigkeiten bereiten, wenn es darum geht, „weiche“ Variablen zu messen, wie zum Beispiel Toleranz, soziale Integration oder verantwortungsvolle Staatsführung. Gleichzeitig ist die richtige Auswahl der Variablen von entscheidender Bedeutung, wenn sichergestellt werden soll, dass das Ranking Unterschiede in der ESG-Leistung ausreichend widerspiegelt.

Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Aggregation von Daten für so unterschiedliche Themenkreise wie Lebenserwartung und Staatsführung beruhen unsere ESG-Rankings auf einem parameterfreien Ansatz. Wir machen daher keine normativen Annahmen darüber, welchen Wert die einzelnen ESG-Kennzahlen haben sollten. Stattdessen werden die Länder in Bezug auf ihre Leistung bei den einzelnen Kennzahlen mit ihrer jeweiligen Peer Group verglichen. Die Variablen, die wir unserem ESG-Ranking zugrunde legen, folgen nicht alle einer statistischen Verteilung und es werden daher dem vorliegenden Datenbestand keine statistischen Eigenschaften aufgezwungen. Stattdessen aggregiert der parameterfreie Ansatz Daten „von gut nach schlecht“ auf Grundlage des relativen Rangs der jeweiligen ESG-Variablen innerhalb der untersuchten Gruppe. Der ESG-Rang eines Landes ist also ein relatives Konzept und wird sich bei Veränderungen innerhalb der Vergleichsgruppe mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls ändern.

Die Daten für unser ESG- Bewertungssystem stammen aus drei verschiedenen akademischen Datensätzen und Grundsatzstudien von hoher Qualität. Anstatt diese Datensätze komplett zu importieren, haben wir Überschneidungen eliminiert und Kreuzkorrelationen soweit wie möglich reduziert. Die resultierenden Kennzahlen werden im Folgenden dargestellt.




Quelle: PGIM Fixed Income, Stand: 31. März 2017.
Yale University (Environmental Performance Index), Social Progress Imperative (Social Progress Index), World Bank (Worldwide Governance Indicators).

Die ESG-Leistung der einzelnen Länder wird für jeden der verwendeten Indikatoren in eine Rangfolge gebracht. Um eine subjektive Verzerrung zu vermeiden, werden die Subindexe E, S und G gleich gewichtet. Die Gesamtbewertung eines Landes errechnet sich einfach durch die Aggregation aller Kennzahlen. Es ist dabei wichtig anzumerken, dass die Auswahl der Kennzahlen einer kontinuierlichen Entwicklung unterliegt, da wir uns bemühen, die Aussagekraft des Verfahrens zu verbessern – soweit die Daten das zulassen.

Erkenntnisse
Die ESG-Leistung eines Landes korreliert wesentlich mit seinem Entwicklungsstand. Dies unterstreicht die Bedeutung von Institutionen. Es ist daher wenig überraschend, dass zwischen dem ESG-Ranking und dem Pro-Kopf-Einkommen eine enge Korrelation besteht. Entwickelte Länder schneiden im ESG-Ranking tendenziell besser ab als Schwellenländer, die wiederum vor den so genannten Frontier Markets liegen.



Quelle: PGIM Fixed Income, Yale EPI, World Bank WGI, Social Progress Imperative

Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass der Aufbau verlässlicher Institutionen, die Sicherstellung einer verantwortungsvollen Staatsführung und die Förderung des Gemeinwohls bei gleichzeitigem Schutz der Umwelt ein sehr aufwändiges Unterfangen sind.

Bei einer Bereinigung um Einkommensunterschiede zwischen den drei Länderkategorien (siehe folgenden Chart) verschwindet der Vorsprung der entwickelten Länder im Wesentlichen, wobei europäische Länder aber immer noch relativ gut abschneiden.

Interessanterweise sind unter den positiven Ausreißern auch einige Frontier Markets zu finden, womit man zunächst vielleicht nicht rechnen würde. Nach unserer Ansicht deutet dies darauf hin, dass bereits verhältnismäßig geringfügige Aufwendungen für ESG-Initiativen unverhältnismäßig große Ergebnisse bringen können, zumindest wenn sie richtig eingesetzt werden. Entsprechend kann ein Unterlassen solcher begrenzten Investitionen zu erheblichen Opportunitätskosten im Bereich der Lebensqualität führen.



Quelle: PGIM Fixed Income, Stand: 31. März 2017, Environmental Performance Index, Social Progress Index, Worldwide Governance Indicators.

Abschließend lässt sich feststellen, dass trotz der hohen Variabilität der Ergebnisse der ESG-Länderanalysen ein systematischer Ansatz einen umfassenden, konsistenten Rahmen für die Integration der ESG-Leistung in unseren Ratingprozess für Staatsanleihen darstellt. Dabei darf man natürlich nie die Schwierigkeiten außer Acht lassen, die mit der Interpretation einer ESG-Analyse verbunden sind. Die genaue Betrachtung der Kennzahlen, des Ansatzes und der Ergebnisse ist von höchster Wichtigkeit.


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*) Jürgen Odenius, PhD, ist Managing Director und Chefvolkswirt bei PGIM Fixed Income. Bevor er im April 2011 zu PGIM kam, war er in leitender Funktion bei der europäischen Abteilung des internationalen Währungsfonds. Zuvor war er bereits als Stratege für Emerging Markets bei UBS und als Ökonom bei der SBC Warburg in London tätig. Jürgen Odenius erwarb einen BA in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bonn in Deutschland, einen MA in Ökonomie vom European University Institute in Italien und einen Doktortitel in Ökonomie von der Universität Pittsburgh.

PGIM Fixed Income ist ein globaler Vermögensverwalter, der aktiv gemanagte Investmentlösungen für alle Anleihemärkte bietet. Das Unternehmen verfügt über Geschäftsstellen in Newark (New Jersey), London, Tokio und Singapur und verwaltet mehr als 654 Mrd. US-Dollar (Stand: 31. März 2017).

Quelle: PGIM Fixed Income. Die hierin enthaltenen Informationen stellen die Ansichten und Meinungen des Autors mit Stand zum 20. Juni 2017 dar und dienen ausschließlich der Information. Sie stellen keine Anlageberatung dar und sollten nicht als Grundlage für eine Anlageentscheidung verwendet werden. Die Performance in der Vergangenheit ist keine Garantie und gewährt keine zuverlässigen Anhaltspunkte für die Zukunft. Eine Investition in Indices ist nicht möglich. Dieses Material wird nur für Personen bereitgestellt, die professionelle Kunden oder zugelassene Gegenparteien sind.
2017-3125.