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„Dabei liegen die Solvency-Kapitalanforderungen weit unter einem Prozent, sodass sich eine Kapitalrendite von mehreren hundert Prozent ergibt“

Frank Meijer, Global Head of Alternative Fixed Income and Structured Finance, und Frank Weber, Senior Sales Manager Institutional DACH, beide Aegon Asset Management, sprachen mit IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger über den Hypothekenmarkt in den Niederlanden und Chancen für institutionelle Anleger.

Frank Meijer

Frank Weber

IPE D.A.CH: Was sind die Besonderheiten des niederländischen Hypothekenmarkts?
Meijer: Zunächst einmal ist es ein großer Markt. Das Volumen ausstehender Hypotheken beläuft sich auf etwa 750 Mrd. Euro. Neben den großen Banken nehmen auch Pensionsfonds und Versicherungen immer mehr daran teil. Einige Charakteristika des Marktes sind besonders hervorzuheben, zum Beispiel was die Zinsen angeht. Diese können zwischen null und 30 Jahren festgelegt werden, also im Wesentlichen von einer Hypothek mit variablem Zins bis hin zu einer langfristigen Fixierung reichen. Damit haben die Kunden in den Niederlanden eine hohe Flexibilität, wobei sich die meisten in den letzten Jahren für Hypotheken mit 10- bis 30-jährigen Festzinsen entschieden haben. Zudem wird der Hypothekenmarkt in den Niederlanden durch den so genannten Verhaltenskodex (Code of Conduct) stark reguliert. Dieser gibt nicht nur Grenzen für die Beleihungshöhe vor, sondern auch wie viel Geld man im Verhältnis zum Einkommen maximal für die Hypothek ausgeben kann. Für Geringverdiener sind es in der Regel bis zu 15%, für Großverdiener bis zu 35%. An diese Vorschriften müssen sich alle halten. Das macht den Markt in gewisser Weise erschwinglich und hält auch die Ausfallraten niedrig, da keine übermäßige Kreditvergabe stattfindet. Überhaupt waren die Ausfallraten in den letzten 20 bis 30 Jahren sehr stabil und sehr niedrig. Ein weiteres Merkmal ist die starke rechtliche Position der Kreditgeber, wenn Kunden ihre Hypothek nicht zahlen. Der gesamte Prozess der Zwangsvollstreckung ist kurz und sehr effizient, was den Markt von anderen europäischen Ländern abhebt. Ein anderes besonderes Merkmal ist zudem, dass Teile des Marktes von der Regierung garantiert werden.

IPE D.A.CH: Die Niederlande haben einige der größten Pensionsfonds in Europa. Sehen Sie auch, dass mehr internationale Investoren auf den niederländischen Hypothekenmarkt kommen, die an dieser Anlageklasse interessiert sind?
Meijer: Ja, absolut. Wir konnten eine Menge Kunden aus dem Ausland gewinnen. Inzwischen sind etwa fünf der Top 10 Versicherungsgesellschaften in Europa unsere Kunden. Und voraussichtlich werden wir bald Drittkunden im Volumen von etwa 40 Mrd. Euro in unserer Hypothekenstrategie haben.
Weber: Einen wichtigen Punkt möchte ich in Bezug auf den Fonds betonen. Darin sind nur Darlehen an Eigentümer von selbstgenutzten Immobilien enthalten. Also keine Kredite an Personen, die eine zweite, dritte oder vierte Immobilie als Kapitalanlage kaufen. Was die Investoren im Fonds angeht, stammten diese nach dem Start im Jahr 2013 zunächst vor allem aus den Niederlanden und Benelux-Staaten. Mittlerweile sind wir aber auch in Deutschland massiv gewachsen und einige Investoren aus der Schweiz und aus Österreich sind dazugekommen. Die größte Investorengruppe sind dabei Versicherungen. Denn einer der größten Treiber neben der Rendite und dem niedrigen Risiko ist die sehr günstige Solvency-Behandlung.
Meijer: Ich denke, dass Versicherungen und Pensionsfonds die Anlageklasse vor allem deshalb schätzen, weil die meisten Hypotheken – wie schon erwähnt – feste Zinssätze über lange Laufzeiten haben. Und das passt natürlich sehr gut zu den Verbindlichkeiten der Gesellschaften und den dort auf lange Zeit festgelegten Rechnungszinsen. Die Investments sind also vor allem aus Sicht des Asset-Liability-Managements gut geeignet. Daneben sind aber auch die Renditen interessant, die etwa 200 bis 250 Basispunkte über Staatsanleihen liegen, aber kaum höhere Risiken aufweisen. Dabei liegen die Solvency-Kapitalanforderungen weit unter einem Prozent, sodass sich eine Kapitalrendite von mehreren hundert Prozent ergibt. Vor allem für Versicherungen ist das sehr attraktiv.

IPE D.A.CH: Wie akquirieren Sie die Hypotheken?
Meijer: Wir haben ein großes Team mit rund 400 Mitarbeitern, die sich mit allen Bereichen der Hypotheken vom Underwriting bis zum Servicing befassen. Wir sind dabei selbst als Originator der Kredite aktiv, sodass Privatkunden direkt zu uns kommen können. Unser Volumen beträgt etwa 10 Milliarden Euro pro Jahr, womit wir der größte Nichtbankenanbieter hinter den drei Großbanken sind.

IPE D.A.CH: Sie sprachen auch von Staatsgarantien?
Meijer: Wenn der Gegenwert des Gebäudes weniger als rund 355.000 Euro beträgt, kommt der Kunde für ein staatlich garantiertes Darlehen in Frage. Dafür sind 60 Basispunkte im Voraus als eine Art Versicherungsprämie an die Regierung zu zahlen. Wir als Kreditgeber profitieren dabei von den Garantien, indem wir 90% zurückfordern können, falls der Kunde die Hypothek nicht mehr bedienen kann. Damit werden effektiv schwächere Kreditnehmer darin unterstützt, eine Hypothek zu bekommen, da das Risiko für uns Kreditgeber aufgrund der staatlichen Garantien sehr niedrig ist.
Weber: Im Vergleich zum deutschen Markt funktioniert der niederländische Markt hauptsächlich über professionelle Berater, die mit den Banken zusammenarbeiten. Diese werden von den Kreditgebern bezahlt. Die Regierung nimmt dabei den Standpunkt ein, dass diese komplexen Produkte wahrscheinlich die größte finanzielle Entscheidung sind, die man im Leben trifft, und dafür möchte man einen Schutz bieten. Deshalb müssen Privatanleger zu einem professionellen Berater gehen, mit dem sie alle Szenarien und Eventualitäten durchsprechen und bei dem sie passende Empfehlungen und Unterstützung beim Beantragen erhalten. Es ist eine Art Pflichtschulung, nach der die Kunden ziemlich genau wissen, was sie tun, wenn sie unterschreiben.

IPE D.A.CH: Sehen Sie in Bezug auf ESG einen zunehmenden Druck seitens der Investoren? Wie gehen Sie gegenüber Kunden mit Umweltaspekten um?
Meijer: Das ist natürlich ein großes Thema. Das Wichtigste aus Umweltsicht ist es, Kunden dabei zu helfen, ihr Haus im Hinblick auf die Energieeffizienz zu verbessern und ein gutes Energielabel zu bekommen. Damit gehen wir aktiv auf die Kunden zu und bieten ihnen an, zu diesem Zweck etwas mehr Geld von uns zu leihen. Wir können sogar dabei helfen, geeignete Anbieter zu finden, die zum Beispiel eine Solaranlage auf dem Dach montieren. Man kann zwar aber niemanden dazu zwingen, sein Haus energieeffizienter zu machen, aber die aktuell hohen Energiepreise verkürzen natürlich die Amortisationszeit solcher Maßnahmen. Das Thema ESG hat aber auch eine soziale Dimension. Hier geht es uns darum, Kunden zu helfen, die in Schwierigkeiten sind und Probleme haben, ihre Hypothek zu bedienen. Wir kommen hier nicht gleich mit dem Anwalt und wollen zwangsvollstrecken, sondern setzen uns mit dem Kunden zusammen, um eine Lösung für alle Parteien zu finden.

IPE D.A.CH: Wie sieht es bei den Renditen aus, die der Markt bietet, auch im Vergleich zum Niveau vom Ende letzten Jahres?
Meijer: Die Renditen am Gesamtmarkt sind natürlich deutlich gestiegen. Aber wir waren auch in der Lage, die Hypothekenzinsen in etwa im gleichen Tempo zu erhöhen. Am niedrigsten Punkt lag die Rendite im Jahr 2021 bei etwa 1,5 bis 1,7%, als der LIBOR noch minus 50 Basispunkte betrug. Heute hat der Fonds eine Rendite von fast 5% und ist damit gegenüber vielen Alternativen sehr attraktiv.

IPE D.A.CH: Können Anleger dieses Renditeniveau auch für die nächsten zwei bis drei Jahre erwarten?
Meijer: Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass 5% Hypothekenzins für die absehbare Zukunft realistisch sind. Das hängt natürlich stark davon ab, wie sich die Zinsen im Allgemeinen entwickeln. Ich glaube aber nicht, dass diese in nächster Zeit sinken werden, es sei denn, es kommt zu einer großen Rezession. Wie schon erwähnt sind die Zinsen für einen großen Teil unserer Hypotheken auf 20 Jahre festgelegt, sodass man heute eine Rendite bis zu 5% für diesen Zeitraum festschreiben kann. Das klingt nach einem guten Geschäft, vor allem für das Liability Matching bei Pensionsfonds.

IPE D.A.CH: Wenn Investoren zu Ihnen kommen, um von anderen festverzinslichen Anlageklassen umzusteigen, wo ziehen diese in der Regel ihre Gelder ab?
Meijer: Ich würde sagen, dass die meisten Anleger aus Staatsanleihen aussteigen, um mit dem entsprechenden Anteil des Portfolios in den Hypothekenfonds zu wechseln. Einige wechseln auch aus Unternehmensanleihen, um etwas bessere Renditen bei gleichzeitig überschaubaren Risiken zu erzielen. Entscheidend sind dabei die niedrigen Loan-to Value-Ratios, also Beleihungsquoten, die im Fonds im Durchschnitt bei nur 60% liegen. Selbst wenn es also zu Ausfällen kommt, würde man wahrscheinlich keinen Verlust erleiden. Tatsächlich hatten wir in den letzten 10 Jahren weniger als einen Basispunkt an kumulierten Verlusten im Fonds zu verzeichnen. Der Charakter ist also fast wie bei einer Staatsanleihe, nur eben mit einem deutlichen Renditeaufschlag von etwa 250 Basispunkten.

IPE D.A.CH: Wie schätzen Sie vor diesem soliden Hintergrund die aktuelle Angst vor allem deutscher Anleger ein, angesichts des wahrscheinlichen Wirtschaftsabschwungs in Hypotheken zu investieren?
Meijer: Die Sorge besteht darin, dass es zu einer Rezession kommt und die Menschen arbeitslos werden. Aktuell schätze ich den Arbeitsmarkt zwar sehr stark ein, aber es kann natürlich passieren, dass er etwas schwächer wird und die Wirtschaft ein wenig leidet. Doch solange die Menschen ihren Job haben, können sie sehr wahrscheinlich auch ihre Hypothek bedienen, selbst wenn vielleicht alles etwas teurer wird und man den Gürtel enger schnallen muss. Wahrscheinlich werden dann nicht notwendige Ausgaben etwa für Urlaubsreisen, Kleidung oder Restaurantbesuche reduziert. Das kann sich wiederum negativ auf die entsprechenden Unternehmen auswirken. Daneben gibt es je nach Unternehmen mitunter noch bis zu drei weitere Belastungsfaktoren: Höhere Finanzierungskosten durch die gestiegenen Zinsen, steigende Löhne und Gehälter für Mitarbeiter, die einen Inflationsausgleich fordern, und hohe Kosten für Energie und Rohstoffe. Das bedeutet einen hohen Margendruck, der zu Herabstufungen und Zahlungsausfällen führen kann. Aber erst dann, wenn viele Unternehmen in Schwierigkeiten geraten und Mitarbeiter entlassen, wirkt sich das auf unser Hypothekenportfolio aus, indem vielleicht einige Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllt werden können. Dieses Risiko wird aber dadurch abgefedert, dass es in den Niederlanden in der Regel zwei Jahre lang Arbeitslosenunterstützung gibt, die in der Regel ausreicht, um die Hypotheken bedienen. Zudem verfügen viele Haushalte noch über ein Einkommen des Lebenspartners. Trotzdem wird es im Falle einer Rezession einige Leute geben, die ihre Zahlungen nicht mehr leisten können und die wahrscheinlich ihre Immobilie verkaufen müssen. Aber selbst dann ist das Risiko sehr begrenzt, da die durchschnittliche Beleihungsquote wie gesagt nur 60% beträgt. Letztlich hätten wir also wahrscheinlich nur dann Verluste bei Hypotheken, wenn es zu einem großen Immobiliencrash kommt statt nur zu Preisrückgängen von 10 oder 20%, die ich durchaus erwarte. Im unwahrscheinlichen Falle eines solchen Crashs gäbe es aber wohl auch eine große Rezession wie im Jahr 2009. Und dann wäre ich persönlich lieber in eher defensiven Hypotheken investiert als in Unternehmensanleihen. Hinzu kommt, dass in diesem Szenario wahrscheinlich die Zinsen fallen würden und die heute festgeschriebenen Kupons von 5% oder mehr relativ gesehen sehr attraktiv wären. Wirklich leiden würden dagegen wohl Immobilienfonds, die von Preisrückgängen direkt betroffen sind.

IPE D.A.CH: Es gibt also wenig zu befürchten?
Meijer: Was das Kreditrisiko angeht, kann man ruhig schlafen. Der höchste Verlust in einem Jahr lag bei sechs Basispunkten und sollte auch in Zukunft sehr klein ausfallen. Der zweite Punkt ist die Bewertung zum Marktwert. Wenn die Zinsen steigen, sinkt die Bewertung eines bestehenden Hypothekenportfolios. Da dessen Duration sehr lang ist, spielt dieser Faktor eine große Rolle. Investoren mit entsprechenden Verbindlichkeiten, die dem gegenüber stehen, sind dagegen aber gut abgesichert. Das Wichtigste ist meiner Meinung nach die Liquidität. Wir sprechen hier nicht über Staatsanleihen, bei denen man jederzeit leicht ein- und aussteigen kann. Der Einstieg in den Fonds ist ein Prozess, der Zeit in Anspruch nimmt und komplex ist. Und ebenso ist der Ausstieg nicht immer garantiert, da dazu entsprechende Barmittel geschaffen werden müssen. Die Liquidität ist also viel geringer als bei typischen Staatsanleihen- oder Unternehmensanleihen-Fonds. Dieser Trade-Off zwischen höherer Rendite und reduzierter Liquidität ist aus meiner Sicht durchaus attraktiv, aber Investoren sollten das im Vorfeld auf jeden Fall berücksichtigen.

IPE D.A.CH: Hat sich das Interesse der Anleger gegenüber letztem Jahr erhöht, nachdem die Zinsen und Renditen inzwischen deutlich gestiegen sind?
Meijer: Ich würde sagen, dass der Appetit der Anleger vor einem Jahr sogar größer war als zuletzt. Das liegt daran, dass die Zinsen schnell und stark gestiegen sind und viele Pensionsfonds und auch Versicherungen für bestehende Swaps eine Menge Cash als Sicherheitsleistung nachschießen mussten. Vor allem natürlich in Großbritannien, wo es zu einer regelrechten Panik kam. Einige Gesellschaften mussten alles, was liquide war, verkaufen, um ausreichend Cash verfügbar zu machen. Im Ergebnis waren die verbleibenden Investments automatisch übergewichtet in illiquiden Assets, die nicht oder nicht in diesem Maße verkauft werden konnten. Zu diesen gehören auch Hypothekeninvestments, sodass wir das Geschäft mangels Zuflüssen zum jetzigen Zeitpunkt nicht groß ausbauen können. Wir müssen erst das Portfolio ein wenig umschichten, und dann werden die Investoren es wohl wieder in Betracht ziehen. Die Renditen sind jedenfalls attraktiv, sodass der Appetit früher oder später wieder zurückkehren dürfte.
Weber: In Deutschland sind die Swap-Bücher nicht das große Problem, sondern eher die Bewertungen. Der Fixed-Income-Anteil liegt bei vielen Gesellschaften zwischen 50 und 90% des Portfolios, sodass die Verluste durch den Zinsanstieg entsprechend groß waren. Hinzu kommt, dass traditionelle Lebensversicherungen und überhaupt Versicherungen nicht oder kaum wachsen, die Liquiditätspositionen ziemlich gedämpft sind und Zurückhaltung beim Realisieren von Verlustpositionen besteht. Angesichts der höheren Renditen überlegen zwar einige dieser Gesellschaften, im kommenden Jahr in Hypothekenfonds zu investieren, aber es ist nach wie vor eine Herausforderung.
Meijer: Ich denke, es hängt auch ein wenig vom Angstfaktor ab. Wer aktuell glaubt, dass Unternehmensanleihen günstig bewertet sind, kann natürlich auch einfach dort investieren. Aber diese Wahrnehmung kann sich ändern, wenn klar wird, dass es einen guten Grund für die günstige Bewertung gibt, und zwar mögliche Herabstufungen und Ausfälle. Und falls Anleger ein stärkeres Risk-Off-Gefühl bekommen sollten, also ängstlicher werden, sind Unternehmensanleihen vielleicht nicht mehr das Richtige. Davon könnte dann der Hypothekenfonds mit Zuflüssen profitieren, da er eher ein Risk-Off-Produkt darstellt.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke.