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„In der heutigen Zeit gewinnen Investitionsmöglichkeiten die einen nachhaltigen, und sozialen Charakter haben immer mehr an Bedeutung“

Der Friedensnobelpreis 2006 an Muhammad Yunus, Gründer der Grameen Bank in Bangladesh, war gleichzeitig auch ein Ritterschlag für so genannte Mikrokredite, die bereits vielen Existenzgründern in Entwicklungsländern den Sprung in ein besseres Leben ermöglicht haben und unter dem Stichwort „Hilfe zur Selbsthilfe“ stehen. Dass Mikrokredite – nicht nur im Kontext der Socially Responsible Investments - auch für die Investorenseite eine geeignete Investitionsmöglichkeit sein können, zeigt die Stadtsparkasse Düsseldorf, die gemeinsam mit der Bank im Bistum Essen einen entsprechenden Fonds aufgelegt und selbst bereits 10 Mio. Euro investiert hat. Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Christoph Flohr, Generalbevollmächtigter bei der Stadtsparkasse Düsseldorf, über das Projekt.

Institutional Investment: Herr Flohr, Mikrofinanz-Kredite dürften spätestens seit dem Nobelpreisträger 2006 Muhammad Yunus auch in Deutschland bekannter sein, als noch vor einiger Zeit. Lassen Sie uns dennoch zum Einstieg nochmals auf das Konzept zu sprechen kommen...
Christoph Flohr: Bei der Mikrofinanz geht es im Prinzip darum, Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern die finanzielle Möglichkeit zu eröffnen, ihr tägliches Leben durch Arbeit selbst zu gestalten und zu entwickeln, in dem ihnen über spezialisierte Mikrofinanzinstitute Geld für eine Geschäftsidee in Form von kleinen und kurzfristigen Krediten zur Verfügung gestellt wird. Hierbei handelt es sich bewusst um Kredite, die in kurzen Intervallen amortisiert werden müssen und ihnen so die Selbstkontrolle über ihre Geschäftstätigkeit zu ermöglichen.

Institutional Investment: Könnten Sie unseren Lesern ein konkretes Beispiel eines Mikrofinanz-Darlehens und dessen Verlauf bzw. Erfolg vor Ort geben?
Christoph Flohr: Durch den responsAbility Mikrofinanz-Fonds wird zum Beispiel einer Mikrofinanzinstitution (MFI) in Peru ein Darlehen von 500.000 USD gewährt. Diese nutzt die Refinanzierung, um ihren Kunden, den lokalen Mikrounternehmer(innen) Kredite zu gewähren. In Peru sind dies Kredite in der Höhe von rund 500 bis 2.000 USD. Die Kreditnehmer sind z.B. ein Fischer, der ein neues Netzt erwerben will oder eine Näherin, die den Kredit verwendet, um Faden und Stoffe für die Produktion der neusten Kollektion einzukaufen. Die regelmäßige Berichterstattung der MFI zu spezifischen sozialen Indikatoren ermöglicht dem Fonds die Wirkung wie, z.B. verbesserte Wohnsituation, bessere Ernährung, Bildung und Gesundheit von Kreditnehmern zu verfolgen.

Institutional Investment: Oftmals werden die Kreditkonditionen für die Darlehensnehmer vor Ort als Wucher bezeichnet. Es stehen Zinssätze von 40% und mehr p.a. im Raum. Können Sie dies konkretisieren bzw. klarstellen?
Christoph Flohr: Der Hauptgrund ist, dass die Vergabe von kleinen Krediten teuer ist. Sie verursachen einen zum Betrag überproportional großen administrativen Aufwand. Ein Kredit von 100 USD muss in gleichem Maße überprüft, besucht, begleitet und auch buchhalterisch erfasst werden wie ein Kredit von 10.000 USD. Es können sehr schnell Kosten von 25 USD entstehen, was als absoluter Betrag nicht viel ist, jedoch im erst genannten Fall 25% des Gesamtvolumens ausmachen kann.
Es muss auch unter unternehmerischen Gesichtspunkten ein Ziel sein, die MFI als stabile Unternehmen (als Bank) aufzubauen, damit diese sich über Jahre nachhaltig weiterentwickeln können. Dies sichert dann längerfristig die Versorgung der Endkunden mit Bankdienstleistungen und letztendlich auch die vom Fonds vergebenen Kredite.
Aufgrund des positiven Effektes auf ihre Einkommenssituation können die Kunden der MFI in der Regel problemlos die für die Deckung der hohen Transaktionskosten benötigten Zinsen bezahlen. Das Hauptproblem aus Sicht der Kunden in Entwicklungsländern ist somit nicht die Zahlung von Zinsen oder die Rückzahlung des Kapitals, sondern der immer noch sehr beschränkte Zugang zu Kredit. Da dieser Zugang für sie eine so hohe Bedeutung hat, sind auch die Rückzahlquoten in gut geführten MFI äusserst hoch (95 – 100%).

Institutional Investment: Socially Responsible Investments wird auch in Deutschland immer mehr zum Anlagethema. Wie sieht bei Ihrem Produkt die Bilanz aus „Guter Tat“ und „Rendite“ aus?
Christoph Flohr: Mit einer Investition von 5.000 Euro erreichen wir ca. 10 Kreditnehmer und 20 Familienmitglieder, denen ganz konkret geholfen werden kann. Als Rendite für den Investor gehen wir von ca. 4,5 bis 5 % p.a. in Euro aus.

Institutional Investment: Lassen Sie uns noch genauer auf den Fonds eingehen. Wie sehen Sie diesen am Markt positioniert und wer unterstützt Sie im Kontakt zu den Banken in den Entwicklungsländern, also den Darlehensgebern?
Christoph Flohr: Der responsAbility Mikrofinanz-Fonds ist einer der wenigen am deutschen Markt überhaupt erhältlichen reinen Mikrofinanzprodukte. Ab einer Minimalinvestition von 1.000 Euro kann bereits investiert werden. Der Investment Manager, responsAbility Social Investment Services AG in Zürich, eine führende Institution im Social Investment Bereich mit über 300 Mio. USD verwalteten Mikrofinanz-Investitionen, gewährleistet den direkten Kontakt mit den MFI.

Institutional Investment: Von welchem potenziellen Marktvolumen sprechen wir überhaupt im Mikrofinanz-Sektor?
Christoph Flohr: Das Potenzial ist sehr groß. Die Mehrheit der Mikrounternehmer hat noch immer keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen. Es wird geschätzt, dass von den rund 1,5 Mrd. potenziellen Mikrofinanzkunden heute gerade mal 100 Mio. bedient werden. Gemäß Schätzungen von CGAP (Consultative Group to Assist the Poor, Anm. d. Redaktion) beträgt das Volumen der ausstehenden Kredite heute 17 Mrd. USD, die potenzielle Nachfrage wird auf rund 100 bis 300 Mrd. USD geschätzt. Diese wird einerseits via Fremdkapital, anderseits in zunehmendem Maß auch durch Spareinlagen und via lokalen Bankenmarkt bedient. Die durchschnittlichen Wachstumsraten von MFI sind sehr hoch, eine Tendenz die weiter anhalten wird.

Institutional Investment: Würden Sie auch Interesse bei Investoren in Deutschland unterstellen?
Christoph Flohr: Ein Produkt, welches sich Investorenseitig nicht nur an kirchlich-karitative Unternehmen richtet, trifft mit den zwei Komponenten, finanzielle und soziale Rendite bestimmt den Nerv vieler Investoren. In der heutigen Zeit gewinnen Investitionsmöglichkeiten die einen nachhaltigen, und sozialen Charakter haben nicht nur bei uns als Sparkasse immer mehr an Bedeutung. Natürlich hat die Vergabe des Friedensnobelpreises geholfen, das Thema Mikrofinanzkredite bekannter zu machen, aber es bleibt weiter eine Herausforderung dieses Thema zu den Investoren zu tragen.

Institutional Investment: Wo sehen Sie derzeit noch Stolpersteine im Vertrieb?
Christoph Flohr: Aktuell ist dieser Fonds nicht zum öffentlichen Vertrieb in Deutschland zugelassen. Dies bedeutet, wir können nur mit den uns bekannten Kunden oder wenn Investoren eine direkte Anfrage an uns richten, über diesen Publikumsfonds sprechen.

Institutional Investment: Steht zu hoffen, dass die Überarbeitung des InvG hier Abhilfe schafft?
Christoph Flohr: Wir sind zuversichtlich, mit der Unterstützung unseres Vertriebspartners, der Bank im Bistum Essen und auch mit tatkräftiger Hilfe des BKU (Bund katholischer Unternehmer, Anm. d. Redaktion) und anderer Unternehmen (auch aus der Fondsbranche) dieses Thema platziert zu haben. Es bleibt zu hoffen, das im überarbeiteten InvG zukünftig Investitionsmöglichkeiten in diese Art von Anlagen zugelassen werden.

Institutional Investment: Korrelation dürfte bei Mikrofinanzkrediten auch ein gutes Stichwort sein. Immerhin dürfte hier die Ausfallrate nun gar nichts mit Subprime-Krisen oder schlechten Börsenphasen in Verbindung stehen...
Christoph Flohr: Das ist richtig. Die momentane Finanzkrise zeigt keinen Einfluss auf die Rückzahlung der Mikrokredite. Mikrofinanz-Fonds mit bereits jahrelangen Investitionen konnten jeden Monat positive Renditen erzielen und dies ist auch heute nicht gefährdet. Somit korrelieren Mikrofinanzanlagen kaum mit herkömmlichen Finanzmärkten.

Institutional Investment: Herr Flohr, zusammenfassend gefragt: Was sind für Sie die drei wesentlichen Punkte für ein Investment im Bereich Mikrofinanz?
Christoph Flohr: Die direkte Hilfe zur Selbsthilfe für Menschen in unterprivilegierten Regionen der Welt, die Investition mit Rendite und überprüfbarer Wirkung vor Ort sowie die bereits angesprochene, von üblichen Finanzanlagen abgekoppelte Entwicklung der Investition

Institutional Investment: Wagen Sie eine Prognose für den Markt in drei Jahren?
Christoph Flohr: Der Markt wird sich weiter dynamisch im hohen zweistelligen Prozentbereich entwickeln. Zunehmend werden professionelle Anleger und Banken sich der Thematik widmen. In Zusammenhang mit den Millennium Development Goals der UNO, wird der Mikrofinanzmarkt zu einem wichtigen Katalysator zu einer nachhaltigen Reduktion der Armut auf der Welt.

Institutional Investment: Besten Dank für diese ausführlichen Informationen.