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Kommentar Emerging Markets: Bei Anleihen weiterhin langfristige Chancen infolge der Schuldenkrisen in den USA und in Westeuropa

Weiter geht es in der monatlich erscheinenden Reihe mit Expertenkommentaren aus dem Hause DB Advisors zu Investmentmöglichkeiten in den Schwellenländern. Heute eine aktuelle Einschätzung über Chancen, Herausforderungen und die Bedeutung der wirtschaftlichen Entwicklung der Schwellenländer angesichts der makroökonomischen Situation in den Industriestaaten.

 

Dr. Nicolas Schlotthauer

Die Makroebene
Die Entwicklung der Emerging Market-Länder und deren Finanzmärkte wurde auch im Juli von den Ereignissen in den Industrieländern beeinflusst. Dazu zählten die Ergebnisse des letzten Treffens der EU-Staatschefs ebenso wie die anhaltende Diskussion um die Schuldenobergrenze sowie der fiskal-politische Kurs in den USA. Letzterer sorgte vorübergehend für eine eingetrübte Risikoneigung von Investoren, wobei sich dies bis dato kaum auf die Finanzmärkte von Emerging Market-Ländern auswirkte. Demgegenüber wurden die Nachrichten zum erweiterten Stützungspaket für Griechenland sowie den bevorstehenden Tausch von Anleihen per Saldo positiv aufgenommen.

Die makroökonomische Entwicklung in vielen Emerging Market-Ländern selbst zeigt sich weiterhin stabil und bestätigt damit die vorherrschenden Erwartungen an den Finanzmärkten. In einzelnen Ländern kam es zuletzt zu einer moderaten Abschwächung von real- wirtschaftlichen Indikatoren, bspw. in Malaysia. Dies war allerdings keine negative Überraschung, sondern ging einher mit dem vergleichbaren Trend bei der globalen Wirtschaftsentwicklung. Dementsprechend waren davon auch die Länder betroffen, die einen höheren Beitrag der Außenwirtschaft zum BIP aufweisen.

Hartwährungsanleihen
Der Index von Emerging Markets-Anleihen in USD erzielte im Juli eine Performance von 1,8%. Peru schaffte es an die Spitze der "Outperformer", nachdem der neue Präsident einen deutlich moderateren wirtschaftspolitischen Kurs als zuvor erwartet ankündigte. Daneben lieferten noch einige andere Länder mit positivem Wirtschaftsausblick einen besseren Ertrag als der Durchschnitt, z.B. in Chile, Indonesien, Südafrika. Wie in den vergangenen Monaten beinhaltete die Gruppe der "Outperformer" aber auch Staaten mit einer weniger stabilen Entwicklung und entsprechend niedrigerem Rating, wie  Nigeria, Philippinen, Sri Lanka. Der Großteil der Länder mit schlechterer Kreditqualität war jedoch in der Gruppe der „Underperformer" zu finden, z.B. Belize,  Elfenbeinküste, Irak, Jamaika,   Weißrussland. Außerdem erlangten einige fundamental gut unterstütze Emittenten im Juli weniger starke Wertzuwächse, so Litauen und Polen als der Gesamtindex.

Lokale Bondmärkte der Schwellenländer
Die lokalen Bondmärkte der Emerging Market-Länder lieferten im Juli einen deutlich positiven Ertrag. Dies ergab sich sowohl aus einer erfreulichen Entwicklung lokaler Anleihen als auch aus der vielfach sehr positiven Währungsentwicklung. Letzteres zeigte sich vor allem für Länder in Lateinamerika und Asien. Die Währungen dieser Märkte profitierten von der stärkeren Aufwertung des USD gegen EUR und vielfach zudem von ihrer eigenen guten Entwicklung gegenüber dem USD. In Lateinamerika erlitt allerdings der brasilianische Real zum Monatsende einen Rückschlag, nachdem die Zentralbank weitere restriktive Maßnahmen zur Eindämmung der Kapitalzuflüsse bekanntgab. Eine schlechtere Währungs-entwicklung innerhalb der Ländergruppe gab es  in Osteuropa. Die türkische Lira wurde vorübergehend von der Unsicherheit vieler Investoren über den geldpolitischen Kurs belastet. Demgegenüber litten der ungarische Forint und temporär auch der polnische Zloty unter der EUR-Schwäche sowie der volatilen Entwicklung in einigen westeuropäischen EU-Ländern.

Inflationstrend

Im Bereich der Geldpolitik und der Inflation ergibt sich weiterhin ein gemischtes Bild. Derzeit besteht nur in einigen Ländern mit ansteigenden Inflationsraten, wie in Brasilien und in China der Bedarf für einen restriktiveren Kurs in der Geldpolitik. Dies ist in China bereits seit längerer Zeit über verschiedene Instrumente der Geldpolitik zu beobachten. Daher ist hier auch nicht mit einer starken negativen Überraschung durch zukünftige Inflationszahlen zu rechnen. In vielen anderen Emerging Market-Ländern, bspw. Polen, gab es hingegen zuletzt bereits Äußerungen der jeweiligen Zentralbanken, die darauf hindeuteten, dass auf mittlere Sicht nur noch geringe Zinserhöhungen und schon bald ein Ende des Zinserhöhungszyklus zu erwarten sind. Schließlich sind auch einige bedeutende Schwellenländer zu beachten, in denen nach der globalen Finanzkrise. Noch gar keine Zinserhöhungen, z.B. in Mexiko und Südafrika oder nur einzelne Schritte, wie in Indonesien, vorgenommen wurden. In diesen Ländern besteht somit reichlich Handlungsspielraum für die Geldpolitik, auch wenn es die gegenwärtigen Inflationsraten nicht erfordern.

Fazit:
Den Einbruch der Aktienmärkte in den vergangenen Wochen, zunächst ausgelöst durch Spekulationen über eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor‘s, haben die Kurse der meisten Schwellenländer-Anleihen recht gut wegstecken können. Trotz der Unsicherheit an den globalen Finanzmärkten bleibt der positive Ausblick für Schwellenländer in Summe bestehen. Die gute Entwicklung der makroökonomischen Kennzahlen geht vielfach einher mit einer konsistenten Wirtschaftspolitik und einem guten Schuldenmanagement. Dies wird auch von den Ratingagenturen durch stetige Hochstufungen vieler Länderratings honoriert. Dadurch erhöht sich wiederum die Attrak-tivität von Emerging Market-Anleihen für globale Investoren. Aufgrund der jüngeren Ereignisse, getrieben u.a. von Rezessionssorgen in den USA, sind diese verstärkt auf der Suche nach Ländern mit guter Qualität.

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*) Dr. Nicolas Schlotthauer, Head of Emerging Markets Debt, DB Advisors (Kontakt: nicolas.schlotthauer(at)db.com bzw. +49 (69) 71 706 34 85).