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Invesco: Die Hälfte aller systematischen Investoren nutzt bereits KI

Eine Studie von Invesco zeigt, dass die KI-Revolution längst begonnen hat: Die Hälfte der befragten systematischen Investoren nutzt bereits künstliche Intelligenz im Investmentprozess und die Mehrheit (75%) geht davon aus, dass KI innerhalb eines Jahrzehnts genauso wichtig wie oder wichtiger als traditionelle Investmentanalysen sein wird. KI-Tools werden derzeit vor allem dazu genutzt, bessere Einblicke in Markttrends zu erhalten und Portfolioallokationen zu optimieren.

Bernhard Langer

Invesco hat die Ergebnisse seiner achten jährlichen Invesco Global Systematic Investing Studie vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Invesco Global Factor Investing Studie, die seit 2016 jährlich veröffentlicht wird. Die diesjährige Neupositionierung spiegelt die Veränderungen in der Welt des quantitativen Investierens wider und trägt der zunehmenden Nutzung weiterer quantitativer Methoden neben faktorbasierten Ansätzen Rechnung.

Für die Studie wurden 130 institutionelle Anleger und Wholesale-Investoren befragt, die zusammen ein Anlagevermögen von 22,5 Billionen US-Dollar verwalten. Wie die diesjährige Befragung zeigt, besteht unter den Investoren ein zunehmender Konsens darüber, dass ein systematisches Toolkit Anlegern helfen kann, wesentliche Herausforderungen wie volatile Märkte und Datendefizite zu adressieren.

Die Hälfte der für die Invesco Global Systematic Investing Studie (Link) befragten systematischen Investoren nutzt bereits künstliche Intelligenz (KI) im Investmentprozess, und nach allgemeiner Erwartung werden KI-Tools das Portfoliomanagement in den kommenden Jahren grundlegend verändern. So geht die Mehrheit der Befragten (62%) davon aus, dass KI in zehn Jahren genauso wichtig sein wird wie traditionelle Investmentanalysen; 13% glauben sogar, dass KI-Tools noch wichtiger sein werden.

Systematisch anlegende Investoren nutzen bereits KI-Technologien für verschiedene Kernfunktionen. KI-Tools werden verwendet, um das Marktumfeld besser zu verstehen und makroökonomische Wendepunkte zu erkennen: 46% der Befragten nutzen KI, um Muster im Marktverhalten zu erkennen, und 38% verwenden die neuen Technologien für die Portfolioallokation und das Risikomanagement. Dabei schätzen die Investoren insbesondere die Fähigkeit von KI, menschliche Voreingenommenheiten abzuschwächen und unerwartete Entwicklungen vorherzusagen. Sie gehen davon aus, dass sich KI-Tools in den nächsten Jahren immer mehr durchsetzen werden. Eine signifikante Minderheit der Befragten (29%) nutzt KI bereits für die Entwicklung und das Testen von Anlagestrategien, und die große Mehrheit (76%) plant, dies in Zukunft zu tun. Rund 20% der Anleger verwenden KI zur Echtzeit-Überwachung und -Anpassung von Anlagepositionen, und mehr als die Hälfte (55%) plant dies für die Zukunft.

Aus Sicht institutioneller Investoren sind genaue und zeitnahe Einblicke (78%) der größte Vorteil von KI-Tools, gefolgt von einem verbesserten Risikomanagement (74%) und einer erhöhten Effizienz und Automatisierung (68%). Die größten Sorgen dieser Investoren betreffen die Komplexität der Modelle (78%) sowie die Datenqualität und -vollständigkeit (51%).

„Die größte Herausforderung für institutionelle Investoren ist das Stakeholder-Management. Die Investoren müssen in der Lage sein, den Einsatz von KI-Modellen zu erklären und zu rechtfertigen, da ihre Stakeholder keine ‚Black-Box-Lösungen‘ mögen“, so Bernhard Langer, CIO, Quantitative Strategies bei Invesco. „Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI und die diesbezüglichen Rechenschaftspflichten sind weiterhin unklar.“

Aufstieg der NLP-Tools
Immer mehr Investoren nutzen die natürliche Sprachverarbeitung (Natural Language Processing, NLP) für unterschiedliche Zwecke wie die Zusammenfassung und Aufbereitung von Whitepapers, die Umwandlung von Empfehlungen in verständliche Sprache für Vertriebsteams und die Anpassung von Kommunikationen an verschiedene Kundengruppen.

Auch im Investmentprozess kommen NLP-Modelle vermehrt zum Einsatz. 41% der Befragten nutzen diese Tools bereits für die Stimmungsanalyse und rund drei Viertel (73%) wollen dies künftig tun. Mehrere Investoren berichten, dass sie mithilfe dieser Tools soziale Medien durchsuchen, um die vorherrschende Marktmeinung über Unternehmen zu ermitteln und die Häufigkeit von Erwähnungen sowie den zugehörigen Kontext zu messen, da dies wertvolle Erkenntnisse für die Bewertung von Risiken und kurzfristige Handelsentscheidungen liefere.

Asien-Pazifik und Nordamerika führend
Die Invesco-Studie zeigt jedoch erhebliche regionale Unterschiede in der Einstellung zu KI und NLP: So scheinen Investoren in der EMEA-Region (Europa, Mittlerer Osten, Afrika) KI deutlich skeptischer zu sehen als Anleger aus Asien-Pazifik (APAC) und Nordamerika.

In der EMEA-Region ist die Mehrheit (51%) der Investoren der Ansicht, dass KI traditionellen Analysemethoden in zehn Jahren immer noch nicht den Rang abgelaufen haben wird. Diese Meinung teilen nur 10% bzw. 7% der Anleger in Nordamerika und APAC. Umgekehrt glauben nur 4% der EMEA-Investoren, dass KI traditionelle Analysemethoden innerhalb dieses Zeitraums ersetzen wird, während in Nordamerika und APAC deutlich mehr Investoren dieser Ansicht sind (19% bzw. 20%)

Darüber hinaus sind Investoren in Nordamerika und APAC schon jetzt erheblich geneigter, KI-Tools in ihren Investmentprozessen zu nutzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass APAC-Anleger KI nutzen, um Muster im Marktverhalten zu erkennen oder Anlagepositionen in Echtzeit anzupassen, ist doppelt bzw. dreimal so hoch wie bei EMEA-Anlegern. EMEA-Investoren sind in Bezug auf jeden Aspekt der KI-Einführung weniger weit fortgeschritten als Investoren in Nordamerika und APAC.

Traditionell stehen faktorbasierte Ansätze im Mittelpunkt des systematischen Investierens. Wie die Invesco-Studie zeigt, nutzen Investoren seit einigen Jahren jedoch eine deutlich größere Palette an systematischen Strategien, um durch ein herausforderndes Marktumfeld zu steuern.

Tools zur Entschlüsselung des makroökonomischen Umfelds sind besonders wichtig geworden, und die Fähigkeit systematischer Ansätze, Marktrisiken zu mindern, war ein zentrales Thema der diesjährigen Studie: Die Mehrheit (63%) der Anleger gibt an, dass systematische Strategien ihnen im vergangenen Jahr geholfen haben, die Marktvolatilität zu bewältigen. Darüber hinaus sagen fast 60% der Befragten, dass das neue, von einer höheren Inflation geprägte Marktregime den systematischen Ansatz unterstützt. Nur 6% der institutionellen Investoren und 10% der Wholesale-Investoren stimmen dem nicht zu.

Für drei Viertel der Befragten ist die dynamische Asset Allokation zu einer Kernkomponente ihres Ansatzes geworden, die ihnen hilft, ihre Portfolios in Reaktion auf Veränderungen des Marktumfelds anzupassen und auf die Ausgangsgewichtung zurückzusetzen. Systematische Tools helfen Anlegern, das vorherrschende makroökonomische Umfeld sowie die Auswirkungen auf verschiedene Anlageklassen, Faktoren, Regionen und Sektoren zu identifizieren.

„Angesichts der jüngsten Herausforderungen fragen sich die Investoren, wie sie unerwartete Hindernisse überwinden können“, so Langer. „Die Befragten deuten an, nicht mehr nur auf faktorbasierte Ansätze setzen zu wollen, um ein besseres Verständnis der Märkte zu erlangen und zu ermitteln, wann bestimmte Anlageklassen besser performen als andere.“

Die ESG-Datenlücke schließen
Der Nutzen systematischer Ansätze beschränkt sich jedoch nicht auf Einschätzungen des makroökonomischen Umfelds; die Befragten schätzen systematische Strategien auch für ihren möglichen Beitrag zur Bewältigung ESG-bezogener Herausforderungen und vor allem der diesbezüglichen ‚Datenlücke‘.

Wie die Invesco-Studie zeigt, nutzen rund zwei Drittel der Befragten systematische Strategien, um ESG-Faktoren in ihren Portfolios zu berücksichtigen. Systematische Tools können Anlegern helfen, ESG-Variablen und -Kennzahlen zu entschlüsseln, was bedeutende Auswirkungen auf die Performance haben kann.

Etwa die Hälfte der Befragten ist der Ansicht, dass systematische Investmentansätze bei der ESG-Integration helfen können, wenn die Datenverfügbarkeit gering ist, und viele geben an, dass sie systematische Tools nutzen, um Unstimmigkeiten zwischen des ESG-Ratings verschiedener Ratingagenturen auszugleichen und eigene ESG-Bewertungen von Unternehmen aus Rohdaten zu entwickeln.

„Die Korrelationen zwischen den ESG-Ratings verschiedener Ratingagenturen sind gering, was natürlich daran liegt, dass dieser Markt noch nicht so ausgereift ist wie der Markt für Kreditratings. So haben wir auch festgestellt, dass die Investoren systematische Modelle nutzen, um die Qualität der verfügbaren Daten zu verbessern“, sagt Langer.

Über traditionelle Anlageklassen und Faktoren hinausgehende Ansätze
Die Invesco-Studie deutet auch auf einen wachsenden Konsens hin, dass der systematische Ansatz auf ein breiteres Spektrum von Anlageklassen angewendet werden kann als bisher angenommen.

Im Anleihen- und Aktienbereich haben sich systematische Modelle längst etabliert. Die höheren Renditen und die Abkehr von der quantitativen Lockerung haben jedoch dazu geführt, dass konventionelle makroökonomische Erwägungen bei der Bestimmung der Anlageerträge in verschiedenen Ländern und Sektoren wieder im Fokus stehen. Das erhöht die Attraktivität systematischer Strategien für Rohstoffe und Währungen: Obwohl nur ein Viertel der Befragten derzeit einen systematischen Ansatz bei Rohstoffanlagen verfolgt, betrachten 59% dies als einen wichtigen künftigen Ansatz.

Angesichts des neuen makroökonomischen Umfelds überdenken die Investoren auch die geläufige Wahrnehmung von Faktoren.

So betrachten vier von fünf Befragten ‚Growth‘ inzwischen als eigenständigen Faktor, obwohl sich ‚Wachstum‘ nach traditioneller akademischer Auffassung kaum genau definieren lässt. Die Investoren sehen Growth nicht als Gegenteil von Value oder umgekehrt. Stattdessen betrachten sie beide als eigenständige, zum Teil komplementäre Faktoren, wie die zunehmende Durchsetzung von nuancierten und gemischten Faktoren wie ‚Growth at a reasonable price‘ zeigt.

Link zur Studie