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„Auf lange Sicht ist erfolgreiches Timing bei auf die Duration setzenden Anlagen so gut wie unmöglich“

IPE Institutional Investment Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Matt Freund, CFA, Co-Chief Investment Officer und Head of Fixed Income Strategies bei Calamos Investments, über die aktuelle Situation an den Fixed Income Märkten. Das von Matt Freund geleitete Team verwaltet verschiedene Investmentstrategien, unter anderem vier OGAW-Festzinsfonds. Im Interview erklärt er, dass sich unkonventionelles Denken bezahlt macht, wodurch sich Calamos’ Ansatz unterscheidet und wie er die derzeitige Lage der Fixed Income-Märkte einschätzt.

Matt Freund

IPE Institutional Investment: Lassen Sie uns mit Calamos Investments’ Erfahrung im Festzinsbereich beginnen…
Freund: Calamos Investments kann jahrzehntelange Erfahrung im Credit-Research vorweisen. Unser Gründer und Global Chief Investment Officer John P. Calamos, Sr., der Wandelanleihen für Renditesteigerung und Risikomanagement eingesetzt hat, genießt für diese Pionierleistung weltweites Ansehen. Unsere Erfahrung im Credit-Research reicht also ganz bis zur Firmengründung in den 1970er Jahren zurück. Seit den späten neunziger Jahren bieten wir auch spezielle High-Yield-Vehikel an, und 2002 hat Calamos den ersten von mehreren geschlossenen Multi-Asset-Fonds aufgelegt, die sich durch eine dynamische Kombination festverzinslicher Wertpapiere mit anderen Anlageklassen auszeichnen.

IPE Institutional Investment: Was hat Sie persönlich 2016 bewogen, zu Calamos Investments zu gehen?
Freund: An Calamos reizte mich der visionäre Ansatz im Asset-Management – die Bereitschaft, sich von der Herde zu lösen und Chancen zu erkennen, die die anderen möglicherweise übersehen. Nach fast 30 Jahren Investmenttätigkeit unter den verschiedensten Marktbedingungen bin ich überzeugt, dass man die anderen nur übertrifft, indem man anders denkt als sie. Calamos steht schon immer für unkonventionelles Denken – von den Wandelanleihenportfolios in den 1970er Jahren, als noch kaum jemand diese Anlageklasse richtig verstand, bis zur Auflegung eines der ersten Liquid Alternative U.S. Mutual Funds in den 1990er Jahren. Mir gefiel auch, dass Calamos auf weiteres globales Wachstum setzt, insbesondere im Festzinsbereich und in Europa.
2016 hat John Calamos John Koudounis als unseren Chief Executive Officer an Bord geholt. Mit seiner Vision und umfassenden Erfahrung im Festzinsbereich eröffnet John Koudonis Calamos die Chance, die sich in den globalen Märkten bietenden Chancen zu nutzen, zum Beispiel das zunehmende Interesse an risikogesteuerten Fixed-Income- und Alternative-Strategien. Ich finde es wirklich spannend, an diesem Kapitel unserer globalen Wachstumsstory mitzuschreiben. Dieses Jahr haben wir bereits vier OGAW-Festzinsfonds aufgelegt, die jeweils unterschiedliche Bedürfnisse in Bezug auf Asset-Allokation und Risikotoleranz bedienen.

IPE Institutional Investment: Können Sie uns einige der Hauptpunkte nennen, in denen sich Calamos’ Ansatz im Fixed-Income-Bereich von der Konkurrenz abhebt?
Freund: Wir betrachten jede Anleihe einzeln, auf Grundlage des Fundamental-Research. Dabei achten wir auf zweierlei: einen guten Ausgleich für die von uns eingegangenen Risiken sowie niedrige Handelskosten. Gelingt es uns, höher rentierende Wertpapiere zu finden und auch die Kosten niedriger zu halten, so bedeutet das höhere Erträge für die Anleger. Außerdem sind wir in der Lage, spezifische Risiken zu diversifizieren, was meiner Erfahrung nach entscheidend dazu beiträgt, dass unsere Portfolios auf Dauer weniger volatil sind als die unserer Konkurrenz. Natürlich haben wir auch die makroökonomischen Aspekte im Blick, doch den Großteil unserer Zeit verwenden wir auf die einzelnen Anlagen. Nach diesem Ansatz arbeite ich schon seit Jahrzehnten – und durch alle Kredit-, Konjunktur-, Markt- und Zinszyklen hindurch. Einer der Hauptvorzüge unseres Ansatzes ist, dass er als Grundpfeiler einer Fixed-Income-Allokation dient, aber auch bestehende Allokationen in Makro- oder „Closet Index“-Fixed-Income-Strategien ergänzen kann. Beim Closet-Indexing, das sich an einem Index orientiert, ohne diesen jedoch genau nachzubilden, sind viele kleine Anlageentscheidungen zu treffen. Solche Strategien setzen den Anleger der Volatilität der Benchmark und wahrscheinlich auch übermäßiger Diversifizierung aus. Es gibt kaum Spielraum, durch die Wertpapierauswahl Wertsteigerungen zu erzielen. Während beim Closet-Indexing das Problem in der übermäßigen Diversifizierung liegen kann, ist es bei den Makromanagern genau umgekehrt: Ihnen fällt es schwer, eine ausreichende Diversifizierung zu erzielen, weil es im Festzinsbereich nur wenige Hebel gibt, an denen ein Makromanager ansetzen kann. Hier geht es vor allem um Duration, Währung, Sektoren (zum Beispiel Mortgage Bonds im Gegensatz zu Anleihen), Renditekurve und Zinssätze.

IPE Institutional Investment: Wie würden Sie Ihre Handelsphilosophie beschreiben?
Freund: Wir sind Anleger, die aus Überzeugung kaufen – und ihre Anlagen kaufen und halten. Die Kunden profitieren davon, dass wir unnötige Transaktionskosten vermeiden. Schließlich geht es ja nicht darum, wie hoch der Gewinn ist, sondern wie viel davon einem bleibt. Wir sehen uns jede einzelne Anleihe genau an. Deshalb gelingt es uns besser, die Umsatz- und Transaktionskosten gering zu halten. Makromanager setzen bei ihren Investments häufig auf einen bestimmten Katalysator und hoffen darauf, dass es Liquidität gibt, wenn sie aus der Anlage aussteigen wollen. Das ist aber unter Umständen gar nicht so einfach, wenn man auf derselben Marktseite ist. Und selbst wenn der Handel möglich ist, können sich besonders hohe Transaktionskosten ergeben. Anders als den Makromanagern geht es uns nicht darum, Katalysatoren nachzujagen.

IPE Institutional Investment: Wie managen Sie die Duration?
Freund: Auf lange Sicht ist erfolgreiches Timing bei auf die Duration setzenden Anlagen so gut wie unmöglich. Allgemein besteht Einigkeit darüber, dass die Zinsen steigen werden. Viele Manager, die nun schon seit fast einem Jahrzehnt auf den Zinsanstieg setzen, haben deshalb schlecht abgeschnitten. Wir vermeiden Positionen, mit denen wir vor allem auf die Duration setzen. Moderate Positionen sind uns da lieber als Extrempositionen. Allgemein, und das entspricht auch meiner Grundüberzeugung, bevorzuge ich recht enge Durationsbänder, mit Abweichungen gegenüber der Benchmark von bis zu einem Jahr, meistens sogar von nicht mehr als einem halben Jahr. Die Duration ist nur einer dieser bereits erwähnten Makro-Hebel. Extremere „All-in“-Durationspositionen können höhere Handelskosten und Liquiditätsanforderungen nach sich ziehen.

IPE Institutional Investment: Können Sie ein Beispiel dafür geben, wie sich Ihr Denken von dem anderer unterscheidet?
Freund: Ich denke, dass es für Portfolioaufbau und Risikomanagement von Vorteil ist, wenn das Anlageuniversum weiter gefasst ist. Unser Anlageprozess hat die Benchmark im Blick, ohne jedoch dadurch eingeengt zu werden. Wenn wir durch unser eigenes Credit-Research auf eine – unserer Meinung nach – „beste Idee“ stoßen, dann sind wir nur zu gern bereit, diese Anlage erheblich überzugewichten. Umgekehrt sind wir überall dort, wo uns die Kreditrisiken nicht angemessen kompensiert erscheinen, stark untergewichtet; einige Titel halten wir gar nicht. Je nach den Parametern der betreffenden Strategie setzen wir auf opportunistische Anlagen außerhalb der Benchmark, auch in Anlageklassen außerhalb des traditionellen Festzinsbereichs. Bei passender Gelegenheit setzen wir u. U. wandelbare Wertpapiere, Exchange Traded Funds, Vorzugsaktien und Aktien ein, um das Risiko-Rendite-Verhältnis zu verbessern und das Liquiditätsmanagement zu unterstützen.

IPE Institutional Investment: Wie schätzen Sie die Aussichten für höher rentierende Anleihen ein?
Freund: Insgesamt denke ich, dass viele höher rentierende Wertpapiere recht optimistisch bewertet sind – da darf bei den Unternehmen nichts mehr schief gehen. Gerade vor diesem Hintergrund halte ich unseren auf einzelne Anlagen abstellenden Ansatz für besonders wertvoll. Wir sind nicht darauf angewiesen, dass „die steigende Flut alle Boote zum Schwimmen bringt“. Selbst in Wirtschaftszweigen, die sich weniger großer Beliebtheit erfreuen, zum Beispiel im Einzelhandel, bei Spezialpharmazeutika und in der Telekommunikation, gibt es noch gute Anlagechancen. Man muss nur wissen, wo man sie findet. Darüber hinaus prägt dieser Ansatz aber auch, wie wir opportunistische High-Yield-Anlagen in unsere Investment-Grade-Portfolios einbauen. Je nach Marktumgebung kann es durchaus sein, dass unser Team ausgewählte High-Yield-Anlagen einsetzt, um das Risiko-Rendite-Verhältnis der Strategie insgesamt zu verbessern. Auch dabei berücksichtigen wir sehr genau die Fundamentaldaten. So achten wir zum Beispiel auf konsistenten freien Cashflow, die Kapitalstruktur und die Performance des Unternehmens im Vergleich zu seiner Konkurrenz.

IPE Institutional Investment: Wo sehen Sie die wichtigsten Chancen in den globalen Festzinsmärkten?
Freund: Zurzeit sehe ich die vor allem in den US-Märkten. Obwohl die Federal Reserve die Zinsen angehoben hat, hat es am langen Ende der Strukturkurve keine großen Ausschläge gegeben. Das hat einige überrascht, doch dafür gibt es eigentlich keinen Grund. Viele denken, dass die Zinsen am kurzen und am langen Ende wahrscheinlich gleichzeitig steigen werden, doch solche parallelen Verschiebungen der Zinsstrukturkurve sind in der Vergangenheit eher selten vorgekommen. Ich denke, dass die US-Renditen die Talsohle wohl erst in der nächsten Rezession erreichen werden, welche wohl nicht unmittelbar bevorsteht. Außerdem denke ich, dass die Zinsanhebungen wie auch der angekündigte Einstieg der Fed in die Bilanznormalisierung nur langsam von statten gehen werden. Kurz gesagt: Die Wirtschaftslage ist nicht so, dass ein aggressiveres Vorgehen der Fed geboten wäre. Auch Zentralbanken in anderen Teilen der Welt haben inzwischen ihre Absicht angedeutet, künftig eine weniger lockere Politik zu betreiben; diese Absichten haben sich jedoch noch nicht in signifikanten Änderungen der Geldpolitik niedergeschlagen. Vor diesem Hintergrund dürften die Renditen in den USA wahrscheinlich auch künftig attraktiver sein als in anderen Industrieländern mit hoher Qualität und Liquidität, etwa in Japan, wo die 10-Jahres-Zinsen nach wie vor negativ sind, oder in vielen der europäischen Länder.

IPE Institutional Investment: Matt, könnten Sie die Gründe, die heute für eine Festzinsanlage sprechen, für uns abschließend zusammenfassen?
Freund: Die Anleger dürfen nicht vergessen, dass es nur drei Gründe gibt, die für eine Festzinsanlage – oder jede andere Art von Anlage – sprechen: Die Anlage muss kostengünstig sein, Ertrag bieten oder andere Portfoliopositionen absichern. Es gibt auch heute Sektoren, die kostengünstig sind, doch viele der guten Nachrichten hat der Markt bereits eingepreist. Aus heutiger Sicht ist „günstig“ daher nicht das Hauptargument für diese Anlageklasse. Angesichts der Alternativen ist jedoch der Ertrag, den ein aktiv gemanagtes Anleihenportfolio bieten kann, ein überzeugender Grund. Außerdem denken wir, dass Anleihen auch künftig eine gute Absicherung gegen unvorhergesehene Marktereignisse und Turbulenzen darstellen werden.

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R. Matthew Freund, CFA, ist Co-Chief Investment Officer, Head of Fixed Income Strategies, Senior Co-Portfolio Manager.
Freund kam im November 2016 zu Calamos, nachdem er seit 2010 als Chief Investment Officer–USAA Investments bei der USAA Investment Management Company tätig gewesen war. Dort, wo ihm mehr als 75 Anlagespezialisten für die verschiedensten Anlageklassen unterstellt waren, verwaltete er ein Gesamtvermögen von mehr als 140 Mrd. US-Dollar. Unter seiner Leitung wurde USAA 2014 und 2004 als Lipper’s Best Fixed Income Large Fund Group ausgezeichnet. Darüber hinaus verwaltete er verschiedene Anleihenportfolios und war von 1994 bis 1999 Director of Fixed Income Research. In dieser Position war er für ein Team von 20 Research-Spezialisten verantwortlich. Bevor er zu USAA ging, arbeitete Matt Freund als Senior Investment Analyst bei der Metropolitan Life Insurance Company—Capital Markets Group, wo er unter anderen dafür zuständig war, fundierte Analysen des internationalen Anlagegeschäfts der MetLife zu erstellen. Auch Medien und andere Stellen – z. B. Wall Street Journal, CNBC, Bloomberg TV und Radio, Forbes, Reuters und das Milken Institute – bitten ihn häufig um seine Lageeinschätzung. Matt Freund erwarb seinen MBA an der Indiana University, wo er Finanzwissenschaft mit Schwerpunkt Investment studierte. Seinen BA-Abschluss erwarb er am Franklin and Marshall College im Hauptfach Rechnungswesen.

Auf den derzeitigen Marktbedingungen basierende Meinungen, Schätzungen, Prognosen und Aussagen über Finanzmarkttrends geben unsere Einschätzung wider und unterliegen unangekündigten Änderungen. Die hierin beschriebenen Ansichten und Strategien sind nicht unbedingt für alle Anleger geeignet. Soweit Anlageklassen und Finanzmärkte genannt werden, dient dies lediglich der Veranschaulichung; derartige Bezugnahmen sind nicht als Empfehlungen gedacht und auch nicht als solche zu verstehen. Risiken im Zusammenhang mit Festzinspapieren und wandelbaren Wertpapieren: Der Wert eines Wertpapiers wird durch Zinsänderungen beeinflusst, wobei der Anlagewert bei steigenden Zinssätzen sinkt und bei sinkenden Zinssätzen steigt. Auch die Kreditwürdigkeit des Emittenten und andere Faktoren können Auswirkungen auf den Anlagewert des Wertpapiers haben.
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