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Gastbeitrag: Woran es bei „Buy and Hold“ hakt

Anleger verwenden einen Großteil ihrer Zeit und Energie darauf, Investitionsmöglichkeiten zu identifizieren. Für den langfristigen Anlageerfolg ist es jedoch ebenso wichtig zu wissen, wann man verkaufen sollte. Denn der richtige Verkaufszeitpunkt kann einen ebenso großen Beitrag zur Performance leisten wie das Timing des Ankaufs.

Mark Baribeau

Für globale Growth-Investoren erfordert die fundamentale Bewertung eines Unternehmens ein detailliertes Verständnis der Wettbewerbsvorteile und des Wachstumspotenzials, insbesondere bei aufstrebenden Unternehmen. In der Regel dauert es lange, bis sich diese Vorteile entwickeln und verfestigen, was eine langfristige Perspektive erforderlich macht.

Allerdings sollte man diese langfristige Denkweise nicht fehlinterpretieren als Auftrag für klassisches „Buy and Hold“. Immerhin entwickeln und verändern sich die Wachstumstreiber regelmäßig und langlebige Growth-Unternehmen sind nicht ohne Grund eher die Ausnahme als die Regel.

Geringer Umschlag kann zerstörerisch sein
Bei der Vorhersage der Entwicklung von Wachstumsaktien ist der Markt oft entweder zu optimistisch, weil er glaubt, dass Bäume buchstäblich in den Himmel wachsen können, oder zu pessimistisch, weil er glaubt, dass die Renditen letztendlich zum Mittelwert zurückkehren werden. Aktien, die unter übermäßigem Optimismus leiden, müssen aussortiert werden, während Aktien, die unter übermäßigem Pessimismus leiden, zu langfristigen Gewinnern werden können und mit zusätzlichem Kapital unterlegt werden sollten. Aus diesem Grund verfolgt unser globales Aktienteam eben gerade keinen strikten „Buy-and-Hold“-Ansatz.

Ohnehin glauben wir nicht, dass ein geringer Portfolioumschlag eine Tugend an sich ist. Im Gegenteil: Je schneller sich die Welt verändert, desto eher kann er als Nachteil für eine langfristige Outperformance angesehen werden.

Die Fallstricke eines strikten „Buy-and-Hold“-Ansatzes werden deutlich, wenn man in die Vergangenheit blickt. So haben viele Wachstumslieblinge, die jahrelang Branchen dominierten, ihre Führungsposition schließlich verloren aufgrund neuer Technologien, neuer Wettbewerber oder eines neuen makroökonomischen Umfelds – siehe etwa Blackberry und Yahoo.

Die langfristig erfolgreichsten Unternehmen konnten und können sich selbst erneuern, weiterentwickeln und neu erfinden. Sie setzen eine hervorragende Geschäftsidee nach der anderen um und schaffen so eine starke Wachstumswelle nach der anderen. So hat etwa Mercado Libre, der größte Online-Marktplatz Lateinamerikas, seine Innovationsfähigkeit unter Beweis gestellt durch die Schaffung eines Ökosystems von zusätzlichen Produktangeboten rund um seine E-Commerce-Plattform, darunter Zahlungslösungen, Logistik, Finanzierung, Werbung und Softwaredienste.

Die Risiken eines zu frühen Verkaufs
Die Verkaufsdisziplin ist einer der komplexesten und am wenigsten verstandenen Teile des Investitionsprozesses. Wir verkaufen eine Position in erster Linie aus den folgenden drei Gründen - um attraktivere Investmentopportunitäten zu finanzieren, um Gewinne zu realisieren oder um eine Veränderung der Fundamentaldaten zu berücksichtigen, die unsere Anlagethese ändert. Klar ist: Großartige Wachstumsideen können über einen langen Zeitraum hinweg attraktive Renditen erwirtschaften. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass eine Verkaufsdisziplin die Risiken eines zu frühen Verkaufs ebenso berücksichtigt wie das Halten einer Aktie, nachdem ihre wichtigsten Wachstumstreiber gereift sind.

Mit Blick auf unser Portfolio werden wir oft gefragt, ob wir uns unserer Meinung nach dem Ende von vielen der aktuell aufregendsten Wachstumsstories nähern. Der meistdiskutierte Name ist dabei zweifellos Nvidia. Obwohl der Aktienkurs von Nvidia im vergangenen Jahr um fast 200% gestiegen ist, sind wir weiterhin optimistisch, da das Unternehmen derzeit unserer Ansicht nach die beste Möglichkeit ist, vom Investitionsboom in KI-Infrastruktur zu profitieren. Nvidia verzeichnete einen beispiellosen Umsatzanstieg im Bereich Rechenzentren von 15 Mrd. US-Dollar im Vorjahr auf geschätzte 90 Mrd. US-Dollar im nächsten Jahr. Außerdem treten wir mit der generativen KI in die vierte Ära der Datenverarbeitung ein, und die Investitionsmöglichkeiten zeichnen sich gerade erst ab.

Innovationen haben auch zu einem starken Anstieg der Aktienkurse von Leuchttürmen im Gesundheitswesen geführt, namentlich Novo Nordisk und Eli Lilly, und ihre neuen Behandlungsmöglichkeiten für chronische Krankheiten wie Diabetes und Fettleibigkeit. Dass die GLP-1 Medikamente der beiden Unternehmen auch dazu beitragen, Herzinfarkte und Schlaganfälle zu reduzieren, vergrößert den adressierbaren Markt zusätzlich und macht es wahrscheinlicher, dass Versicherungen und Regierungen die Kosten für den Einsatz dieser Medikamente erstatten werden.

Für Novo Nordisk zeichnet sich eine Reihe potenzieller Katalysatoren ab, die das Wachstum in den kommenden Jahren weiter vorantreiben könnten. Eli Lilly wiederum hat eine starke Produktpipeline und nur wenige seiner Patente werden in den nächsten zehn Jahren auslaufen. Derzeit besteht die größte Herausforderung darin, dass beide Unternehmen einfach nicht genug GLP-1-Medikamente herstellen kann, um die weltweite Nachfrage zu decken.

Klar ist: Nur durch eine klare und strenge Verkaufsdisziplin kann ein Portfolio regelmäßig Kapital freisetzen, um auf die besten langfristigen Wachstumsunternehmen zu setzen und ständig nach neuen, frischen Investitionszielen zu suchen.

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*) Mark Baribeau, Head of Global Equity bei Jennison Associates