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Kritische Metalle – die Quadratur des Kreislaufs

Wie sich Rohstoffinvestitionen im Metallsektor und nachhaltige Portfolien vereinbaren lassen, untersucht seit ein paar Jahren eine österreichische Nachhaltigkeits-Researchagentur – Spoiler: es ist kompliziert.

Christian Loy (Bildrechte: Michael Gizicki)

Metalle sind gefragter als je zuvor, für die Energiewende, Infrastruktur und – die auch in der Nachhaltigkeitsdebatte immer kontroverser diskutierte – Aufrüstung.  Besonders kritisch bei diesen Rohstoffen ist der Lieferkette. Metalle wie Lithium, Nickel, Cobalt werden noch immer zumeist unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen abgebaut. Die Recyclingrate liegt bei vielen Metallen im einstelligen Bereich. Das will die EU ändern.

Mit dem 2024 in Kraft getretenen Critical Raw Material Act werden drei Ziele verfolgt: 25% Einsatz recycelter Rohstoffe (Sekundärrohstoffe), 10% Abbau in der EU sowie 40% Weiterverarbeitung innerhalb der EU. Oder anders gesagt (sh. folgende Grafik): Höchstens 60% der in der EU verwendeten Rohstoffe sollen außerhalb der Staatengemeinschaft weiterverarbeitet worden sein. Nur mehr 75% sollen aus Primärrohstoffe kommen und höchstens 90% der Rohstoffe sollen außerhalb der EU abgebaut worden sein.



Genaue Zahlen zum Status Quo sind nicht verfügbar, weil im Moment nur Zahlen für einzelne der 34 kritischen Rohstoffe vorliegen. Einer EU-Studie zu Critical Raw Materials aus 2023 ist zu entnehmen, dass ein Drittel der Critical Raw Materials derzeit komplett importiert wird. Bei rund der Hälfte liegt die Importabhängigkeit bei über 90%.

Not In My Backyard
Mit EU-Unterstützung wurden bereits Dutzende Projekte gestartet, um die Zielsetzungen zu erreichen. Doch oft regt sich – gerade beim Thema Abbau – Widerstand.

„Jüngste Proteste gegen geplante Lithium-Minen in Serbien und Bosnien für westeuropäischen Konsum zeigen, dass Menschenrechtsthemen wie Ausbeutung fortbestehen, sich nun in näherem Umfeld nach ähnlichen Mustern wiederholen“, sagt dazu Christian Loy, Head of Research bei der rfu research in Wien.

Gerade in diesen Debatten könnten nachhaltige institutionelle Investoren ihren Einfluss geltend machen, so ist Loy überzeugt: „Hinsichtlich Arbeitsbedingungen, Menschenrechten und ökologischen Auswirkungen gibt es große regionale Unterschiede beim Rohstoffabbau. Diese können und müssen Investoren systematisch in ihre Anlagepolitik integrieren. Hier können sie mehr bewusstes Sourcing einfordern – etwa durch Abbau in der EU, um die Lieferkette zu verkürzen, aber auch die bewusste Vermeidung von Investments in Unternehmen, die wichtige Werte verletzen.“

Generell sieht Loy, dass im Rohstoffbereich bislang nur wenige Investoren ihre Einflussmöglichkeiten genutzt haben. „Es sollten sich die vereinzelten Engagement-Initiativen zu dieser Anlageform stärker bündeln und so den Einfluss von Investoren auf Firmen im Portfolio erhöhen.“

Solche Initiativen könnten auch mithelfen, die Nachfrage nach nachhaltigen Kontrakten an den Rohstoffmärkten zu stärken – etwa nach Kontrakten auf Sekundärrohstoffe, Zyanid-lose Goldproduktion, Fair Trade etc. Loy weiter: „An den Rohstoffbörsen wurden ESG-Risiken von Commodities bislang entweder ignoriert oder eher simplifiziert behandelt – etwa durch sehr selektive Ausschlüsse.“

Wie kritisch ist kritisch?
Die EU definiert „kritische Rohstoffe“ anhand von zwei Faktoren: Die wirtschaftliche Bedeutung und das Versorgungsrisiko. Dazu erläutert Loy: „Der Critical Raw Material Act hebt derzeit 34 Rohstoffe hervor, darunter sieben Metalle, die von uns nach dem Nachhaltigkeitsansatz analysiert werden: das sind Bauxit, Kobalt, Lithium, Platin, Palladium, Wolfram und seltene Erden (v.a. Neodym). Zusätzlich wurden Kupfer, Nickel und Lithium als strategisch wichtig identifiziert.“

Seit mittlerweile sieben Jahren analysiert und bewerte die rfu research mit dem rfu Commodity Rating Modell die sozialökologischen Auswirkungen von insgesamt über 70 Rohstoffen, darunter 16 unterschiedliche Metalle.

Für Investoren empfiehlt Loy auch darauf zu achten, wie Firmen lokale Communities in Projekte einbinden: „Wichtig wäre, Impact Investment auszuweiten und Investition in innovativere Beteiligungsformen zu fördern, wo lokale Benefits und Mitentscheidungsrechte sind.“ In Analogie zu Energie-Bürgerbeteiligungen könnten hier ähnliche Ansätze auch im Rohstoffabbau gedacht werden – auch innerhalb der EU.