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„Distressed Debt verspricht die kommenden Jahre zweistellige Renditen“

Distressed Debt ist ein spezifisches Teilsegment des High Yield-Marktes, das nach Ansicht von Experten in den kommenden Jahren stark von einer wirtschaftlichen Erholung profitieren dürfte. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach darüber mit Dr. Ulrich von Auer, Portfolio Manager Fixed Income bei J.P. Morgan Asset Management.

Dr. Ulrich von Auer

IPE Institutional Investment: Herr von Auer, wie definieren Sie Distressed Debt?
von Auer: Distressed Debt ist als ein Subsegment des High Yield-Marktes zu sehen. Es gibt allerdings keine klassische Definition, wo der Distressed Markt im Speziellen anfängt. Es gibt die verschiedensten Versuche, z.B. alle Preise unter 50% oder 70% des Nominalwertes oder über 1.000 bps Spread, aber nehmen Sie eine Phase wie die Kreditkrise, da lag der Durchschnitt im High Yield-Markt weit über 1.000 Basispunkten Spread. Wir selbst definieren als Distressed Debt alle Emittenten die aus finanziellen oder operativen Schwierigkeiten in Zahlungsverzug bzw. –schwierigkeiten geraten. Dies können zyklische Krisen bzw. auch Preisschocks in den Märkten sein, hier sei als Beispiel der Stahl- oder Ölmarkt genannt. Hier kann es jeweils sehr interessant sein zu investieren, da der Faktor Zeit den Unternehmen meistens hilft, wieder aus der Krise zu kommen. Anders ist es bei langfristig strukturellen Krisen.

IPE Institutional Investment: In welchen Bereich des Universums investieren Sie dann?
von Auer:
Wir investieren im Prinzip in den drei Situationen „ausfallgefährdet“ (Performing Debt), „bereits ausgefallen“ (Defaulted Debt) und in aus einer Restrukturierung neu entstandene Papiere (Post Reorganization Securities). Unser klarer Fokus sind dabei US- und kanadische Unternehmen. Nur dort sehen wir echte Chancen für den Anleger gegenüber Kontinentaleuropa wo der Gläubigerschutz doch absolut im Vordergrund steht. Dem gegenüber wird z.B. in den USA durch Chapter 11 das Unternehmen vor den Gläubigern geschützt und anschließend umstrukturiert. Das Going Concern, also die Fortführung des Unternehmens, steht hier ganz klar im Vordergrund. Das macht Distressed Debt als Assetklasse in Nordamerika interessant.

IPE Institutional Investment: Nun stelle ich mir vor, dass Distressed Debt nicht unbedingt gleich Distressed Debt ist. Welche Rolle spielt hier die Kapitalstruktur?
von Auer:
Sie haben völlig recht. Es ist immer extrem wichtig zu wissen, wo man in der Kapitalstruktur steht. Nur so ist eine echte Abwägung des Chance-/Risikoprofils im Einzelfall möglich. Es steht immer die Frage im Raum: wo in der Kapitalstruktur will ich mich positionieren. Solange die Unsicherheit über einen möglichen Restrukturierungsprozess hoch ist, ist es im Normalfall sinnvoll, sich weit oben in der Kapitalstruktur zu positionieren. Erst wenn sich eine erfolgreiche Reorganisation abzeichnet, werden nachrangige unbesicherte Papiere interessanter.

IPE Institutional Investment: Wie sieht Ihre typische Portfoliostruktur aus?
von Auer:
Letztendlich ist das Portfolio absolut Bottom-up getrieben. Es kommt am Ende auf die Bewertung der einzelnen Titel an. Im Normalfall halten wir 25 bis 50 Einzeltitel, im Moment sind es knapp über 50 Werte.

IPE Institutional Investment:
Welche Rendite können Sie dabei dem Anleger in Aussicht stellen?
von Auer:
Im letzten Zyklus 2002 bis 2007 konnten Anleger gutes Geld verdienen, 2003 war mit rund 60% Ertrag beispielsweise ein exzellentes Jahr, aber auch 2004 bis 2006 konnten jeweils 20-30% p.a. erreicht werden. Am Ende des Zyklus 2007 stand noch eine schwarze Null, während 2008 das Ergebnis im Markt bei rund -20% lag. 2009 ist mit über 50% Ertrag im Markt nun wieder extrem gut. Analog zu den Jahren 2004 fortfolgende halte ich für die kommenden zwei bis drei Jahre wieder 15-20% p.a. für realistisch. Ich sehe damit deutlich mehr Chancen als am Aktienmarkt, bei vergleichbarer Volatilität.

IPE Institutional Investment:
Hat man damit das Beste nicht schon verpasst?
von Auer:
Das „leichte Geld“ ist mit Sicherheit – wie in anderen Märkten auch – in diesem Jahr bereits gemacht worden. Allerdings zeigen die letzten Zyklen auch, dass noch drei bis fünf sehr gute Jahre kommen dürften. Während in diesem Jahr der ganze Markt nach oben geschossen ist, wird es jetzt natürlich mehr auf die Einzeltitelauswahl und damit das Geschick des Investment Managers ankommen.

IPE Institutional Investment: Vielen Dank für diese Einblicke.