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„Das Schicksal des britischen Aktienmarktes hängt vom Schicksal des britischen Pfunds ab“

Erst das Wahldebakel, bei dem Theresa Mays konservative Partei ihre Mehrheit im Unterhaus verloren hat und jetzt stehen herausfordernde Brexit-Verhandlungen bevor – es wird politisch turbulent in Großbritannien. Sollten Anleger nun den britischen Aktienmarkt meiden? Nein, meint Michael Browne, Fondsmanager des Legg Mason Martin Currie European Absolute Alpha Fund, im Interview. Dafür sei der britische Aktienmarkt viel zu international.

Michael Browne

IPE Institutional Investment: Wo genau finden Sie noch Chancen am britischen Aktienmarkt?
Browne: Vor allem am Wohnungsmarkt sehen wir noch deutliche Chancen. Der wird stark von der Regierung subventioniert und die niedrigen Zinsen sorgen dafür, dass sich viele Briten Immobilien leisten können. Die Bauquoten sind zwar bereits gestiegen, liegen aber noch immer unter dem langfristigen Mittel. Zudem sind Bauunternehmen schuldenfrei und verfügen über positive Cash-Bestände. Mit anderen Worten: Sie können wachsen, investieren, haben einen starken Cash-flow und können hohe Dividenden auszahlen. Anders sieht das im Einzelhandel aus. Der Niedrigpreis-Wettbewerb trifft Lebensmittelhändler und andere Einzelhändler gleichermaßen.

IPE Institutional Investment: Die beiden britischen Indizes FTSE 100 und FTSE 350 unterscheiden sich in den Sektoren. Welcher der beiden repräsentiert die britische Wirtschaft besser?
Browne: Ganz akkurat lassen sich die Zahlen nicht belegen, aber nach allgemein gängiger Auffassung generieren die Unternehmen des FTSE 100 rund 70% ihrer Gewinne außerhalb Großbritanniens. Der Index wird von Minen-, Pharma-, Ölunternehmen, Getränke- und Luxusartikelherstellern und großen internationalen Banken wie HSBC oder Standard Chartered dominiert. Der Anteil ausländischer Gewinne der FTSE 350 Unternehmen ist zwar geringer, aber auch hier sind die Indexschwergewichte dieselben wie im FTSE 100. Ein Beispiel ist der Werkstoffbereich: Minenunternehmen haben einen Anteil von 9,1% am FTSE 100 und 8,69% am FTSE 350. Der wirklich ‚heimische’ Index ist der FTSE 250, der alle Unternehmen des FTSE 100 ausschießt. Und selbst hier haben Industriewerte mit 21% des Index den größten Anteil. Der britische Aktienmarkt ist also erstaunlich international.

IPE Institutional Investment: Was können Anleger von britischen Aktien in den kommenden Quartalen erwarten?
Browne: Das Schicksal des britischen Aktienmarktes hängt vom Schicksal des britischen Pfunds ab, das sich analog zu den Brexit-Verhandlungen und der Frage, wie das Team zusammengesetzt ist, das ihn verhandelt, entwickeln wird. Schon die erste Verhandlungsrunde mit schwierigen Punkten wie den Austrittskosten, Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und britischer Staatsangehörigen im EU-Ausland kann bereits scheitern. Kommt es dazu, wäre wohl nur ein ‚Remainer’ – also ein Brexit-Gegner – in der Lage, eine Einigung zu erzielen. Aber könnten sie die Verhandlungen geschweige denn ein ganzes Land führen ohne ein Mandat vom Volk? Die Unsicherheit für die Unternehmen ist so hoch wie seit 2008 nicht mehr und verhaltener Konsum und schwache Unternehmen sind keine gute Kombination für ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts. Echte Werte findet man eigentlich nur noch bei Hausbauunternehmen, denn da liegt beiden Parteien daran, das Haus so schnell wie möglich fertigzustellen. In anderen Konsumbereichen ist es fast unmöglich die Ertragsdynamik nicht schwinden zu sehen.

IPE Institutional Investment: Besten Dank für diese Einschätzungen.