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„Die Gesprächsbereitschaft beim Thema ESG/SRI ist durch §289c HGB sehr groß geworden“

IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Florian Brechtel, Geschäftsführer der SD-M GmbH über die Umsetzung der CSR-Richtlinie in das deutsche HGB und die Folgen für Unternehmen und Investoren.

Florian Brechtel

 

IPE Institutional Investment: Herr Brechtel, noch vor einigen Jahren waren es vor allem kirchennahe Investoren und Stiftungen, die sich dem Thema Nachhaltigkeit konzentriert haben. Woran hat es zu dieser Zeit gehakt?
Brechtel: Es war vor allem das Argument, dass ein Fokus auf Nachhaltigkeit das Investmentuniversum deutlich einschränken würde und damit Renditechancen bzw. auch Diversifikationsoptionen auf der Strecke bleiben. Dies war den Gremien bei institutionellen Anlegern schwer zu vermitteln.

IPE Institutional Investment: Hatten die nachhaltigen Investmentstrategien zu der Zeit überhaupt die entsprechende „Lenkungsfunktion“?
Brechtel: Das hat durch entsprechende „Best-in-Class“-Selektionen bzw. der Herausnahme gewisser Sektoren wie Waffen oder Glücksspiel auch damals schon sehr gut funktioniert. Allerdings war eben oft das Argument auf Investorenseite, dass man das Anlageuniversum nicht allzu sehr verkleinern möchte. Am Ende war es oft ein schwieriges Abwägen.

IPE Institutional Investment: Wie hat die Branche darauf reagiert?
Brechtel: Ein folgerichtiger Schritt war die ESG-Integration in den Investmentprozess, das heißt, bereits bei der Analyse einzelner Werte flossen neben Finanzkennzahlen auch konkrete nachhaltige Faktoren mit ein, um dann eine Gesamtentscheidung treffen zu können. Eine Herangehensweise, die bei Investoren auf deutlich mehr Interesse stieß. So stellt ESG-Integration mittlerweile die absolut am stärksten wachsende Strategie dar. Das Volumen stieg von rund 6 Billionen US-Dollar Ende 2012 auf knapp 13 Billionen US-Dollar Ende 2014.

IPE Institutional Investment: Lassen Sie uns in die Gegenwart zurückkommen. Warum bekommt das Thema ESG/SRI nun noch mehr an Fahrt?
Brechtel: Die Politik trägt hier nun einiges dazu bei, insbesondere die CSR-Richtlinie der EU, die in Deutschland mit §289c des HGBs umgesetzt wird. Dieser schreibt vor, dass Unternehmen über die bedeutsamsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren berichten müssen, wie Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange. Zunächst betrifft dies Unternehmen selbst, wie z.B. Dax- und MDax-Werte. Quasi über Bande gespielt müssen dazu nun aber auch Investoren eine entsprechende Erklärung abgeben. Diesen Berichtsdruck merken wir in der Branche ganz deutlich.

IPE Institutional Investment: Wie konkret lässt sich das für Investoren bzw. KAGen fassen?
Brechtel: Es gibt noch keinen offiziellen Standard, insofern ist die Unsicherheit der Branche deutlich zu merken, zumal die Vorschrift bereits für das aktuelle Jahr, sprich für den Geschäftsbericht 2017 gilt. Die Gesprächsbereitschaft beim Thema ESG/SRI ist jedenfalls dadurch sehr groß geworden.

IPE Institutional Investment: Welche Rolle spielt mittlerweile das Thema „Risikomanagement“ beim Investor, wenn wir über ESG/SRI-Kriterien in der Anlage sprechen?
Brechtel: Definitiv eine große! Ganz gleich ob „Subprime“ oder „Dieselgate“, wir können anhand unserer Daten und Indices zeigen, dass Investoren hier deutlich weniger volatil durch die Krisen gekommen wären, wenn Sie entsprechende Nachhaltigkeitsfilter mit eingebaut hätten. Gerade das geringere Risiko kommt bei institutionellen Adressen entsprechend gut an.

IPE Institutional Investment: Sprich die Anpassung durch den Gesetzgeber trifft auf einen fruchtbaren Boden?
Brechtel: Das sehe ich definitiv so. Man erkennt in der Branche, dass das Thema angekommen ist. So ist die angesprochene Änderung im §289c sicher ein Punkt, der über die nächsten Jahre erst in der Praxis mit Leben gefüllt werden muss, er geht allerdings ganz klar in die richtige Richtung. Einen Weg zurück sehe ich entsprechend nicht. Insofern ist es eher eine Frage des „Wann“ als des „Ob“.

IPE Institutional Investment: Wie kann mit der Vielzahl an Definitionen am Markt für ESG/SRI-Kriterien bzw. Konzepte umgegangen werden?
Brechtel: Ich bin überzeugt, dass sich dies über die nächsten Jahre deutlich zuspitzen lässt. Wir haben mit unseren neuen SD-KPI Standards 2016-2021 da sicher auch unseren Teil dazu beigetragen, dass man sich auf wesentliche Indikatoren bezieht. Gelingt es jetzt noch, dies auch international stärker zu vereinheitlichen, haben wir ein ganzes Stück des Weges geschafft.

IPE Institutional Investment: Was sind ansonsten für Sie aktuell wichtige Punkte am Markt?
Brechtel: Ich denke wichtig ist in der Tat, die Marktakteure möglichst auf einen ähnlichen Level hinsichtlich Standards und Umgang mit dem Thema ESG/SRI zu bekommen. Dann mache ich mir um die Umsetzung wenig sorgen.

IPE Institutional Investment: Besten Dank für diese Einblicke.