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Mit Expected Drawdown Parity tatsächliche Verlustrisiken begrenzen

Investoren wünschen sich eine möglichst hohe risikoadjustierte Rendite. Viele gängige Verfahren zur Risikosteuerung setzen jedoch zu stark auf Daten der Vergangenheit und schützen nicht ausreichend vor Extremrisiken. Mit dem „Expected Drawdown Parity“ gibt es einen neuen Ansatz, der nicht historische Entwicklungen in den Mittelpunkt stellt, sondern das Risiko absoluter Verluste.

Christopher Hönig

Die Verfahren zur Konstruktion risikooptimierter Portfolios werden immer besser und technisch ausgereifter. Ihnen allen liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Rendite einer Anlage eine direkte oder indirekte Entschädigung für das eingegangene Risiko darstellt. Sie wird als Risikoprämie bezeichnet und ist die Gegenleistung, die ein Anleger für sein Risiko verlangt. Doch viele gängige Verfahren beruhen auf einem Verständnis von Risikodiversifikation, das zu einseitig auf Daten der Vergangenheit setzt.

Historisch orientierte Strategien sind gegenüber zukünftigen Extremrisiken blind. Eine Strategie, die vor solchen Tail Events schützt, muss das tatsächliche Risiko eines zukünftigen schwerwiegenden und anhaltenden Verlustes abbilden. Um das zu erreichen, hat das Alternative Investment Solutions Team von GAM einen neuen Ansatz entwickelt: Expected Drawdown Parity. Wie der Name bereits andeutet, geht es dabei um den erwarteten Kapitalverlust, also den maximal zu befürchtenden Verlust aus einer Anlage.

Idealerweise sollten zum Portfolioaufbau möglichst gering korrelierende ­Anlageklassen in Betracht gezogen werden. Dafür setzen wir bei GAM z.B. eine Cluster-Map-Analyse ein, mit der die Korrelation intuitiv visualisiert werden kann. Die Darstellung entspricht in etwa einer Weltkarte, auf der die beiden Pole den wichtigsten traditionellen Anlagen entsprechen: Aktien und Anleihen. Je nachdem, welche Korrelation die Anlageklassen zu diesen Polen und untereinander haben, werden sie auf dieser Karte angeordnet. Dabei wird deutlich, dass die Einbindung von Investments wie Rohstoffen, Hochzinsanleihen und Anlagen in Schwellenländern, die typischerweise zur Diversifikation eingesetzt werden, tatsächlich nur wenig Risikostreuung bringen.

Basierend auf dieser Darstellung sucht das Team im nächsten Schritt alternative Investmentvehikel und -strategien aus. Diese müssen liquide und darüber hinaus nachhaltig sein. Das heißt, sie sollten über einen gewissen Teil des Marktzyklus Bestand haben. Zum Repertoire solcher alternativer Risikoprämien gehören unter anderem Gewinne aus der Risikoarbitrage bei Fusionen und Übernahmen, Carry Trades zwischen niedrig verzinslichen und hochverzinslichen Währungen und Aktienoptionsprämien.

Sind die passenden Risikoprämien identifiziert, werden diese mit Hilfe von Expected Drawdown Parity gewichtet. Dabei wird zunächst der erwartete Verlust (Expected Draw­down) einer Anlage mit der gemeinsamen Verlustwahrscheinlichkeit (Joint Drawdown Probability) kombiniert, also der Wahrscheinlichkeit, dass der erwartete Verlust zweier ausgewählter Anlagen gleichzeitig erfolgen wird. Um den erwarteten Verlust einer Anlage zu bestimmen, gehen die Experten zunächst vom höchsten Verlust während des voran­gegangenen Marktzyklus aus. Dieser historische Verlust bildet die Basisprognose, die ans­chließend mit den Ergebnissen der Analyse einer Reihe von Zukunftsszenarien für den folgenden Marktzyklus verglichen wird. So können etwa die Schätzungen des erwarteten Verlusts verschärft werden, wenn im vergangenen Zyklus nur geringe Verluste verzeichnet wurden.

Durch diese Schätzungen sind fundierte Prognosen möglich, wohingegen zukünftige Werte für andere Risikokenngrößen wie Volatilität, Value-at-Risk (VaR) oder VaR bei Extremrisiken nur sehr schwer prognostiziert werden können. Ein einfaches Beispiel: Um den möglichen Verlust einer zehnjährigen US-Staatsanleihe bei einer Erhöhung der Zinsen durch die US-Notenbank zu ermitteln, könnte man ein sehr einfaches Zinsschock-Szenario zugrunde legen. Multipliziert man etwa den Effekt einer Zinserhöhung um zwei Prozentpunkte mit einer Duration von acht, erhält man einen erwarteten Verlust von 16%. Die Volatilität dagegen lässt sich in diesem Szenario sehr viel schwieriger bestimmen.

Traditionell dauern Marktzyklen zwischen sechs und zehn Jahren, wobei sechs Jahre der übliche Zeitraum für strategische Anlageprognosen sind. Beim erwarteten Verlust handelt es sich um eine Schätzung der Differenz zwischen dem höchsten und tiefsten Punkt dieses Zyklus: Es spielt also keine Rolle, ob dieser Verlust in einer einzigen Abwärtsbewegung oder sukzessive über mehrere Jahre hinweg anfällt. Darin liegt ein entscheidender Unterschied zu anderen qualifizierten Ansätzen der Risikomessung, bei denen festgelegte, kürzere Intervalle, etwa ein einzelner Monat, untersucht werden. Eine engere zeitliche Begrenzung der Verlustphase führt zu Problemen: So misst beispielsweise der wöchentliche Tail-VaR zwar den erwarteten durchschnittlichen Extremverlust, zeigt aber eventuell nicht an, dass in der Folgewoche der zweithöchste Verlust und in der Woche darauf möglicherweise der dritthöchste Verlust verzeichnet werden kann. Da der Gesamtverlust zwischen Höchst- und Tiefstand zugrunde gelegt wird, berücksichtigt Expected Drawdown Parity auch das Problem der Autokorrelation, das von anderen Ansätzen häufig übersehen wird.

Auch die gemeinsame Verlustwahrscheinlichkeit nimmt den gesamten Marktzyklus in den Blick: Sie gibt an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass zwei ausgewählte Anlagen innerhalb der nächsten sechs Jahre gleichzeitig Verluste erleiden. Um diese genau zu definieren, müssen unter anderem die Verlustfunktionen der beiden Anlagen integriert werden. Dabei wird betrachtet, wie sie sich bisher in Verlustperioden jeweils zueinander verhalten haben. In der Praxis lassen sich die Wahrscheinlichkeiten in vielen Fällen mit einfacheren Berechnungen ermitteln.

Kombiniert man diese Variablen, lässt sich der erwartete Gesamtverlust abschätzen, der das Risikoniveau des Portfolios anzeigt. So lässt sich der Verlustbeitrag jeder Anlage im Portfolio bestimmen, also wie stark jede Position im Ernstfall zum erwarteten Verlust des Portfolios beiträgt. Auf dieser Grundlage dimensioniert das Team anschließend den Umfang der Positionen so, dass die Verlustbeiträge aller Anlagen identisch sind – also eine Parität erreicht wird. Anlagen, bei denen mit höheren Verlusten für die Zukunft gerechnet wird, werden entsprechend untergewichtet. Das Ergebnis sind die „neutralen Positions­gewichtungen“ des Verfahrens.

Ausgehend von den neutralen Gewichtungen werden dann die Positionen entweder über- oder untergewichtet. Dabei wird als Entscheidungskriterium das Verhältnis zwischen erwartetem Ertrag und Verlust, also die erwartete Calmar-Ratio, zugrunde gelegt. Die endgültigen Portfolios werden dann aktiv gemanagt, wobei die Allokationen je nach den erwarteten Verlusten und Erträgen im Verlauf des Anlagezyklus angepasst werden: Ist die erwartete Calmar-Ratio einer Anlageposition besonders niedrig, wird diese vollständig aus dem Portfolio entfernt. Nicht im Portfolio vertretene Risikoprämien mit einer hohen erwarteten Calmar-Ratio werden hingegen als Anlage in Erwägung gezogen. Hier kommt auch die Cluster Map wieder ins Spiel, denn die Korrelationen der Anlageklassen verschieben sich mit der Zeit. Den Verlauf dieser Korrelationen richtig zu analysieren und zu verstehen, ist extrem wichtig, um den Einfluss der Bewegungen im Portfolio zu berücksichtigen.


Fazit
Expected Drawdown Parity managt längerfristige Risiken statt täglicher Volatilität. Sie ist eine vorausschauende, fundierte Berechnungsmethode. Und sie ist über den gesamten Zeitraum der Anlage anwendbar, in dem der Verlust entstehen kann.


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Christopher Hönig ist Client Director bei GAM und betreut intermediäre und institutionelle Kunden in Deutschland. Er verfügt über mehr als 16 Jahre Erfahrung in der Finanzbranche, vorrangig bei Schweizer Asset-Management-Gesellschaften. Zu den beruflichen Stationen des Diplom-Kaufmanns gehören unter anderem Credit Suisse Private Banking, Julius Bär Investment Funds Services und SAM Sustainable Asset Management. GAM ist ein unabhängiger, aktiver Asset Manager und ein Mitglied der GAM Holding-Gruppe. Wir bieten Anlagelösungen für Institutionen, Finanzintermediäre, Privatkunden und Wohltätigkeitsorganisationen an, und sind mit Niederlassungen in wichtigen Finanzzentren weltweit vertreten.

Der Beitrag stammt von unserem Kooperationspartner alternative investor information (altii). Das Unternehmen betreibt die website <link http: www.altii.de>www.altii.de, die institutionelle Investoren über Alternative Investments, Fonds und Fondsmanager informiert. Das Magazin „alternative investor information“ wendet sich ebenfalls ausschließlich an institutionelle Anleger. Das aktuelle Heft können Sie unter <link http: www.altii.de>www.altii.de herunterladen. IPE Institutional Investment ist Kooperationspartner und Gesellschafter der altii GmbH.