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Diskussionsbeitrag: „Quantamentalismus“ - Ein Investment-Stil für sich verändernde Zeiten

Jede Finanz-Ära führt zu einem eigenen Investmentstil, der für die vorherrschenden Marktbedingungen am besten geeignet ist. In den siebziger Jahren waren die Absicherungen gegen Inflation - ob Immobilien oder Bildende Kunst - sehr gefragt, während die ersten Jahre dieses Jahrzehnts in einem sich wandelnden Zinsumfeld von einer „Jagd nach Ertrag“ gekennzeichnet waren.

Furio Pietribiasi

Seit der Finanzkrise und den anschließenden offiziellen Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaftsentwicklung schien der passive Investmentstil vielen der Bedürfnisse der Zeit gerecht zu werden. Die Geldpolitik, die gemessen an historischen Maßstäben bemerkenswert zurückhaltend ist, hat ein Umfeld niedriger Volatilität gefördert, in der die Nachbildung von Indizes blühte.

Solch eine geringe Volatilität macht es wahrscheinlicher, dass die Gewinner von gestern auch morgen noch an der Spitze stehen werden, obwohl die Verhaltensmuster, die in passivem Investieren stecken, angesichts der Erfolgsgeschichten der Vergangenheit weniger problematisch sind. Nehmen sie die fortlaufende Kritik sowohl an den Gebühren von aktiven Asset Managern als auch ihrer manchmal wenig berauschender Performance, schon haben sie die Faktoren für einen Boom bei passiven Anlagestrategien.

Aber keine der Marktbedingungen hält ewig an, und es gibt Anzeichen dafür, dass die Hauptmerkmale der Nach-Finanzkrisen-Ära in ihrer jetzigen Form nicht länger fortbestehen werden.

Insbesondere wird die Notwendigkeit einer Lockerung der Geldpolitik (Qantitative Easing) auf der jetzt praktizierten Skala schwächer. Die Vereinigten Staaten schlagen vor, ihre Aktienbestände abzubauen, und es gibt Anzeichen dafür, dass die Europäische Zentralbank (EZB), relativ gesehen ein Nachzügler der QE-Party, ihr Anleihen-Ankauf-Programm möglicherweise zurechtstutzen wird.

Da die Geldpolitik sich weniger zurückhaltend entwickelt, dürfte die Volatilität in die Märkte zurückkehren. Eine solche Rückkehr könnte eine abschreckende Wirkung für Passiv-Investment-Strategien haben. Wir glauben, dass wir uns einem Wendepunkt nähern, wonach das aktive Asset Management wahrscheinlich wieder stärker werden wird. Da die Volatilität zu einem bestimmenden Faktor auf dem Markt wird, wird das Grundprinzip dem Markt zu folgen – nämlich die Gewinner von gestern zu kaufen und in alle anderen früheren Investitionen einzusteigen – an Bedeutung verlieren.

Innerhalb des aktiven Asset Managements glauben wir, dass die Branche weniger von einer Divergenz zwischen quantitativem Investieren und fundamentalem Investieren sehen wird. Wir glauben, dass gerade ein dritter Weg entstanden ist.

Dieser Ansatz wird als „quantamental“ bezeichnet, ein Kunstwort, das durch die Verbindung von „Quant“ von „quantitativem“ Investieren mit der zweiten Hälfte von „fundamental“ gebildet wird. Quantamental kombiniert zwei Arten von Anlagestrategien. Quantitatives Investieren nutzt komplexe Algorithmen, signifikante Datenmengen und große Computersysteme, um in Wertpapiere zu investieren oder Asset Allocation-Entscheidungen zu bestimmen. Fundamentales Investieren beruht auf der Analyse des Fondsmanagers in Bezug auf die zugrunde liegenden Kräfte, die dazu beitragen können, das Wohlergehen von Unternehmen, Sektoren und Volkswirtschaften zu bestimmen. Durch die Kombination der Grundlagen des quantitativen Investierens mit dem Fachwissen und der Erfahrung des Fondsmanagers strebt das quantamentale Investieren nicht zuletzt durch die Verringerung oder Beseitigung von Verhaltensmustern im Anlageprozess nach höheren Renditen.

Um mit einem quantamentalen Ansatz erfolgreich zu sein, sollte ein signifikanter Anteil - vielleicht 10% - der Mitarbeiter des Asset Managers in Datenwissenschaft ausgebildet werden, um in der Lage zu sein, „Big Data“ derart zu analysieren und Erkenntnisse zu teilen, um den vollen Nutzen über das gesamte Geschäft zu erzielen. Es ist wichtig, dass diese Datenexperten nicht in der IT-Abteilung weggesperrt sind, sondern in allen Positionen eingesetzt und in Bereichen wie Produktentwicklung, Portfolio- und Risikomanagement eingebunden sind.

Demzufolge wird der quantamentale Ansatz im Kern ein strukturierter, disziplinierter und dennoch flexibler Investitionsprozess sein. Damit sollen Märkte, Sektoren, Volkswirtschaften und Trends rational und objektiv analysiert werden.

Hand in Hand mit dem Investitionsprozess sollte es einen Rahmen für die Risiko-Budgetierung geben, der über die Risiken informiert, die in jedem Stadium des Investitionsprozesses in Bezug auf ein definiertes Ziel eingegangen werden. Man kann vermuten, dass dieser Prozess insgesamt sehr gut intern funktioniert, aber was passiert, wenn ein quantamentaler Investor mit externen Managern zusammenarbeitet, z.B. bei einem Dachfonds-Produkt? Befinden sich diese externen Manager außerhalb der Kontrolle des Investors?

In solchen Fällen ist es wichtig, über einen soliden Manager-Auswahl-Prozess zu verfügen. Zum Beispiel hilft die Analyse einer konsistenten historischen Aufzeichnung von Investitionsentscheidungen eines potenziellen Fondsmanagers, ob diese Entscheidungen mit dem festgelegten Anlageprozess übereinstimmen und wie sie die Anlage-Performance beeinflusst haben. Diese strenge Überprüfung des Investitionsprozesses des externen Managers trägt dazu bei, dass sich der Manager so verhält, wie man es bei verschiedenen Marktbedingungen erwartet hätte, und hilft auch, irgendwelche Verhaltensmuster zu erkennen.

Verhaltensmuster schleichen sich in Investitionsentscheidungen ein, wenn Manager auf der Basis von „wie sie sich fühlen“ und „Abweichen“ von ihrem Investitionsprozess kaufen. Wenn man sich gewissenhaft nach dem Investitionsprozess verhält, sollten solche Verhaltensmuster herausgefiltert werden. Dies wird als kognitive Optimierung beschrieben: Das Erzielen besserer Ergebnisse auf Grundlage klaren Denkens, eingebunden in einen disziplinierten Rahmen mit einem datengesteuerten Feedback, um den Investitionsprozess zu verfeinern.

Das Marktumfeld verändert sich, wobei die allmähliche Rücknahme der geldpolitischen Anreize zu einer neuen Wertschätzung der Vorteile des aktiven Investierens führen wird. Innerhalb des aktiven Asset Managements glauben wir, dass der Quantamentalismus, der die großen Datenerkenntnisse des quantitativen Investierens mit dem Fachwissen des Fondsmanagers verbindet, das Beste aus beiden Welten und eine bessere Performance mit verbesserter Beständigkeit bieten kann.

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*) Furio Pietribiasi ist verantwortlich für das Geschäft von Mediolanum in Irland und Luxemburg. Er ist Managing Director von Mediolanum Asset Management Limited, Dublin, und Mediolanum International Funds Limited, Dublin, Mitglied des Vorstands von Mediolanum International Life und Chairman der Gamax Management AG, Luxemburg. Er ist ein aktives Mitglied der Finanzdienstleistungsbranche und fungiert als ehemaliger Vorsitzender der irischen Vereinigung der Investmentmanager, Mitglied des Board of Financial Services Ireland und er leitet die Fintech Taskforce-Gruppe. Er war auch Mitglied verschiedener Beratungsgruppen im Taoiseach Departement Ireland für den Bereich Asset Management und die Fondsbranche.