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Kommentar: GP-led-Secondaries verhelfen Sekundärmärkten zu neuen Höhenflügen

Nach einem Rekordjahr 2021 für den Secondaries-Markt haben die zunehmende Inflation, steigende Zinsen, der Russland-Ukraine-Konflikt sowie anhaltende Lieferkettenprobleme zu einer erheblichen Unsicherheit an den Kapitalmärkten im Jahr 2022 beigetragen. Die auch Anfang 2023 anhaltenden Störungen können sich jedoch als Katalysator für verstärkte Verkaufsaktivitäten sowie attraktivere Preise und Bedingungen für Sekundärmarktkäufer erweisen. Gerade für GP-led-Transaktionen schafft die Marktdynamik ein größeres Angebot an qualitativ hochwertigen, risikoärmeren Opportunitäten. Sie sind somit weiterhin ein wichtiger Treiber für künftiges Wachstum auf den Sekundärmärkten.

Martina Schliemann

GP-led-Transaktionen unterscheiden sich von traditionellen Sekundärmarktgeschäften, bei denen die Fondsinvestoren (Limited Partners, LPs) ihre Fondsanteile verkaufen und bei oftmals denen mehrere Manager und Unternehmen beteiligt sind. Im Gegensatz dazu werden GP-led-Transaktionen vom Fondsmanager (General Partner, GP) eines Private-Equity-Fonds initiiert, oft um einen oder mehrere seiner Fonds umzustrukturieren und den bestehenden LPs Liquidität zu verschaffen. Einige Marktteilnehmer haben in der Vergangenheit GP-led-Transaktionen als eine Möglichkeit für underperformende Fondsmanager zur indirekten Laufzeitverlängerung betrachtet. Das ist jedoch ein Verständnis, das auf die Anfänge des GP-led-Secondary-Markts vor mehr als zehn Jahren zurückgeht. Seitdem haben sich diese Transaktionen erheblich weiterentwickelt und werden nun von etablierten GPs als flexibles Mittel zum fortgesetzten Halten strategisch wichtiger Assets mit oftmals hoher Performance angesehen – indem ihnen mehr Zeit und Kapital für weitere Wertsteigerungen gewährt werden.

Die Transaktionen ermöglichen es GPs zudem, bereits investierten LPs die Option anzubieten, entweder die Performance der Assets zu realisieren und Liquidität zu erhalten oder wahlweise investiert zu bleiben. Dazu wird im Rahmen der Transaktion oftmals ein neu gegründetes Vehikel geschaffen, in das LPs reinvestieren können. In der Praxis haben sich GP-led-Transaktionen dahingehend entwickelt, dass sie allen Parteien eine praktikable Lösung zur Bewältigung aktueller Marktherausforderungen bieten und gleichzeitig den Liquiditätsbedürfnissen bereits investierter LPs direkt Rechnung tragen.

Auch wenn sich 2022 vieles geändert hat, sind wir der Meinung, dass der Secondaries-Markt weiterhin dynamisch bleibt und vor weiterem Wachstum steht. Das Transaktionsvolumen auf dem Secondaries-Markt erreichte 2021 laut Evercore („Secondary Market Survey Results“, Januar 2022) einen Rekordwert von 134 Mrd. US-Dollar und verzeichnete zwischen 2013 und 2021 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 23%. Im selben Zeitraum wuchs das GP-led-Segment mit 37% pro Jahr, das Volumen erreichte 2021 68 Mrd. US-Dollar. Einst eine kleine Untergruppe des gesamten Secondaries-Markts, ist der Anteil von GP-led-Transaktionen seit 2020 auf mehr als die Hälfte des Gesamtvolumens gestiegen (alle Daten aus Evercore Secondary Market Survey Results, January 2022).

Obwohl GP-led-Transaktionen naturgemäß maßgeschneidert sind und eine Vielzahl unterschiedlicher Strukturen annehmen können, handelt es sich bei der überwiegenden Mehrheit jedoch um die Schaffung eines neuen Vehikels, eines Fortsetzungsfonds („Continuation Fund“), der ein oder mehrere ausgewählte Unternehmen aus dem oder den bestehenden Fonds des GP erwirbt. Der Fortsetzungsfonds wird von demselben GP verwaltet und von neuen Investoren sowie von jenen LPs gezeichnet, die das Investment fortführen möchten. Das neugeschaffene Vehikel setzt praktisch die Fondslaufzeit zurück und erlaubt dem Fondsmanager zugleich eine neue Incentivierungsstruktur.

GP-led-Transaktionen können in ihrem Umfang stark variieren – von einem einzigen Asset bis hin zu Dutzenden von Unternehmen ist alles möglich. Während GP-led-Transaktionen seit 2020 mehr als 50% des jährlichen Secondaries-Volumens ausmachten, stieg der Anteil der Single-Asset-Transaktionen im Jahr 2021 auf fast die Hälfte der gesamten GP-led-Deals an. Das bietet sowohl GPs als auch LPs wertvolle Flexibilität für die aktive Verwaltung von Portfolios oder die Deckung von steigendem Liquiditätsbedarf.

Die Kombination aus Vorzügen und Erfordernissen für alle Beteiligten erklärt die zunehmende Akzeptanz von GP-led. Da die Volatilität an den Märkten gestiegen ist, sehen sich GPs zunehmend mit den Herausforderungen und Beschränkungen konfrontiert, die mit der in der Private-Equity-Branche üblichen zehnjährigen Fondslaufzeit verbunden sind. Viele GPs möchten ihr Engagement für ihre attraktivsten Portfoliounternehmen über diesen Zeitraum hinaus aufrechterhalten, um deren Wert zu maximieren – aber gleichzeitig auch die Liquiditätsanforderungen ihrer investierten LPs erfüllen.

Die LPs wiederum sehen sich ebenfalls mit zunehmend volatilen globalen Marktbedingungen sowie einem steigenden Liquiditätsbedarf konfrontiert. In einigen Fällen auch mit der Notwendigkeit, übergroße Allokationen an Private-Equity-Investments zu reduzieren. GP-led-Deals ermöglichen es ihnen, diese Herausforderungen zu meistern. Dabei nutzen LPs zunehmend die Auszahlungen, die mit GP-led-Deals einhergehen, um ihren Liquiditätsbedarf zu decken oder ihre Allokationen als Reaktion auf die Marktbedingungen neu zu gewichten.

Die gestiegenen Transaktionsvolumina für GP-led-Deals haben dem gesamten Secondaries-Markt zu neuen Höhenflügen verholfen. GP-led-Deals umfassen heutzutage mit die hochwertigsten Assets, die von den leistungsstärksten GPs in ihrem Spezialbereich gemanagt werden. Das Wachstum der GP-led-Deals ging mit einer Zunahme der Transaktionsgrößen einher: Im Jahr 2021 wurden laut Evercore mehr als 25 GP-led-Deals im Wert von jeweils mehr als 1 Mrd. US-Dollar abgeschlossen (Evercore: Secondary Market Survey Results, January 2022). Das rasante Wachstum des Markts und die zunehmenden Transaktionsgrößen führen zu mehr Möglichkeiten für Investoren.

Insgesamt gibt es heute weitaus mehr Gelegenheiten, in GP-led-Secondaries zu investieren, als Kapital verfügbar ist – insbesondere angesichts des Wunschs vieler Secondaries-Manager, innerhalb der Fondsstrategie ein hohes Maß an Diversifizierung zu gewährleisten. Das hat einige Manager dazu veranlasst, spezielle Kapitalpools zu bilden, die sich auf GP-led-Transaktionen oder andere Arten von Fortsetzungsvehikeln konzentrieren, um Marktopportunitäten zu nutzen und Assets mit passendem Risiko-Rendite-Profil zu allokieren.

Für erfahrene Akteure mit ausreichend Kapital ist der Secondaries-Markt ein Käufermarkt mit reichhaltigem Angebot. Aber nicht alle Deals sind gleich strukturiert, GP-led-Transaktionen alles andere als unkompliziert. So erfordern etwa das Sourcing und die Strukturierung eines neuen Deals ein hohes Maß an Expertise und Kontakten, um die sechs bis neun Monate durchzustehen, die es bis zum Abschluss braucht. Auch die Due-Diligence-Prüfung für GP-led-Transaktionen ist oftmals arbeits- und ressourcenintensiv und erfordert besondere Fähigkeiten, etwa um sicherzustellen, dass die Interessen aller Parteien in Sachen Preisgestaltung und Bewertung, Zeitplan, Vehikelstruktur und Marktbedingungen richtig aufeinander abgestimmt sind.

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*) Martina Schliemann, Principal, HarbourVest