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Verrechnungspreise im Asset Management: Compliance-Anforderungen an deutsche Kapitalverwaltungsgesellschaften steigen

In den vergangenen fünf Jahren sind innerhalb der Europäischen Union die regulatorischen Compliance-Anforderungen an Vermögensverwalter erheblich gestiegen. Vor dem Hintergrund aktueller OECD Initiativen und der bereits gelebten Betriebsprüfungspraxis sehen sich Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs) zunehmend auch steuerlichen Compliance-Anforderungen gegenüber.

Einher damit geht ein hoher Dokumentationsaufwand der sogenannten Verrechnungspreise (VP), also derjenigen Preise, die für Leistungen zwischen Konzerngesellschaften und Niederlassungen in verschiedenen Ländern anzusetzen sind. Wird diese Dokumentationspflicht nicht korrekt beziehungsweise nicht nach dem „arm’s length“-Grundsatz des internationalen Steuerrechts ausgestaltet, dann drohen Doppelbesteuerungen oder gar Sanktionen wegen Aufsichtspflichtverletzungen auf Vorstands-/Geschäftsführungsebene durch den Gesetzgeber.

Wertschöpfung im Asset Management
Als werttreibende Funktionen im Asset Management definieren wir vornehmlich die Fondsentwicklung, den Fondsvertrieb und das Fondsmanagement. Die Wertschöpfungskette ist maßgeblich auch von der Kategorie des Fonds beeinflusst. Der Einfachheit halber seien mit Blick auf die Kategorien hier insbesondere genannt:
1. Der Anlegertyp (z.B. Institutionelle vs. Privatpersonen),
2. die Anlageklasse (z.B. Aktienfonds vs. Immobilienfonds),
3. die Anlagestrategie (aktiv gemanagte vs. passive Fonds) und
4. die Anlageziele (relative vs. absolute Rendite).

Wie hoch die Wertschöpfungsbeiträge der drei wesentlichen Funktionen tatsächlich ausfallen, hängt häufig vom Einzelfall ab. Es bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den KVGs – zum Beispiel hinsichtlich der Auslagerung einzelner Funktionen an externe Dienstleister. Um die VP verlässlich bestimmen zu können, steht daher immer eine detaillierte Funktions- und Risikoanalyse am Anfang des Prozesses.

Diskussion möglicher Verrechnungspreismethoden
Die hohe Bandbreite möglicher Managementgebühren kann die Vergleichbarkeit der Vergütung einzelner Fonds-Funktionen zusätzlich erschweren. Nicht nur die Wertschöpfungskette weist von Fonds zu Fonds Unterschiede auf, sondern auch die Struktur und die Höhe der Fondsgebühren. Die Höhe der Managementgebühr bestimmt den extern generierten Umsatz des Vermögensverwalters und ist somit die Basis für die konzerninterne Verrechnung.

Aus verrechnungspreistechnischer Sicht gilt das Asset Management als eine der wenigen Branchen, in denen die Anwendung der Preisvergleichsmethode – wenn auch nicht pauschal – mit einigen Einschränkungen möglich ist. So sind im Retailgeschäft die Unterschiede zwischen den Marktteilnehmern aufgrund des regulatorischen Umfelds und des Wettbewerbs begrenzt. Entsprechend kann es gelingen, einen Preisvergleich anhand von Datenbanken und Studien zur Bestimmung heranzuziehen. Als Beispiele seien hier die Studien von Lipper (Thomson Reuters) oder Mercer genannt.

Für weitere (insbesondere institutionelle) Fonds gestaltet sich die Vergleichbarkeit schwieriger. Zwar ist die Verwendung eingeschränkt vergleichbarer Daten möglich, in der Praxis aber nur bedingt empfehlenswert. Da den relevanten Leistungsbeziehungen im Asset Management in erster Linie Dienstleistungen zugrunde liegen, bieten sich bessere Möglichkeiten in der Verwendung der Kostenaufschlagsmethode oder der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode. Beide Methoden sind für die Vergütung der Routinefunktionen – zum Beispiel der Fondsadministration – geeignet. In der Praxis werden die Methoden auch für die Vergütung des Fondsvertriebs eingesetzt, dies ist aber aus Sicht von EY nur in Ausnahmefällen zu empfehlen.

Als ein weiterer Kalkulationsansatz kommt die Restgewinnaufteilungsmethode in Betracht. Dafür müssen die Gewinne in der Regel zwischen Fondsvertrieb und Fondsmanagement aufgeteilt werden. Die Fondsentwicklung wird dabei meist gemeinsam mit dem Fondsmanagement vergütet.

Basierend auf der eingangs erwähnten Funktions- und Risikoanalyse kann ein dreistufiges Verfahren Anwendung finden:
1. Zunächst werden die Routinefunktionen (etwa Fondsadministration) anhand der Nettomargenmethode oder der Kostenaufschlagsmethode vergütet.
2. Im nächsten Schritt wird das verbleibende Ergebnis auf Grundlage der Wertschöpfungsbeiträge zwischen Vertrieb und Fondsmanagement (gegebenenfalls inklusive Fondsentwicklung) aufgeteilt.
3. Im letzten Schritt wird das einer Funktion zuzurechnende Ergebnis zwischen den verschiedenen Jurisdiktionen aufgeteilt, soweit notwendig (gilt insbesondere für den Vertrieb, der meist dezentral in mehreren Ländern stattfindet).

Die oben skizzierte Preisvergleichsmethode kann zur Plausibilisierung des Ergebnisses der Restgewinnaufteilungsmethode herangezogen werden.

Ausblick
Neben den mit OGAW- und AIFMD-Richtlinien verbundenen regulatorischen Anforderungen kommen mit den neuen OECD-Richtlinien, dem sogenannten Country-by-Country-Reporting sowie der bereits im Entwurf vorliegenden EU-Richtlinie erhebliche steuerliche Compliance-Anforderungen auf die KVGs zu. Die neuen Regelungen zum Country-by-Country-Reporting in Frankreich, Italien und Polen sind bereits seit dem 1. Januar 2016 in Kraft getreten, in naher Zukunft ist die Umsetzung in zahlreichen weiteren Staaten geplant.

Der Daten- und Dokumentationsaufwand für Verrechnungspreise wird sich weiter erhöhen. Vermögensverwalter sollten daher überprüfen, ob ihre Wertschöpfungskette durch die angewendeten Verrechnungspreismethoden angemessen abgebildet wird.

Ziel sollte es sein, eine saubere und nachvollziehbare Bestimmung der Verrechnungspreise erreichen. Werden im Rahmen einer Betriebsprüfung fehlerhafte Verrechnungspreise festgestellt, kann dies zu Doppelbesteuerungen auf Ebene der KVG bis hin zum Vorwurf der Steuerverkürzung oder -hinterziehung führen.

Es sind konsistente interne Prozesse erforderlich, um steuerliche Risiken zu vermeiden beziehungsweise zu minimieren. Ist kein sachgerechter Prozess vorhanden, kann dies als Aufsichtspflichtverletzung nach §130 OWiG ausgelegt werden.


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*) Andreas Persch, Senior Manager, und Jean Peter Jung, Consultant, EY (Ernst & Young) Financial Services