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Kommentar zur Bankenlandschaft: Mehr und besseres Kapital bleibt zentrale Herausforderung

Für unsere aktuell erstellte Bankenstudie wurden 62 globale Institute unter die Lupe genommen. Dabei untersuchten wir die Entwicklung von Bilanzen, Problemkrediten sowie Eigenkapital und welche Abhängigkeiten zwischen Konjunktur, Banken und Ländern bestehen. Die Durchführung des selbst entwickelten Stresstests rundet die Gesamtanalyse ab. Die Ergebnisse geben Investoren und Risikomanagern Aufschluss, mit welchen Bonitätsveränderungen und Ratingverschiebungen zu rechnen ist.

Christian Fischer

Nach Jahren der anhaltend expansiven Politik der Notenbanken sind nun erste Lichtblicke am Konjunkturhimmel Europas und der USA zu erkennen. Zudem soll der angekündigte Asset Quality Review der EZB Vertrauen in die Finanzinstitute zurückbringen. So stellen sich Investoren derzeit vor allem die Frage, ob für eine nachhaltige Gesundung der Bankbilanzen gesorgt und der negative Ratingtrend der Banken gestoppt ist oder ob es sich auf „japanische Verhältnisse“ einzustellen gilt.

Für die Studie wurden die Bankinstitute in Bezug auf Aktiva-Qualität, Eigenkapital, makroökonomisches Umfeld und mittels eines Stresstests auf Herz und Nieren geprüft. Dabei zeigt sich ein unverändert heterogenes Bild der internationalen Bankenlandschaft. Im Euro-Raum stabilisiert sich die Bonität der Banken auf einem tiefen Niveau, welches noch knapp Investment-Grade Qualität erreicht. Dabei steht einer leicht positiven Tendenz in den Hartwährungsländern eine weitere, moderate Abschwächung im traditionellen Weichwährungsraum gegenüber. Der Unterschied zwischen starken und schwachen Banken dürfte sich auch im Jahresverlauf und mit Blick auf 2015 nur geringfügig verringern.


Sieben Banken im Bereich Non Investment-Grade
Positiv sticht die Entwicklung in den USA heraus. Seit der rigorosen Rekapitalisierung und mehrheitlich abgeschlossenen Bilanzbereinigung der US-Banken hat sich die Bonität jüngst klar verbessert, und weitere Fortschritte sind möglich. Auf vergleichbarem Niveau sind - im Schnitt - auch Banken beispielsweise aus der Schweiz, Deutschland, Kanada, Russland und Chile. Trotz Anzeichen einer Stabilisierung bleibt die schwache Bonität von Banken aus Italien, Spanien und Portugal unter Druck. Auch innerhalb vieler Länder bietet sich häufig ein heterogenes Bild.

Die Ratingverteilung der 62 für die Studie analysierten großen Banken aus 25 Ländern ergibt, dass lediglich sieben Banken im Bereich Non Investment-Grade liegen. Die niedrigsten Ratings mit B+ erhielten die spanische Banco Popular und die Banco Popolare SC aus Italien. Unter den fünf am besten eingestuften Banken mit dem Rating AA- ist JP Morgan Spitzenreiter, gefolgt von drei kanadischen Instituten. Das Ergebnis spiegelt die erfolgreiche Sanierung des nordamerikanischen Bankensystems gepaart mit der günstigen gesamtwirtschaftlichen Wachstumsdynamik deutlich wider.

Doch obwohl die globale Krise dank des unterstützenden Vorgehens der Zentralbanken abzuklingen scheint, ist keine vollständige Entwarnung im Bankensystem in Sicht. Risiken drohen unverändert aus verschleppten Strukturreformen im Euroraum, aber auch aus der global ausufernden Geldpolitik. Für die Emerging Markets ist neben institutionellen Schwächen das potenzielle Versiegen kurzfristiger Kapitalzuflüsse ein wesentlicher Risikofaktor. Problematisch können zudem einzelne regionale oder nationale Konsumkredit- und Immobilienmärkte werden. Insgesamt ist mittelfristig mit einer schlechteren Kreditqualität und höheren Risikokosten zu rechnen.


Abhängigkeit der Bonität von Staaten und Banken in Europa bleibt hoch
Interessant sind auch die Ergebnisse bezüglich des geschätzten Kapitalbedarfs beziehungsweise -überschusses nach Durchführung des Stresstests. Hier zeichnet sich ein enormes Gefälle zwischen den relativ soliden Banken und damit Gewinnern der Analyse und den Verlierern vor allem aus dem südeuropäischen Raum ab. Die Gewinner verfügen über eine deutlich höhere Stressresistenz bei erneuten externen Schocks und über einen finanziellen Spielraum für strategische Akquisitionen. Dagegen haben die Verlierer einen limitierten Handlungsspielraum bei der Bereinigung der Bilanz und Schwierigkeiten bei der Umsetzung der neuen regulatorischen Anforderungen.

Als weiteres Ergebnis zeigt sich, dass die gegenseitige Abhängigkeit der Bonität von Staaten und Banken in Europa hoch bleibt. Essenzielle regulatorische Schritte dürften mittelfristig weiter am fehlenden politischen Willen scheitern. Wir erwarten ein "Durchwursteln" als längerfristige Strategie der EZB, um für Banken Zeit zu kaufen und sie durch Konditionen und Volumina zu subventionieren. Mehr und besseres Kapital bleibt infolgedessen für viele Banken die zentrale Herausforderung.

Fazit
Da die Thesaurierungskapazität schwach und Spielraum wie Anreize für externe Kapitalerhöhungen begrenzt sind, dürfte die Reduktion von Kreditvolumen und Kapitalbedarf weiter im Vordergrund stehen - mit negativen makroökonomischen Konsequenzen vor allem für Banken in der Euro-Peripherie. Gerade im Euro-Raum verschärfen Bonitätsentwicklung, strukturelle Nachrangigkeit und ein neues Bail-In Regime die Risiken für erstrangig-unbesicherte Gläubiger erheblich.

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Christian Fischer ist seit 2009 Partner der Independent Credit View AG (I-CV). Der ausgewiesene Betriebsökonom hat im Jahre 2008 das MAS Corporate Finance erfolgreich abgeschlossen und ist Hauptautor der Bankenstudie. I-CV berät seit zehn Jahren institutionelle Investoren bei Anlagen in Kreditinstrumente und dies konsequent nach dem Investor-Pay Ansatz. Die Analysen der Experten mündet in einem I-CV Rating und einer Relative Value Empfehlung.