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„Beim Thema ESG sehen wir im Prinzip keinen Kunden mehr, der sich damit nicht beschäftigt“

IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Herwig Kinzler, Geschäftsleitung, und Eitel Coridaß, Leiter Immobilien-Consulting, RMC Risk-Management-Consulting GmbH über die aktuellen Trends im institutionellen Markt, insbesondere auch mit Blick auf Real Assets. Natürlich ging es auch um die Entwicklungen im Investment Consulting, z.B. bei der Manager Selektion, sowie die Perspektiven des Fiduciary Managements.

Herwig Kinzler (Foto: Mayska.de)

Eitel Coridaß (Foto: Mayska.de)

IPE D.A.CH: Lassen Sie uns auf die Märkte schauen, der Aktienmarkt scheint sich zum Beispiel zunehmend von der realen Welt abzukoppeln…
Kinzler: Es gibt dennoch einiges an Parallelen, so ist Covid-19 in beiden Fällen durchaus ein Katalysator. Geschäftsmodelle, die vor der Krise schon nicht mehr wirklich getragen haben, werden jetzt umso schneller obsolet. Auf der anderen Seite hat die Digitalisierung einen weiteren, großen Schub erhalten. An den Kapitalmärkten hat Covid-19 die Niedrigzinsphase und damit auch das Interesse an Realwerten weiter gefestigt.

IPE D.A.CH: Stichwort Realwerte – was bislang viele gemacht haben, machen jetzt (fast) alle?
Kinzler: Wir haben viele Kunden, die bereits sehr lange in Realwerte – insbesondere Immobilien – investiert und ihre Quoten bereits gut ausgefüllt haben. Diese haben sicher den Vorteil, den „Run“ in Real Assets aus einer Position der Stärke anschauen zu können und nur noch selektiv zuzukaufen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch viele Investoren am Markt, die angesichts der mangelnden Alternativen verstärkt auf der Suche nach geeigneten Assets sind und auch auf dem aktuellen Niveau mangels Alternativen eine entsprechende Allokation aufbauen.

IPE D.A.CH: Ein anderes Buzzword im institutionellen Markt ist ESG, sprich nachhaltige Investments…
Kinzler: Auch hier ist fast schon eine Art Schalter umgelegt worden. Wir sehen im Prinzip keinen Kunden mehr, der sich damit nicht beschäftigt. Es geht nicht mehr um das ob, sondern vielmehr um die konkrete Ausgestaltung – die sich sehr kundenspezifisch darstellt. Man geht das Thema inzwischen sicher genauso professionell an, wie andere Asset Management Themen.

IPE D.A.CH: Hat Covid-19 das ‚S‘ aus ESG betont, während wir bislang sehr stark über das ‚E‘ diskutiert haben?
Kinzler: Definitiv ja! Ich würde es sogar als europäisches Phänomen bezeichnen, bislang war hier ESG vielfach gleichgesetzt mit Umweltthemen. Durch Covid-19 wurde das ‚S‘ sicher gestärkt. Wir sehen auch, dass das ‚G‘ gerade unter finanziellen Aspekten stärker in den Fokus kommt, so dass wir das Thema jetzt zunehmend ganzheitlicher betrachten als noch vor ein paar Jahren.

IPE D.A.CH: Bleiben wir bei Covid-19 und den wirtschaftlichen Folgen. Gerade bei ausfinanzierten Fonds ist es wichtig, dass die Verpflichtungsseite bedient werden kann – wie schlägt hier die aktuelle Krise auf die Mieterbonität, um zurück zum Thema Realwerte zu kommen?
Coridaß: Die Mieterbonität ist in der Tat noch stärker in den Vordergrund gerückt. Wo es nicht automatisch der Fall ist, fordern wir im Auftrag unserer Kunden bei den Managern ein entsprechendes Mieterbonitätsmonitoring an. Spannend wird sicher auch, was nach dem Ende des Insolvenzmoratoriums passiert. Hier muss man abwarten was passiert, wenn der Deckel angehoben wird.

IPE D.A.CH: Wie sieht Ihr Blick in einzelne Immobiliensegmente aus?
Coridaß: Lassen Sie mich zunächst einmal festhalten, dass Diversifikation über Segmente und auch Länder in der Krise sehr gut funktioniert hat. Segmente wie Hotels haben sicher besonders gelitten, aber man muss klar feststellen, dass in der Krise auch Chancen liegen. So haben wir mit unseren Investoren auch hier weiter investiert.

IPE D.A.CH: Wie stehen Sie zu Handelsimmobilien?
Coridaß: Hier wirkt die Corona-Krise sicher sehr stark als Katalysator, wie Herr Kinzler schon eingangs sagte. Geschäftsmodelle die vor der Krise bereits Schwierigkeiten hatten, stehen jetzt unter Umständen vor dem Abgrund. Das betrifft gerade Mieter beim Thema „High Street“. Einkaufszentren muss man sehr differenziert betrachten, hier sehen wir insbesondere solche mit einem regionalen Fokus und einem starken Nahversorgungscharakter durchaus positiv.

IPE D.A.CH: Wohnen scheint vom Thema Corona – Stichwort Home Office – eher zu profitieren. Wie sieht es auf der anderen Seite bei Büroimmobilien aus?
Coridaß: Wir sehen hier kein abruptes Ende der Nachfrage und gehen von recht stabilen Verhältnissen aus. Was unseres Erachtens allerdings stoppt, ist der Aufwärtstrend bei den Mieten, der gerade den Bürosektor in den vergangenen Jahren getragen hat. Hier erwarten wir eher eine Seitwärtsbewegung, aber definitiv keinen Einbruch.

IPE D.A.CH: Werden Risiken insgesamt wieder deutlicher eingepreist?
Coridaß: Das sehen wir zunehmend, die Spreads zum Beispiel hin zu Projektentwicklungen gehen wieder auf. Man muss aber auch sagen, dass das Corona-Virus auf einen Markt in einer sehr guten Verfassung getroffen ist. Wir haben im Bürosektor in den Top7-Städten über Leerstandsquoten von rund 3% gesprochen. Dort empfehlen wir unseren Kunden im aktuellen Umfeld mehr auf wertorientierte Strategien zu setzen – mit Managern die die aktuellen Risiken beherrschen und im Sinne der Kunden auch in Mehrwert ummünzen können. Der Markt selbst dürfte im aktuellen Umfeld bei ertragsorientierten Strategien keinen Mehrwert liefern.

IPE D.A.CH: Lassen Sie uns einen Schritt weiter zum Thema Infrastruktur gehen. Wie hat hier Corona durchgeschlagen?
Kinzler: Ich glaube ich darf für alle unsere Kunden sagen, dass die Effekte mit einer guten Diversifikation sehr gut beherrschbar waren. Bei Flughäfen und Transportinfrastruktur gibt es sicher zum Teil deutliche Abschläge. Auf der anderen Seite gehören zum Beispiel Data-Center oder Telekommunikationsinfrastruktur zu den großen Gewinnern der Krise. Viele Portfolien sind stand heute für das Jahr im Plus, die Bewährungsprobe wurde erfolgreich abgeschlossen.

IPE D.A.CH: …ähnlich bei Private Equity?
Kinzler: Ein durchaus ähnliches Phänomen. Hätte man Private Equity auf einer täglichen Basis bewerten müssen, so hätte es im Frühjahr sicher deutliche Einschläge gegeben. Tatsächlich hat sich zur Jahresmitte gezeigt, dass viele Portfolien schon wieder im Plus waren. Die verzögerte Bewertung war für viele Investoren sicher nicht von Nachteil. Auch hier gibt es auf Ebene der Portfoliogesellschaften sicher Auswirkungen durch Corona, es zeigt sich aber per heute als klar beherrschbar.

IPE D.A.CH: Ein weiteres wichtiges Themenfeld im Bereich der Private Markets ist das Thema Private Debt geworden. Wie sehen Sie hier die aktuelle Lage am Markt?
Kinzler: In der Tat eine sehr spannende Assetklasse. Hier gibt es aktuell Gesellschaften die die Bewertung des PD-Portfolios – auf Rat des Wirtschaftsprüfers oder aber von sich aus – an entsprechende liquide Papiere angleichen. Bei diesen Portfolios haben wir natürlich Abschläge gesehen, die sich aber auch schon wieder teilweise abgebaut haben. Insgesamt ist Private Debt innerhalb der Private Markets sicher die Assetklasse wo Covid-19 die größten Spuren hinterlassen hat.

IPE D.A.CH: Wo sehen Sie aktuell die Trends beim Investment Consulting in Deutschland?
Kinzler: Es gibt zunächst einmal eine Gruppe an Investoren, die unabhängige Beratung schätzt und auch einkauft. Ein Effekt, der durch Corona noch an Momentum gewonnen hat. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch die sehr großen Investoren, die Teile der Wertschöpfungskette „insourcen“. Dazwischen gibt es ein breites Spielfeld für unterschiedliche Dienstleistungen. Auf der Anbieterseite ist das Thema „Conflict of Interests“ sicher ein wichtiger Punkt. Wir fühlen uns als reiner Consultant dafür sehr gut aufgestellt. Am Ende entscheidet die Qualität der Beratung und insbesondere die Performance.

IPE D.A.CH: Stichwort Performance, wie sehen Sie die Entwicklung bei der Managerselektion ohne den Einsatz von Consultants – gerade bei neuen und komplexen Anlagethemen?
Kinzler: Gerade bei Real Assets sehen wir nach wie vor ein sehr individualisiertes Auswahlverfahren über Consultants. Im liquiden Bereich gibt es dagegen sehr unterschiedliche Modelle. Hier sehen Sie Investoren, die sich nur die Daten einkaufen und die Selektion durch ihr Team selbst ausführen. Sofern die Inhouse-Expertise tatsächlich vorhanden ist und ein echter Auswahlprozess durchgeführt wird, ist das fachlich völlig in Ordnung. Allerdings sehen wir hier immer noch Fälle, die ich unter dem Stichwort „Scheingenauigkeit“ subsumieren würde. Hier wird zwar auf eine Datenbank zugegriffen, aber die letztliche Auswahl anhand einiger weniger Kriterien durchgeführt. Das ist ein Bereich, den ich mit Sorge sehe.
Coridaß: Auch bei Real Assets steigt die Anzahl der Datenbanken für Fonds und Produkte. Aber wir haben es natürlich mit einer weniger transparenten Assetklasse zu tun, die sich dadurch nur sehr oberflächlich abbilden lässt. Das haben Investoren durchaus erkannt.

IPE D.A.CH: Ist das Thema Fiduciary Management im deutschen Markt endgültig gescheitert?
Kinzler: Der Begriff hat in Deutschland eine negative Konnotation. Das liegt sicher auch an Beispielen aus dem Ausland, wo suggeriert wurde, dass Fiduciary Management die Möglichkeit gibt, gewisse Verantwortungen seitens des Investors zu delegieren, die nicht delegierbar sind. Am Ende muss natürlich jeder Kunde entscheiden, was er selbst machen möchte und was nicht. Wir arbeiten mit Kunden, die sich unsere Expertise sichern und die wir bei operativen Tätigkeiten unterstützen. Dies führt dann einer Win-Win-Beziehung von Investor und Consultant.

IPE D.A.CH: Herr Kinzler, eine Frage zum Schluss: RMC ist im institutionellen Markt natürlich ein Begriff. Gestatten Sie mir dennoch die Frage, was zeichnet das Unternehmen für Sie nach rund 18 Monaten Zugehörigkeit aus?
Kinzler: Mich hat das Potenzial des Unternehmens überzeugt zu wechseln und meine Position bei RMC anzutreten. Wir sind mit rund 50 Mitarbeitern ein echter Mittelständler der sich klar auf das Investment Consulting fokussiert und keine Interessenskonflikte hat. Auf dieser Basis wollen wir unser Geschäft ausbauen - wie zuletzt ja auch die Verpflichtung von Herrn Coridaß gezeigt hat.

IPE D.A.CH: Herr Kinzler, Herr Coridaß, besten Dank für diese Einblicke!