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„Mit Impact-Fonds das Trilemma aus Rendite, Risiko und Nachhaltigkeit verstehen und ausbalancieren“

„Impact Investing ist nicht nur eine philanthropische Aktivität, sondern auch eine strategische Entscheidung, die langfristig zu einer nachhaltigeren und gerechteren Welt beitragen kann“, sagt Jens Kummer, Referent beim 208. Hedgework in Frankfurt. Er sieht keinen Widerspruch zwischen dem Wunsch, Positives zu bewirken und gleichzeitig eine angemessene Rendite zu erzielen.

Jens Kummer

Hedgework: Herr Kummer, viele Anleger möchten mit ihren Investments neben der Rendite auch eine Wirkung erzielen, einen Impact. Wie definieren Sie Impact?
Kummer: Impact ist die positive Veränderung, die ein Investment in einer bestimmten Region, Branche oder Gesellschaft bewirkt. Impact kann anhand verschiedener Kriterien gemessen werden, wie zum Beispiel der Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze, der Verringerung von Treibhausgasemissionen, der Verbesserung der Gesundheitsversorgung oder der Förderung von Bildung. Impact Investing ist eine Form des verantwortungsvollen Investierens, die darauf abzielt, neben einer finanziellen Rendite auch einen messbaren sozialen oder ökologischen Nutzen zu erzielen. Impact Investing kann in verschiedenen Anlageklassen erfolgen, wie zum Beispiel Aktien, Anleihen, Private Equity oder Immobilien. Zugleich ist Impact Investing aber nicht nur eine philanthropische Aktivität, sondern auch eine strategische Entscheidung, die langfristig zu einer nachhaltigeren und gerechteren Welt beitragen kann.

Hedgework: Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht Impact-Fonds am Markt?
Kummer: Eine ziemlich wichtige, da sie zu einer positiven Veränderung in verschiedenen Bereichen wie Klimaschutz, Gesundheit, Bildung oder Kreislaufwirtschaft beitragen und aufstrebende und vielversprechende Segmente mit attraktiven Renditechancen für Anleger erschließen, zum Beispiel im Sektor Erneuerbare Energien. Impact-Fonds sind also nicht nur eine nachhaltige Geldanlage, sondern auch eine innovative und wirkungsorientierte Anlagestrategie, die sowohl für Anleger als auch für die Gesellschaft einen Mehrwert schafft.

Hedgework: Würden Sie sagen, dass die Relevanz von Impact-Investments zunimmt, und weshalb?
Kummer: Definitiv – und zwar aus mehreren Gründen: Erstens gibt es eine wachsende Nachfrage von Anlegern, die neben einer finanziellen Rendite auch eine positive Wirkung auf die Gesellschaft und die Umwelt erzielen wollen. Laut einer Umfrage von UBS haben 72% der Anleger weltweit Interesse an nachhaltigen Geldanlagen, und 39% davon sind an Impact-Investments interessiert. Zweitens gibt es eine wachsende Erkenntnis, dass Impact-Investments nicht nur ethisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll sind. Viele Studien zeigen, dass Impact-Investments eine vergleichbare oder sogar höhere Rendite als traditionelle Anlagen erzielen können, und dass sie oft widerstandsfähiger gegenüber Marktschwankungen sind. Drittens gibt es eine wachsende Innovation von Finanz- und Analyseinstrumenten, die Impact-Investments ermöglichen und messen. Zum Beispiel gibt es immer mehr Plattformen, Datenbanken und Indikatoren, die Anlegern helfen, die Wirkung ihrer Anlagen zu verstehen und zu vergleichen. Ein Beispiel dafür ist das Impact Management Project (IMP), eine globale Initiative, die einen gemeinsamen Rahmen für die Definition, Messung und Kommunikation von Impact bietet.

Hedgework: Welche Rolle spielen darunter Private Markets?
Kummer: Private Markets sind ein wichtiger Teil des Impact-Investing-Marktes, da sie Anlegern Zugang zu innovativen und wirkungsstarken Unternehmen und Projekten bieten, die oft nicht an öffentlichen Börsen gehandelt werden. Private Markets umfassen verschiedene Anlageklassen, wie zum Beispiel Private Equity, Private Debt, Infrastruktur oder Immobilien – und diese bieten verschiedene Vorteile für Impact Investing: Sie ermöglichen eine höhere Kontrolle und Einflussnahme auf die Zielunternehmen oder -projekte, da die Anleger oft direkte Beziehungen zu den Managern oder Betreibern haben. Sie erlauben eine größere Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die spezifischen Bedürfnisse und Ziele der Anleger und der Zielgruppen, da die Anlagestrategien und -bedingungen individuell gestaltet werden können.

Hedgework: Somit überwiegen die Vorteile bei Private-Market-Investments?
Kummer: Private Markets sind eine attraktive Option für Anleger, die neben einer finanziellen Rendite auch eine messbare positive Wirkung erzielen wollen. Allerdings erfordern Private Markets auch eine höhere Due Diligence, einen längeren Anlagehorizont und eine bessere Wirkungsmessung als liquide Märkte. Daher ist es wichtig, sich auf erfahrene und vertrauenswürdige Partner zu verlassen, die über das nötige Know-how und Netzwerk verfügen, um erfolgreiche Impact-Investments in Private Markets zu identifizieren, auszuwählen und zu managen.

Hedgework: Oftmals ist der Impact nur schwer oder sogar gar nicht zu bemerken. Wie lässt sich das messen?
Kummer: Das ist eine gute Frage. Die erschwerte Wirkungsmessung liegt daran, dass der Impact von vielen Faktoren abhängt, die nicht immer direkt oder kurzfristig sichtbar sind. Zum Beispiel kann der Impact von einem Investment in erneuerbare Energien erst nach Jahren oder Jahrzehnten anhand der Verringerung von Treibhausgasemissionen oder der Verbesserung der Lebensqualität der Menschen gemessen werden. Außerdem kann der Impact von anderen Einflüssen überlagert oder verfälscht werden, die nichts mit dem Investment oder dem Projekt zu tun haben. Zum Beispiel kann der Impact von einem Investment in Bildung durch politische, soziale oder wirtschaftliche Veränderungen beeinflusst werden.

Hedgework: Aber dennoch werden Impacts ja gemessen.
Kummer: Sicherlich. Um den Impact möglichst systematisch und transparent zu messen, gibt es einige Rahmenwerke, die international anerkannt sind und als Leitlinien dienen können. Ein Beispiel ist das bereits erwähnte Impact Management Project, das eine Systematik beschreibt, um jedes Impact-Projekt unter fünf Gesichtspunkten zu durchleuchten und zu beschreiben. Ein anderes Beispiel sind die Operating Principles for Impact Management (OPIM), die eine Leitlinie für die Methodik von Impact Messung darstellen. Sie bestehen aus neun Prinzipien, die sich auf fünf Schwerpunkte konzentrieren. Diese Rahmenwerke können helfen, den Impact besser zu messen und zu kommunizieren. Allerdings gibt es noch keine allgemein gültigen Standards oder Metriken für die Impact Messung – auch deshalb ist es wichtig, sich auf erfahrene und vertrauenswürdige Partner zu verlassen.

Hedgework: Was raten Sie Anlegern, die sich enttäuscht von Impact-Investments abwenden wollen, eben weil sie keinen Impact sehen können?
Kummer: Ich verstehe, dass diese Anleger frustriert sind. Ich möchte ihnen jedoch raten, nicht aufzugeben, sondern sich folgende Punkte vor Augen zu halten: Der Impact ist oft nicht sofort oder direkt sichtbar, sondern erst nach einer gewissen Zeit oder in einem größeren Kontext. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht existiert oder nicht wichtig ist. Zum Beispiel kann ein Investment in eine Schule in einem Entwicklungsland erst nach Jahren zu einer Verbesserung der Bildung, der Beschäftigung und der Armut führen. Der Impact ist oft nicht einfach oder eindeutig zu messen, sondern erfordert eine systematische und transparente Methodik. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht nachweisbar oder nicht vorhanden ist. Der Impact ist oft nicht isoliert oder unabhängig zu betrachten, sondern in Beziehung zu anderen Einflüssen oder Alternativen. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht relevant oder signifikant ist. Zum Beispiel kann ein Investment in erneuerbare Energien einen größeren Impact haben als ein Investment in fossile Brennstoffe, wenn man die Treibhausgasemissionen, die Klimaveränderungen und die Lebensqualität der Menschen berücksichtigt.

Hedgework: Ein anderes Problem ist, wenn der angestrebte Impact zu Lasten der Rendite geht. Wie beurteilen Sie dies?
Kummer: Das ist eine berechtigte Frage. Viele Anleger haben die Sorge, dass Impact Investing zu Lasten der Rendite geht, da es oft mit höheren Kosten, Risiken oder Einschränkungen verbunden ist. Allerdings gibt es viele Studien und Beispiele, die zeigen, dass Impact Investing nicht nur ethisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist. Dafür gibt es einige Argumente.

Hedgework: Zum Beispiel?
Kummer: Impact Investing kann eine vergleichbare oder sogar höhere Rendite als traditionelle Anlagen erzielen, da es oft in aufstrebende und vielversprechende Segmente oder Regionen investiert, die einen hohen gesellschaftlichen oder ökologischen Bedarf adressieren. Impact Investing kann oft widerstandsfähiger gegenüber Marktschwankungen oder Krisen sein, da es auf langfristige und nachhaltige Werte setzt, die weniger anfällig für kurzfristige Trends oder Spekulationen sind. Es kann zu einer besseren Risikostreuung und Diversifikation beitragen, da es Zugang zu neuen oder unterrepräsentierten Anlageklassen oder Sektoren ermöglicht, die oft geringer mit den liquiden Märkten korreliert sind. Und schließlich kann Impact Investing zu einer besseren Reputation und Legitimität führen, da es das Vertrauen und die Zufriedenheit der Anleger, der Zielgruppe und der Öffentlichkeit erhöht. Diese Argumente zeigen, dass Impact Investing nicht nur eine positive Wirkung auf die Gesellschaft und die Umwelt hat, sondern auch eine attraktive Rendite für die Anleger bieten kann. Natürlich gibt es auch Herausforderungen und Trade-offs, die bei jeder Anlageentscheidung berücksichtigt werden müssen.

Hedgework: Wenn wir das auf Private-Markets-Investments beziehen, wo die Rendite aufgrund der langen Haltedauer noch viel anfälliger für externe Faktoren wie Refinanzierungskosten, Kostensteigerungen im Energiebereich oder Liefer- und Rohstoffschwierigkeiten sein dürfte, wie sieht das dann aus?
Kummer: Das ist richtig, Private Markets sind oft anfälliger für externe Faktoren, die die Rendite beeinflussen können. Das liegt daran, dass sie oft eine längere Haltedauer, eine geringere Liquidität und eine höhere Komplexität haben als liquide Märkte. Zum Beispiel können Investments in Infrastrukturprojekte von Refinanzierungskosten, Kostensteigerungen im Energiebereich oder Liefer- und Rohstoffschwierigkeiten betroffen sein. Allerdings gibt es auch Möglichkeiten, diese Risiken zu reduzieren oder zu kompensieren.

Hedgework: Können Sie das präzisieren?
Kummer: Ja, gern – etwa durch eine sorgfältige Due Diligence und eine fundierte Bewertung der Zielunternehmen oder -projekte, um ihre finanzielle, technische und rechtliche Machbarkeit zu prüfen. Durch eine diversifizierte Portfolio-Konstruktion und eine angemessene Allokation der Anlageklassen, Sektoren und Regionen, um die Abhängigkeit von einzelnen Faktoren zu verringern. Durch eine aktive Beteiligung und Einflussnahme auf die Zielunternehmen oder -projekte, um ihre Strategie, Governance und Leistung zu verbessern oder auch eine flexible Anpassung und Optimierung der Anlagestrategie und -bedingungen an die sich verändernden Marktbedingungen und -chancen. Nicht zuletzt wäre die transparente und regelmäßige Kommunikation und Berichterstattung über die Rendite- und Wirkungsziele und -ergebnisse an die relevanten Stakeholder zu nennen. Diese Möglichkeiten können dazu beitragen, die Rendite bei Investments in Private Markets zu erhöhen oder zu stabilisieren. Natürlich erfordern sie auch einen hohen Aufwand, eine langfristige Perspektive und eine kontinuierliche Anpassung an die sich verändernden Bedingungen und Erwartungen.

Hedgework: Wenn Sie einen Wunsch hätten, was Sie derzeit beim Investieren nach ESG bzw. Impact-Kriterien ändern würden. Was wäre dies?
Kummer: Ich würde mir ganz klar eine eindeutige, einfache und widerspruchsfreie Regulatorik wünschen, die sowohl für Anleger als auch für Anbieter von nachhaltigen Geldanlagen verständlich und anwendbar ist. Diese würde meiner Ansicht nach erheblich dazu beitragen, die Transparenz, die Vergleichbarkeit und die Glaubwürdigkeit von nachhaltigen Geldanlagen zu erhöhen und das Vertrauen der Anleger zu stärken. Außerdem würde eine solche Regulatorik vermeiden, dass ESG zu einem reinen Reporting-Thema verkommt, das nur formal erfüllt wird, ohne eine echte Wirkung zu erzielen. Ich denke, dass ESG ein wesentlicher Bestandteil der Anlagestrategie und -entscheidung sein sollte, der sowohl die finanzielle als auch die gesellschaftliche und ökologische Performance berücksichtigt.

Hedgework: Dem ist kaum zu widersprechen…
Kummer: Ich denke zudem, dass es wichtig ist, zunächst die Grundlagen für besseres Investieren zu schaffen, indem man das Trilemma aus Rendite, Risiko und Nachhaltigkeit versteht und balanciert. Ich bin überzeugt, dass es möglich ist, eine attraktive Rendite zu erzielen, ohne ein hohes Risiko einzugehen oder einen negativen Impact zu haben. Und vor allem glaube ich, dass es möglich ist, einen positiven Impact zu erzielen, ohne eine geringe Rendite akzeptieren oder ein hohes Risiko eingehen zu müssen. Allerdings ist es hierfür notwendig, sich auf erfahrene und vertrauenswürdige Partner zu verlassen, die über das nötige Know-how und Netzwerk verfügen, um erfolgreiche nachhaltige Geldanlagen zu identifizieren, auszuwählen und zu managen.

Hedgework: Danke für diese Einblicke.

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Jens Kummer, CFA, ist Chief Investment Officer (CIO) und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung bei FAROS. Er startete seine Karriere als Consultant bei KPMG in den 90er-Jahren. Später war er über viele Jahre Leiter Multi Asset und Produktmanagement bei der SEB. Als Portfoliomanager für systematische Aktienprodukte verantwortete er bis zu 4 Mrd. Euro und war geschäftsführender Gesellschafter der MARS Asset Management. Zuletzt war er im CIO-Office der Frankfurter Leben-Gruppe für die Umsetzung der Kapitalanlage, insbesondere den Ausbau des Private-Markets-Segments, zuständig. Kummer ist zudem auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der CFA Society Germany.