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Analyse: Schnelleres Gewinnwachstum treibt Aktienkurse

Studie belegt Zusammenhang zwischen „Earnings Acceleration“ und Überrendite von Unternehmen

Ted Harlan

Xiaoping Zhang

Der fundamentale Zusammenhang zwischen der Kursentwicklung einer Aktie und dem Unternehmensgewinn ist hinreichend beschrieben – sowohl von der Finanzwissenschaft als auch von den Praktikern des Portfoliomanagements. Was jedoch noch relativ wenig untersucht ist, ist die Frage, ob auch ein immer schnelleres Gewinnwachstum einen Unterschied macht gegenüber kontinuierlichen Wachstumsraten.

Zwei neuere Studien haben den Zusammenhang zwischen der „Earnings Acceleration“ und den Renditen untersucht. In einer Studie über US-Unternehmen stellten Cao, Myers und Sougiannis (2011)¹ fest, dass die Gewinnbeschleunigung Informationen vermittelt, die für die Vorhersage künftiger Gewinne nützlich sind. Shuoyuan He und Narayanamoorthy (2020)² fanden für US-Unternehmen ebenfalls Belege dafür, dass die Gewinnbeschleunigung mit Überrenditen verbunden ist. Was bislang fehlte, war der Blick auf das Investmentuniversum der globalen Aktien sowie die Analyse, welche Merkmale für Anleger bei der Portfoliokonstruktion von praktischem Nutzen sein könnten.

Unser Research-Team hat nun in einer eigenen Studie nachgewiesen, dass der Trend des Wachstums des Gewinns je Aktie (Earnings per Share, EPS) vom Markt nur langsam richtig eingepreist wird. Deshalb bietet die Konzentration auf die „Earnings Acceleration“ tatsächlich die Chance für Überrendite und kann zugleich zur Diversifizierung eines breiteren Aktienportfolios mit traditionelleren Engagements beitragen.

Dabei haben wir die Gewinnbeschleunigung gemessen als die Differenz in der jährlichen Wachstumsrate (CAGR) der gemeldeten EPS-Zahlen zwischen den folgenden drei Jahren und den vorherigen zwei Jahren.

Unsere empirische Analyse zeigt, dass es umso wahrscheinlicher ist, dass die Aktie über einen Zeitraum von ein bis drei Jahren besser abschneidet als die entsprechende Benchmark, je schneller die Erträge eines Unternehmens wachsen. Wie die Abbildung zeigt, lieferten Aktien im MSCI ACWI-Universum, die eine Gewinnbeschleunigung aufweisen, tendenziell positive Überschussrenditen auf Einjahres-, Zweijahres- und Dreijahresbasis. Umgekehrt sind Aktien mit rückläufigen Gewinnen in jedem Zeithorizont mit negativen Überschussrenditen – also einer Underperformance gegenüber dem Index – verbunden. Ebenso war es wahrscheinlicher, dass die Aktien, deren Erträge sich schneller beschleunigten, im Laufe der Zeit im Durchschnitt höhere Überschussrenditen erzielten. Die positive Auswirkung der Gewinnbeschleunigung auf die Performance scheint sich über die Zeit jedoch abzuschwächen, da die annualisierte Outperformance über den längeren Bewertungshorizont geringfügig kleiner wird. Allerdings gilt sie über verschiedene Markzyklen (seit 2002), Sektoren und Regionen hinweg.



Was die Marktzyklen angeht, schwankt der Anteil der Unternehmen mit „Earnings Acceleration“ im Zeitverlauf – von einem Tiefstand von 17% im Jahr 2006 bis zu einem Höchststand von 47% im Jahr 2010. Nach der Finanzkrise von 2008 zum Beispiel erlebten mehr Unternehmen – vor allem aus dem Finanzsektor – eine Erholung ihrer Gewinne.

Dies spiegelt sich auch in der Sektorenbetrachtung wider. Im Durchschnitt reichte der Anteil der Unternehmen mit einer Gewinnbeschleunigung von 5,2% im Energiesektor und 5,4% im Immobiliensektor bis zu 16,5% bei den Finanzwerten. In der Gesamtbetrachtung stellen wir aber trotzdem fest, dass es keine maßgebliche Konzentration von Unternehmen mit einer Gewinnbeschleunigung in einem oder einigen wenigen Sektoren gibt.

In Bezug auf regionale Unterschiede haben wir den MSCI Europe ex-UK, den MSCI USA, den MSCI Emerging Markets und den MSCI Japan untersucht. Die Daten belegen einen Zusammenhang zwischen Gewinnbeschleunigung und Outperformance der Aktienkurse in jeder wichtigen Aktienregion: Aktien mit einer höheren Gewinnbeschleunigung übertrafen überall ihre Konkurrenten. Unter den vier Regionen scheinen Aktien aus den Schwellenländern am meisten von der Gewinnbeschleunigung zu profitieren, obwohl auch US-amerikanische, europäische und japanische Aktien in den Dezilen mit höherer Gewinnbeschleunigung besser abschneiden.

Es zeigt sich darüber hinaus, dass das Auswahlkriterium der „Earnings Acceleration“ auch davor schützt, dass ein Portfolio im untersten Dezil mit der schlechtesten Performance landet.

Und schließlich haben wir auch den Zusammenhang der „Earnings Acceleration“ mit drei gängigen Faktoren analysiert: Momentum, Value und Size. Wenn die Gewinnbeschleunigung mit einem dieser Faktoren signifikant korreliert ist, würde ein Engagement in diesen Faktoren in diesem Fall nicht unbedingt die Wertentwicklung steigern. Mit anderen Worten: Die zusätzliche Performance, die auf die Gewinnbeschleunigung zurückzuführen ist, wäre minimal.

Um die Beziehung zu bestimmen, haben wir den Datensatz zunächst in die Gruppen der Gewinnbeschleunigung und der Gewinnverlangsamung aufgeteilt und messen den Mittelwert für jeden Faktor. Wenn es einen bedeutsamen Zusammenhang zwischen der Gewinnbeschleunigung und anderen Faktoren gibt, würden wir einen bemerkenswerten Unterschied in den Mittelwerten der Faktoren zwischen den Beschleunigungsgruppen feststellen.

Von den drei Faktoren steht die Gewinnbeschleunigung in keinem Zusammenhang mit den Faktoren Momentum oder Size. Die Beziehung zwischen Gewinnbeschleunigung und dem Faktor Value (gemessen am Kurs-Buchwert-Verhältnis) ist statistisch signifikant und leicht positiv. Wir glauben, dass diese Ergebnisse darauf hindeuten, dass das mit der Gewinnbeschleunigung verbundene Alpha unabhängig von eventuell vorhandenen Momentum- und Größenfaktoren ist. Die leicht positive Beziehung zwischen Gewinnbeschleunigung und Value deutet darauf hin, dass das mit der Gewinnbeschleunigung verbundene Alpha über die Growth- und Value-Sektoren des Universums verteilt sein könnte, wobei die Value-Sektoren etwas häufiger vorkommen.

Letztlich ist die Korrelation mit den Faktoren jedoch so gering, dass eine an der Gewinnbeschleunigung ausgerichtete Aktienauswahl ein zusätzliches Diversifikationspotenzial gegenüber einem breit nach verschiedenen Faktoren angelegten Aktienportfolio ermöglicht.

Insgesamt kommen wir zu dem Schluss, dass die Erkenntnisse zur „Earnings Acceleration“ den Anlegern praktische Vorteile bieten können, um sowohl die Aktienrenditen als auch die Portfoliodiversifizierung zu verbessern.

¹ Cao, Ying, Linda A. Myers, and Theodore Sougiannis; “Does Earnings Acceleration Convey Information?” Review of Accounting Studies Vol. 16, No. 4;
² He, Shuoyuan, and Ganapathi S. Narayanamoorthy, “Earnings Acceleration and Stock Returns.” Journal of Accounting and Economics Vol. 69, No. 1.)

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*) Ted Harlan, Portfoliomanager, und Xiaoping Zhang, Senior Quantitative Researcher, American Century Investments