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Position: Ein neues Ausfallparadigma für europäische Hochzinsanleihen

Ende 2020 haben wir fünf Faktoren genannt, die den europäischen Markt für Hochzinsanleihen in der Zukunft stützen werden; ein wesentlicher Punkt war der Trend zu geringeren Ausfallquoten. Obwohl sich europäische Hochzinsanleihen seit dem Tiefpunkt der COVID-Krise bereits stark erholt haben, erwarten wir auf mittlere bis längere Sicht eine weitere Einengung der Spreads. Unsere proprietären Analysen zeigen, dass mehrere Faktoren zur Entwicklung eines neuen „Ausfallparadigmas“ geführt haben, das es den Emittenten ermöglicht, ihre Kapitalkosten zu senken und die Laufzeiten ihrer Kreditinstrumente zu verlängern.

Jonathan Butler, PGIM Fixed Income

Steve Logan, PGIM Fixed Income

Während des Höhepunkts der COVID-Krise Mitte 2020 haben wir für den europäischen Hochzinssektor eine Bottom-up-Ausfallanalyse durchgeführt. Damals kamen wir zu dem Schluss, dass die Zahlungsausfälle in den nächsten 24 Monaten deutlich unter 3% bleiben würden, weit unter dem Konsens. Die meisten Marktbeobachter konzentrierten sich damals auf einen Top-Down-Ansatz und ließen weitgehend außer Acht, wie stark einzelne Unternehmen von geld- und fiskalpolitischen Konjunkturmaßnahmen profitieren werden. In der Zwischenzeit hat sich die wirtschaftliche Erholung in Europa gefestigt, die Unternehmensgewinne haben positiv überrascht und die fundamentale Situation der Unternehmen hat sich verbessert. Um herauszufinden, wie sich Veränderungen auf unsere frühere Analyse zur Ausfallquote von Unternehmen auswirken, haben unsere Kreditanalysten die Untersuchung kürzlich wiederholt.

Weiterhin unter dem Konsens
Der methodische Ansatz der Analyse ist relativ einfach – auf der Grundlage des makroökonomischen und unternehmerischen Umfelds geben die Analysten an, welche Kredite in ihrem Anlageuniversum in den nächsten 12 Monaten ausfallen könnten. Sie deckt aber mit 95% des Referenzindexes ein sehr breites Spektrum an Kreditinstrumenten ab. Die jüngsten Ergebnisse deuten auf eine Ausfallquote von 1,0% in den nächsten 12 Monaten hin, was unter den Konsensschätzungen liegt und die niedrigste Quote seit mehr als einem Jahrzehnt wäre.¹

Zum Vergleich: die Ausfallrate der vergangenen zwölf Monate erreichte im November 2020 einen Höchststand von 5,06% und lag im Juni 2021 nach Angaben von Moody's Investors Service bei 4,00%. Moody's geht davon aus, dass die Ausfallquote in den nächsten 12 Monaten auf 2,16% sinken wird, also bei mehr als dem doppelten unserer Prognose liegen wird (sh. Abb. 1).

Abb.1: Wir erwarten die niedrigste Ausfallrate seit mehr als einem Jahrzehnt


Quelle: Moody's Investors Service, Ausfallrate der vergangenen zwölf Monate, Stand: Juni 2021

Viel Unterstützung
Die seit Beginn der Pandemie ergriffenen und stark koordinierten geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen umfassten negative Leitzinsen, quantitative Lockerung, gezielte Hilfskredite, Steuererleichterungen, Entschädigungsprogramme und Kurzarbeitergeld. Deutschland hat beispielsweise mehr als 10 Mrd. Euro an staatlichen Mitteln bereitgestellt, um betroffene Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten für bis zu 70% ihrer Umsatzeinbußen (Basis: November 2019) zu entschädigen.

Darüber hinaus haben diese Unterstützungsmaßnahmen die Liquidität auf den Kapitalmärkten erhöht, was den Unternehmen eine Rekapitalisierung ermöglichte, was nicht zwangsläufig durch Fremdkapital erfolgen musste. Unternehmen in einigen der am stärksten betroffenen Sektoren, zum Beispiel in den Branchen Glücksspiel, Reisen und Freizeit, nahmen zunächst Eigenkapital auf, als die Kapitalmärkte Mitte 2020 wieder aus ihrer Schockstarre erwachten. Mit der Unterstützung von Eigenkapital- und Kreditgebern konnten die Unternehmen ihre Liquidität verbessern, ihre Schulden zu niedrigeren Zinssätzen refinanzieren und ihre Fälligkeitsprofile verlängern. Infolgedessen sank der durchschnittliche Kupon auf dem europäischen Hochzinsmarkt seit Ende 2019 um fast 50 Basispunkte auf sein aktuelles Niveau von etwa 3,50% (Stand: Ende Juli 2021), und auch die Laufzeiten verlängerten sich (sh. Abb. 2).

Abb. 2: Hochzinsemittenten verlängern Laufzeiten


Quelle: Morgan Stanley, LCDComps Stand: August 2021

Fonds, die in notleidende Kredite investieren, haben 2020 in erheblichem Umfang Kapital aufgenommen. Dieses Kapital kann bereitgestellt werden, um Unternehmen bei der Vermeidung von Zahlungsausfällen zu unterstützen bzw. um Vermögenswerte nach Zahlungsausfällen zu kaufen. Der Aufkauf von Vermögenswerten nach Zahlungsausfällen verbessert die Erlösquote der Gläubiger und mindert die Ausfallkosten. Unsere Ausfallanalyse ergab für die nächsten zwölf Monate eine Erlösquote von 47,5%, was im Vergleich zu den historischen Durchschnittswerten von ca. 35-40% recht hoch ist.

Auch die geschäftliche Situation der Unternehmen hat sich verbessert, seitdem die Lockdowns beendet wurden. Das EBITDA erholt sich nach einem Rückgang um 15% allmählich wieder, und die Gesamtverschuldung steigt nicht weiter an. Dies unterstreicht, in welchem Umfang die Bilanzen der Unternehmen repariert wurden – etwa 50% der im ersten Halbjahr 2021 begebenen Anleihen im Wert von 64 Mrd. Euro (etwa doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum) bestanden aus Refinanzierungs- und Rekapitalisierungstransaktionen. Durch die positive Entwicklung des freien Cashflows hat das Verhältnis zwischen freiem Cashflow und der Verschuldung den höchsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt erreicht (sh. Abb. 3).

Abb. 3: EBITDA-Wachstum stabilisiert sich, das Verhältnis von freiem Cashflow zur Verschuldung erreicht den höchsten Stand seit zehn Jahren


Quelle: Morgan Stanley Research, Unternehmensdaten von Bloomberg. Stand: August 2021

Diese Faktoren haben im Zusammenspiel die Zahl der notleidenden Kredite auf ein Minimum gesenkt. Ende Juni wurden nur acht Anleihen unter einem Kassakurs von 80 gehandelt, was einem Anteil von 0,40% am europäischen Hochzinsmarkt ausmacht. Bezogen auf die Spreads wurden nur 20 Anleihen, d.h. 1,1% des Marktes, mit Spreads von über 1.000 Basispunkten gehandelt.

Auf kürzere Sicht wird unser Optimismus vor allem durch das Risiko impfresistenter COVID-Mutanten und durch die Sorge einer übertriebenen Straffung der Geldpolitik angesichts von Inflationsängsten gedämpft. Dennoch glauben wir, dass der europäische Hochzinsmarkt angesichts dieser Kombination beständiger fundamentaler Faktoren robust bleiben wird.

Vergleichsweise hohe Bewertungen sind ein weiteres kurzfristiges Problem, längerfristig wird eine aktive Wertpapierselektion aber weiterhin Wertpotenziale erschließen können, insbesondere in Marktsegmenten, in denen das neue Paradigma geringer Ausfallquoten noch nicht eingepreist ist.

¹ Basierend auf einer 12-monatigen rückwirkenden Basis

Dieses Material stellt die Ansichten des Verfassers mit Stand 2. August 2021 dar und wird ausschließlich zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt. Quelle(n) der Daten (soweit nicht anders angegeben): PGIM Fixed Income.

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*) Jonathan Butler, Head of European Leveraged Finance, Co-Head of Global High Yield und Steve Logan, European Leveraged Finance Portfolio Manager

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