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Kommentar: Absurdität des Computerhandels offeriert Investmentchancen

Auch nach nunmehr anderthalb Jahren zunächst schwelender und inzwischen eskalierender Verschuldungskrise erscheint eine Lösung der Schuldenproblematik weiter entfernt denn je. Das „Dahinwursteln“ der politischen – im Wesentlichen von nationalen Interessen gesteuerten - Akteure hat dafür gesorgt, dass neben der weiter ausufernden Verschuldung der europäischen Staaten nun auch die Banken infiziert worden sind.

Sönke Papenhausen

Im Zuge dessen haben sich auch die Sorgen um die weltweite konjunkturelle Entwicklung verstärkt. Im Umfeld dieser unübersichtlichen Gemengelage kannten insbesondere die europäischen Aktienmärkte kein Halten mehr. Im August fiel der deutsche Leitindex DAX um über 20% - der zweitgrößte Monatsverlust seit 50 Jahren. Im September gab der DAX in der Spitze um weitere 10% nach, so dass zwischenzeitlich ein Rückgang von rd. 35% innerhalb von gut sechs Wochen zu verzeichnen war.

Weniger die Abwärtsbewegung als solche, sondern vor allem die Geschwindigkeit des Kursverfalls gibt zu denken. Berücksichtigt man, daß heute über die Hälfte der Börsenumsätze über den Computerhandel getätigt werden (in den USA sogar knapp 70%) und das die den Algorithmen zugrundeliegenden Strategien sehr häufig Trendfolgemodelle sind, so wird schnell deutlich, dass diese sogenannten Algo-Trader als massive Trendverstärker fungieren. Konstatiert man darüber hinaus, dass zahlreiche Computerprogramme die Transaktionen ohne menschliches Zutun auslösen, so verwundert es nicht, dass fundamentale Betrachtungen insbesondere auf Mikroebene – also die Berücksichtigung von Unternehmenswerten - in solchen Phasen keine Rolle mehr spielen.

Der zu fatalen Verwerfungen führende „Kampf um die Millisekunde“ ist eine Absurdität, die nichts mehr mit der ursprünglichen volkswirtschaftlichen Funktion der Börsen zu tun hat. Die Fürsprecher des „High-Frequency-Tradings“ argumentieren stets mit der zur Verfügungsstellung von zusätzlicher Liquidität. Aber wen interessiert das? Doch wohl nur diejenigen, die diese Liquidität für Ihren sekündlichen Handel brauchen. Für den seriösen, typischerweise längerfristig orientierten Investor – ob privat oder institutionell – ist dies jedenfalls unbedeutend. Vielmehr wird ein solcher Investor jederzeit bereit sein, einige Basispunkte Transaktionskosten mehr zu bezahlen, wenn er dafür die regelmäßig wiederkehrenden, exorbitanten Volatilitäten nicht in Kauf nehmen muss. Im Ergebnis haben sich die früher als starke Hände bezeichneten Anleger ohnehin mit Grausen abgewendet. Die Kapitalsammelstellen verkraften die Volatilitäten nicht mehr, und der Private kann die Zockerei nicht mehr nachvollziehen. Kurz: Die Aktienkultur ist in weiten Teilen zerstört. Die größten Aktionäre bei den deutschen Großkonzernen stellen übrigens inzwischen die ETF-Anbieter – ein Desaster für die Unternehmen und diejenigen Aktionäre, die sich für ein Aktienengagement entschieden haben, weil es einen Anteil an einer guten Gesellschaft verbrieft – und nicht, weil es ein Indexgewicht von sieben Prozent hat.

Aber jedem Schlechten wohnt auch etwas Gutes inne. Dieser auf rein mathematischen Modellen basierende Unsinn (gesteigert durch den Hype in der ETF- und der Zertifikateindustrie) bietet große Chancen für diejenigen, die sich an fundamental guten Unternehmen zu günstigen Preisen beteiligen möchten.

Symptomatisch in Phasen starker Kurseinbrüche ist der Umstand, dass die Korrelation der einzelnen Aktienverläufe gegen Eins geht: Es fällt alles, häufig in ähnlichem Ausmaß – es gilt die Sippenhaft. Dies ist die Stunde der Stockpicker, die sich fundamental mit den zugrundeliegenden Unternehmen auseinandersetzen. Intensives Research vorausgesetzt, gehört der Value-orientierte Investor zu den Wenigen, die über detaillierte Kenntnisse wichtiger Parameter wie u.a. die Validität des Geschäftsmodells, Bilanzqualität, Marktstellung, Preissetzungsmacht und Managementqualität der Gesellschaft verfügen.

Nach erfolgter Prüfung und positivem Ergebnis muss nur der Preis noch stimmen. Nach dem erfolgten Anstieg der Börsen um über 100% seit dem Frühjahr 2009 stimmte dieser in vielen Fällen nicht mehr.

Aber – den Algo-Tradern sei Dank! – bietet Mr. Market (eine Schöpfung des Value-Investors  Warren Buffett, der damit die Ineffizienz der Börse umschreibt) hervorragende Unternehmen 30% günstiger an als noch vor wenigen Wochen und – wichtiger – sind diese teilweise deutlich unter Ihrem dem inneren Wert zu erwerben.

Im Rahmen der Unternehmensanalyse und -bewertung ist es ein großer Vorteil, dass seit der letzten Krise (oder besser: seit dem ersten Teil der aktuellen Krise) kaum drei Jahre vergangen sind.  Es lässt sich daher gut ableiten, wie sich die Unternehmen in dieser Zeit bewährt haben. Auch wenn sich Geschichte nicht exakt wiederholt, so lassen sich doch zahlreiche Rückschlüsse ziehen. Der letzte Zyklus hat gezeigt, dass sich die Kurse qualitativ guter und vergleichsweise krisenresistenter Unternehmen recht schnell wieder erholt haben – schneller als zyklische und intransparente Unternehmen mit Schönwetterkapitänen an der Spitze. Die Vernunft sollte sich auch dieses Mal wieder durchsetzen. Wie erwähnt: Auch wenn der Computerhandel aus übergeordneter Sicht dem Grund nach verboten gehört – für einige Anleger ist er eine Chance.


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*) Sönke Papenhausen ist Vorstand der capiton value management AG mit Sitz in Berlin. Die Gesellschaft investiert in deutlich unterbewertete börsennotierte Unternehmen, an denen sie fallweise Beteiligungen in signifikanter Höhe erwirbt und gemeinsam mit dem Management eine aktive Wertsteigerungsstrategie verfolgt. Der Fokus liegt dabei auf mittelständisch geprägten Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Weitere Infos finden Sie unter <link http: www.capitonvalue.de>www.capitonvalue.de

Vertriebspartner der capiton value management AG ist die hs. Financial Products GmbH. hsFP vertritt internationale und nationale Asset Manager mit unterschiedlichen Anlagephilosophien in Deutschland. Die hsFP betreut Vermögensanlagen von Versicherungen, Pensionskassen, Family Offices, Banken, Sparkassen und Industrieunternehmen.