IPE Institutional Investment: Herr Busch, die Capital Group zählt mit Assets under Management von rund 1.400 Mrd. US-Dollar beileibe nicht zu den Leichtgewichten, dennoch war der Auftritt in Deutschland bisher eher zurückhaltend. Wo setzen Sie mit der Eröffnung der Deutschland-Niederlassung in Frankfurt künftig die Schwerpunkte?
Busch: Capital wird in der generellen Wahrnehmung gerne als Aktienhaus gesehen. Und das ist auch zutreffend. Mit fast 250 Mrd. USD AUM im Fixed Income-Bereich verfügen wir allerdings auch auf der Rentenseite über eine außerordentliche Expertise. Wir werden also unsere besten Ideen im Aktien- und Fixed Income Bereich sowie ausgewählte Multi-Asset-Lösungen unserer Zielgruppe der institutionellen Anleger in Deutschland bzw. Österreich anbieten.
IPE Institutional Investment: Lassen Sie uns einen Schritt zurückgehen, wie ist die Geschichte von Capital in drei Sätzen zu umschreiben?
Busch: Das vielleicht Wichtigste vorneweg: Capital ist bis heute im Privatbesitz, was uns langfristiges Denken und Investieren ermöglicht.
Capital wurde zur Zeit der Großen Depression in den Vereinigten Staaten 1931 gegründet und ist heute einer der Top 10 Asset Manager der Welt. Wir verstehen uns als Research-basiertes, bottom-up getriebenes Investmenthaus, das ist uns bis heute in der DNA geblieben. Unser Start in den 30er Jahren hat uns ferner ein klar definiertes Bewusstsein für Risiko und Risikomanagement mitgegeben, was sich bis heute in unserem Investementprozess, dem Capital-System, widerspiegelt. Später waren wir einer der ersten US-Manager, der sich mit einem Büro in den 60er-Jahren nach Europa gewagt hat. In Genf sind dann auch die MSCI Indizes entstanden.
IPE Institutional Investment: Was hat es damit genau auf sich?
Busch: Tatsächlich steht das „CI“ in MSCI für Capital International. Dieser Index wurde 1965 von Capital zunächst als Research-Tool für das eigene Portfoliomanagement entwickelt. Hintergrund war damals der Wunsch nach einer globalen Benchmark, man wollte nicht nur US-Unternehmen miteinander vergleichen, sondern dies auf globaler Ebene gegen eine Benchmark darstellen. So entstand dieser Vergleichsmaßstab, der dann zusammen mit den Preisdaten von Morgan Stanley zur ersten globalen Indexfamilie wurde.
IPE Institutional Investment: Emerging Markets ist ein Thema, das sich Capital sehr früh auf die Fahnen geschrieben hatte…
Busch: Das ist richtig, unsere Mandate von der Weltbank in den 80er Jahren dürften die ersten großen institutionellen Investments in die Region gewesen sein. Das war echte Pionierarbeit, ähnlich wie im Thema Emerging Markets Private Equity zu Anfang der 90er Jahre.
IPE Institutional Investment: Beim Blick auf die Verteilung ihrer verwalteten Assets fällt auf, dass noch über 90% aus dem Heimatmarkt USA stammen, dies soll sich im Rahmen des Roll-outs in Europa nun ändern?
Busch: Das ist korrekt, wir haben einen sehr langfristigen Wachstumsplan aufgesetzt, der sich über zehn Jahre erstreckt. Ziel ist es dabei, das Wachstum außerhalb der USA voranzutreiben. Hier kommt uns unsere Eigentümerstruktur zu Gute. Unser Unternehmen befindet sich komplett in den Händen führender Mitarbeiter, entsprechend strategisch können wir außerhalb jeglicher Börsen- und Wirtschaftszyklen agieren. Mit dem Plan ist im Übrigen ein Investitionsvolumen in Höhe von einer Milliarde US-Dollar verbunden, ich denke das unterstreicht nochmals die Nachhaltigkeit der Strategie, die neben dem Aufbau neuer Büros insbesondere auch Investments in Portfoliomanagement und IT-Systeme vorsieht.
IPE Institutional Investment: Was heißt dies nun konkret für Deutschland?
Busch: Wir gehen jetzt aktiv auf die deutschen und österreichischen Anleger zu. Seit dem Frühjahr 2015 betreuen wir aus Frankfurt heraus institutionelle Anleger in Deutschland und Österreich. Parallel dazu werden wir zukünftig auch den Fondsvertrieb im deutschsprachigen Markt aufbauen.
IPE Institutional Investment: Wir hatten zum Einstieg bereits kurz über Produkte bzw. Assetklassen gesprochen. Lassen Sie mich dennoch hier nachhaken: was steht auf der Produktseite für den deutschen institutionellen Anleger ganz oben?
Busch: Es sind im Wesentlichen drei Themen im Fixed Income-Bereich – Emerging Market Debt, US-Investment Grade Credit und Global High Income. Hierin verfügen wir über einen mehr als soliden Track Record und sehen auf der anderen Seite auch das Bedürfnis der Investoren nach dem Rendite-Pick-up. Die letzten beiden Mandate, die wir erst jüngst in Deutschland gewonnen haben, kommen im Übrigen genau aus den Bereichen Emerging Market Debt sowie US-Credit.
IPE Institutional Investment: …und auf der Aktienseite?
Busch: Hier liegen unsere Stärken ganz klar im Bereich europäische, japanische und globale Aktien sowie an einem Hybridprodukt, das in Aktien und Renten aus den Emerging Markets investiert.
IPE Institutional Investment: Trotz der Büroeröffnung sind Sie nun ja kein „Newcomer“ im deutschen Markt mehr…
Busch: Das ist richtig, wir haben bereits eine Anzahl von Kunden, die wir bislang durch unsere Büros in Luxemburg bzw. Genf betreut haben. Diese langjährigen Beziehungen – größtenteils über zehn Jahre – zeigen uns auch, dass unsere Herangehensweise als langfristig orientierter Asset Manager sehr gut zum Mindset der deutschen Anleger passt. Im Übrigen bedeutet das auch, dass unsere Organisation genau weiß, wie ein deutscher Spezialfonds funktioniert.
IPE Institutional Investment: Hilft Größe im Markt?
Busch: Ja, Größe steht für Vertrauen und finanzielle Stabilität. Faktoren, die im derzeitigen Umfeld von Investoren gesucht werden. Größe hilft darüber hinaus auf der Investmentseite. Wir sind überzeugt, dadurch einen wesentlich besseren Informationszugang gegenüber kleinen Nischenplayern zu haben.
IPE Institutional Investment: Wie sehen Sie als aktiver Manager die aktuelle Diskussion aktiv vs. passiv?
Busch: Wir glauben fest daran, dass die Chancen für aktives Management steigen, nachdem in den letzten Jahren passives Management bzw. ETFs ja einen sehr starken Aufschwung erlebt haben. Die Volatilität in den Märkten nimmt zu, die europäischen Märkte dürften sich angesichts der US-Leitzinserhöhung stärker von den USA abkoppeln und innerhalb verschiedener Assetklassen sehen wir sehr divergierende Tendenzen. Allesamt Punkte, die aktive Manager zur Alphagenerierung gegenüber dem breiten Markt nutzen können.
IPE Institutional Investment: Letzte Frage – wie sehen Sie die mittelfristigen Ziele für Capital im deutschsprachigen Markt?
Busch: Unser Ziel ist es, Capital als Asset Manager langfristig am deutschsprachigen Markt zu etablieren. Hierzu zählt ein guter Dialog mit den wichtigsten Marktteilnehmern. Ohne jetzt hier auf eine konkrete Zahl bei den Assets under Management eingehen zu wollen, liegen ausländische Häuser, die dies bereits erreicht haben, in der Größenordnung von hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Milliardenbeträgen. Dort wollen wir mittelfristig hin.
IPE Institutional Investment: Besten Dank für diese Einblicke, Herr Busch.
„Unsere Herangehensweise als langfristig orientierter Asset Manager passt sehr gut zum Mindset der deutschen Anleger”

Henning Busch