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Kommentar Emerging Markets: Anleihen - Marktgeschehen geprägt von Risikoaversion

Der aktuelle Expertenkommentar aus dem Hause DB Advisors wirft einen Blick auf die Investmentmöglichkeiten in den Schwellenländern. Ein Großteil der Emerging Markets-Anleihen und -Währungen erlitt im September einen starken Rückschlag und lieferte einen negativen Ertrag. Dies wurde aber weniger durch die Entwicklung in den Ländern selbst getrieben. Stattdessen belasteten Abflüsse aus der Anlageklasse die Ertragsentwicklung.

Dr. Nicolas Schlotthauer

Die Makroebene
In den vergangenen Monaten herrschte bei Marktteilnehmern Konsens über die positive ökonomische Entwicklung zahlreicher EM-Länder. Umso unerwarteter kam der starke Rückschlag bei Anleihen und Währungen aus den Schwellenländern im  September. Insbesondere das Ausmaß der Abwärtsbewegung überraschte, nahm doch die Kurskorrektur bei einigen Bonds und Währungen eine Dimension an, wie es zuletzt in der Lehman-Krise im Herbst 2008 zu beobachten war.

Ein Grund für die Verwunderung über die jüngsten Marktbewegungen ist, dass sich die makroökonomische Lage vieler EM-Länder zuletzt nicht signifikant verschlechtert hat. Zwar ist ein negativer Einfluss durch das schwächere globale Wirtschafts-wachstum besonders bei kleinen, offenen Volkswirtschaften zu beobachten oder zu erwarten. Bei vielen Ländern sollte dies aber nicht zu einer massiven Abschwächung des Wirtschaftswachstums führen. Einerseits haben viele Regierungen im Staatshaushalt ausreichend Spielraum, um durch eine antizyklisch ausgerichtete Fiskalpolitik zu reagieren. Andererseits profitieren viele Länder von einer weiterhin stabilen Binnennachfrage, die ebenfalls stützend wirken wird. Darüber hinaus stellt die mögliche, moderate Wachstumsabschwächung in vielen Volkswirtschaften kein großes Risiko für den Staatshaushalt des jeweiligen Landes dar. Selbst ein Rückgang der Steuereinnahmen wäre in vielen Staaten ohne Schwierigkeiten zu verkraften.

Diese Punkte gelten selbstverständlich nicht für alle EM-Länder. In einigen Staaten ist die Verschuldung weiterhin überdurchschnittlich hoch, so z.B. in Ungarn oder in Libanon. In Venezuela stieg die Verschuldung zum BIP in den letzten Jahren sogar. Diese Länder sind daher anfälliger gegenüber exogenen Schocks.

Hartwährungsanleihen
EM-Anleihen in US-Dollar mussten im September einen starken Rückschlag hinnehmen und erzielten einen negativen Ertrag von 4,4%. Auch wenn sich Ecuador und Libanon insgesamt am besten entwickelten, so waren in der Gruppe der „Outperformer" doch hauptsächlich Länder mit guter Kreditqualität und stabilem Wirtschaftsausblick wie Chile, Panama, Polen, Südafrika und Malaysia vertreten. Mit Abstand am härtesten getroffen wurden Staaten mit niedrigem oder ohne Rating und schwacher ökonomischer Entwicklung: Argentinien, Weißrussland, Irak, Ukraine und die Elfenbeinküste. Daneben nahmen Investoren noch Gewinne bei einigen Emittenten mit, die in den Monaten zuvor sehr gute Erträge erzielt hatten, wie in Uruguay oder Indonesien. Insgesamt fielen aber die Kursverluste generell nicht so hoch aus wie bei anderen riskanten Anlageklassen.

Lokale Bondmärkte der Schwellenländer
Die lokalen Anleihemärkte von Emerging Markets erlitten im September ebenfalls einen stärkeren Rückschlag. Der Index brachte im Berichtsmonat einen Verlust von 5,1% (in Euro). Getrieben wurde diese Entwicklung von einem massiven Abverkauf bei einigen EM-Währungen. Der brasilianische Real und der südafrikanische Rand litten, besonders unter Verkaufsdruck, getrieben durch stärkere Bestands-reduzierungen ausländischer Investoren.  Daneben lief auch der ungarische Forint schwächer, hier belasteten zusätzlich die Sorgen über den fiskalischen Ausblick die Währung. Eine positive Entwicklung war auf der Währungsseite nur für einige Märkte zu beobachten, die sich stabil gegenüber USD entwickelten und dadurch von der Abwertung des EUR gegen die US-Währung profitierten, wie im Fall von Malaysia, Peru und Thailand.

Fazit:
Insgesamt lässt sich festhalten, dass für viele Anleihen von Emerging Markets die jüngste Entwicklung eine Übertreibung darstellt. Die Wirtschaftspolitik in vielen Ländern ist weiterhin ausgewogen und sorgt für eine stabile Entwicklung der Volkswirtschaft. Gleichzeitig haben sich Schuldenprofil und -stand in den letzten Jahren vielfach deutlich verbessert. Darüber hinaus zeigen sich auch Inflationsentwicklung und Geldpolitik — beides von Relevanz für die lokalen Anleihen — in einem stabilen Zustand. Angesichts dieses Gesamtbildes ist es insbesondere erstaunlich, dass auch USD-Anleihen von Emerging Markets-Ländern mit "Investment-Grade-Rating" im September teils stärkere Kursverluste hinnehmen mussten. Gerade in dieser Ländergruppe haben viele Regierungen durch eine ausgewogene Wirtschaftspolitik, durch eine Verbesserung der Schuldensituation sowie teilweise auch durch Akkumulieren von Vermögen, z.B. über „Sovereign Wealth Funds" für ein stabileres Fundament gesorgt. Dementsprechend sollte sich das Gros der Emerging Markets von den jüngsten Turbulenzen erholen und weiterhin gut entwickeln.


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*) Dr. Nicolas Schlotthauer, Head of Emerging Markets Debt, DB Advisors
(Kontakt: nicolas.schlotthauer(at)db.com bzw. +49 (69) 71 706 34 85).