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„Viele derzeitige Kurse von Banktiteln beruhen zu 90% auf Psychologie und nur zu 10% auf Fakten“

IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Philippe Chaumel, General Partner, Co-Head of Balanced and Equity Management bei Rothschild & Cie., über den Status Quo an den Finanzmärkten und den Ausblick für Finanzwerte.

Philippe Chaumel

IPE Institutional Investment: Monsieur Chaumel, es ist aktuell für Aktienmanager kein schönes Szenario. Wir diskutieren über bondlastige Themen wie Eurorettung, Staatsverschuldung und den möglichen Ausfall von Sovereigns, aber letztlich ist der Aktienmarkt der große Verlierer. Wie sehen Sie die Situation auf der Allokationsebene?
Chaumel: In der Tat hat der Aktiensektor mehr oder minder die komplette Hysterie am Markt abbekommen. Mittlerweile sehen fast alle Branchen billig aus, ein Sachverhalt der nur selten gegeben ist. Wenn man die Möglichkeit hat, sollte man sich auf dem aktuellen Niveau definitiv umsehen. Für Investoren wie wir, die asymmetrische Investments mit einem deutlichen Potenzial nach oben und einem eingeschränkten Risiko nach unten suchen, sind dies gute Kurse.

IPE Institutional Investment: Dennoch – Sie stimmen mir zu, dass kurzfristig das Risiko nicht gebannt ist?
Chaumel: Natürlich kann angesichts der hohen Volatilität im Markt kurzfristig noch einiges passieren. Wir sehen allerdings das Risiko für ein Double-Dip-Szenario als sehr gering an, die Wirtschaftsdaten für Q3 und Q4 werden das meines Erachtens auch bestätigen. Daher rechne ich für die kommenden Monate mit einer Beruhigung an den Märkten und auf Sicht von sechs bis zwölf Monaten mit deutlich höheren Kursen.

IPE Institutional Investment: Speziell einer Ihrer Favoriten, der Finanzsektor hätte diese auch dringend nötig…
Chaumel: Das ist für mich in der Tat eine der größten Fehlallokationen, die der Markt in den vergangenen Wochen vorgenommen hat. Hier hat die Angst der Investoren mehr als deutliche Spuren hinterlassen. Schauen sie sich nur die Buchwerte der Banken an, BNP ist so ein Beispiel, oder auch verschiedene spanische Banken. In dem Sektor gibt es zahlreiche Werte, die für mich auf dem aktuellen Niveau ein glasklarer Kauf sind. Die Kurse beruhen hier auf 90% Psychologie und nur zu 10% Fakten.

IPE Institutional Investment: Keine Angst vor Ausfällen in den Handelsbüchern durch eine Staatspleite von Griechenland?
Chaumel: Die Bestände in den Büchern sind definitiv beherrschbar bzw. wurden soweit abgeschrieben oder verkauft.

IPE Institutional Investment: Welche weiteren Sektoren stehen bei Ihnen oben auf der Liste?
Chaumel: Ich würde mir alle zyklischen Branchen mit einem Fokus auf Europa anschauen. Hier wurde die letzten Wochen am stärksten abgegeben. Ich erwarte hier im Umkehrschluss die stärkste Erholung. Zumal, da wiederhole ich mich, die Fundamentaldaten auf makroökonomischer Ebene stimmen und außerdem die Unternehmen besser denn je dastehen.

IPE Institutional Investment: Sie werben im Rahmen Ihrer Investmentstrategie mit dem „Contrarian Approach“. Sehen Sie sich aktuell damit sehr einsam?
Chaumel: Zunächst einmal – wir sind nicht Contrarian um Contrarian zu sein. Dennoch hilft solch ein Blick, den an den Börsen oft herrschenden Herdentrieb zu umgehen und sich eine klare Meinung bilden zu können. Dass Sie damit dann auch manchmal alleine stehen, ist klar.

IPE Institutional Investment: Eine letzte Frage zum Thema Aktieninvestments. Werden Gruppen wie High-Frequency-Trader und das zunehmend kurzfristige Denken institutioneller Investoren Investmentstrategien hier langfristig verändern?
Chaumel: Ich denke schon. Ob der Trend gesund ist, überlasse ich der Denke Ihrer Leser, aber für langfristige Strategien, die auf Fundamentaldaten beruhen, und ebenso ausgerichteten Investoren wird das Leben dadurch sicher nicht leichter.

IPE Institutional Investment: Zu guter Letzt eine Frage abseits der Aktienmärkte. Wo sehen Sie Value im Fixed Income-Sektor – wenn ich Sie richtig verstanden habe ganz sicher nicht bei den Sovereigns?
Chaumel: Sie haben mich richtig verstanden. Ich sehe mittelfristig keinen Mehrwert in der Hatz auf die vermeintliche Sicherheit. Anschauen kann man sich dagegen durchaus wieder verschiedene Corporates, deren Spreads seit Ende Juli wieder gestiegen sind. Telefonica ist so ein Beispiel. Auch Convertibles können einen interessante Einstiegsvariante in den billigen Aktienmarkt für Investoren mit einem hohen Sicherheitsbedürfnis sein.

IPE Institutional Investment: Philippe Chaumel, vielen Dank für diese Bewertung.



Im Rahmen einer kleinen Serie spricht Frank Schnattinger, Chefredakteur von IPE Institutional Investment mit CIOs und Portfoliomanagern von Partnergesellschaften von max.xs über den aktuellen Status und die Aussichten verschiedener Märkte bzw. Assetklassen. In der nächsten Folge Mitte Oktober: Ein Gespräch mit Richard Zellmann, Geschäftsführer bei First Private.