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Kommentar: Warum ab 2017 im Real Estate Management mit Corporate Social Responsibility eine neue Ära beginnt

Verantwortlich handeln – diese gesellschaftliche Erwartung an Unternehmen nimmt seit Jahren zu. Vor dem Hintergrund von Missständen wie dem einstürzenden Gebäude Rana Plaza in Bangladesch oder dem Abgasskandal wird zunehmend die Legitimation ausschließlich wirtschaftlich motivierten Handelns in Frage gestellt. Diesem Wertewandel in der Gesellschaft trägt u.a. die Europäische Union mit der CSR-Berichtspflicht Rechnung, die ab dem Fiskaljahr 2017 gültig sein wird.

Stephan Multhaupt

Danach müssen kapitalmarktorientierte Unternehmen mit über 500 beschäftigten Mitarbeitern mit öffentlichem Interesse über die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihres Handelns berichten. Das wird viele institutionelle Investoren und Analysten freuen, die seit langem auf mehr Transparenz drängen. Schließlich sorgt ein Zuwachs an Klarheit und Eindeutigkeit für Glaubwürdigkeit und Vertrauen bei den Share- und Stakeholdern, und auch Analysten haben durch die erweiterte Darstellung einen Mehrwert an Informationen.

Im Bereich Real Estate Management haben die CSR-Aspekte von nachhaltig und werteorientiertem Handeln bisher wenig Einzug gehalten. Wer aber denkt, dass die Transparenzanforderungen vor der Immobilienbranche Halt machen werden, hat sich getäuscht. Im Gegenteil: Viele Marktpartner sind betroffen.

Vonovia, alstria office REIT, Deutsche Wohnen, LEG Immobilien oder TAG Immobilien zählen heute schon zu den größten deutschen börsennotierten Immobilienaktiengesellschaften und stehen damit im öffentlichen Interesse. Mit den Übernahmen und Fusionen der letzten Jahre sind sie zunehmend interessanter auch für internationale Investoren geworden. Zudem wird davon ausgegangen, dass sich auch andere Geschäftsmodelle und Assetklassen zukünftig neben Bestandshaltern aus dem Wohnungssegment an der Börse platzieren werden.

Dax-Konzerne, Banken und Versicherungen sowie reine Immobilien-AGs der oben genannten Kategorie haben also den gesetzlich verbrieften Auftrag, sich mit den Herausforderungen der Zukunft zu beschäftigen und Konzepte dafür zu entwickeln.

Neben den börsennotierten Immobilienaktiengesellschaften wird die Neuregelung der CSR-Berichtspflicht auch Lieferanten und Marktpartner betreffen. Denn wenn Unternehmen des Kapitalmarkts strukturelle Umbrüche erleben, werden sie die in diesem Fall gewünschten Nachhaltigkeitsaspekte auch von ihren Geschäftspartnern erwarten. Ein Beispiel hierfür ist die BMW Group, die von ihren Partnern dieselben ökologischen und sozialen Standards erwartet, an denen sie sich selbst messen lässt. Als Grundlage hierfür dient der BMW Group Nachhaltigkeitsstandard für das Lieferantennetzwerk.

Neben einzelnen Vorreitern widmen sich ganze Branchen der Thematik, wie z.B. die deutsche Chemiebranche, die Nachhaltigkeit als Leitbild verankern will, oder die deutschen Lebensmittelhersteller, die sich eine transparentere und vergleichbarere Nachhaltigkeitsberichterstattung auf die Fahne geschrieben haben.

Eine wachsende Rolle kommt zukünftig auch dem Bereich Corporate Real Estate Management in großen Konzernen zu, die ebenfalls der CSR-Berichtspflicht unterliegen. Auch sie können durch ein modernes Immobiliencontrolling für weitere Transparenz sorgen, nachhaltiges Wirtschaften messbar machen und mit den erzielten Ergebnissen einen Beitrag in den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft leisten.

Ein gutes Beispiel ist auch Siemens Real Estate, die mit Konzepten wie der Green-Building-Initiative und dem Energieeffizienzprogramm den Ressourceneinsatz optimiert und gleichzeitig die Energieeffizienz seiner Gebäude erhöht. Damit sollen die konzerneigenen Immobilien über ihren gesamten Lebenszyklus wirtschaftlich konzipiert und betrieben werden. Ein anderes Beispiel ist die Generali, die als eines der ersten Unternehmen in Deutschland 2015 ein Inhouse-Nachhaltigkeitsscoring in das Immobilienmanagement implementiert hat. Danach wird einmal jährlich das Immobilienportfolio einem Scoring-Prozess unterzogen, bei dem jeweils weit über 100 Key Performance Indicators (KPI) zur Immobilienbewertung dienen.

Der Energieeffizienz, der Nachhaltigkeit sowie der soziokulturellen und funktionalen Qualität wird bereits jetzt schon auf Unternehmensseite zunehmend eine größere Berücksichtigung bei immobilienbezogenen Entscheidungen, zu denen auch Neuanmietungen oder Standortkonsolidierungen zählen, eingeräumt. Darüber hinaus können umfassende Lebenszyklusbetrachtungen – von der Planung, über den Bau und die Nutzungsphase bis zum Abriss – und Optimierungen von Bestandsobjekten oder von ganzen Immobilienportfolios die ökologische Nachhaltigkeit und langfristige Wirtschaftlichkeit sichern.

Damit kommt den Asset-, Facility- und Property-Managern in ihrer Schnittstellenfunktion zwischen Immobilie, Nutzer, Verwalter und Eigentümer eine größere Rolle zu. Im gemeinsamen Ziel der nachhaltigen Wertsteigerung von Immobilienportfolios stehen Instandhaltung, Messung und Steuerung, Umweltschutz und Sicherheit, Beschaffung und bauliche Maßnahmen sowie Mieterbindung im Vordergrund. Wer ein gutes Konzept entwickelt, kann Kostensenkungspotentiale identifizieren und Lösungswege entwickeln, die auch ressourcenschonende Technologien, Materialien und Verbrauchsmittel einbinden. Hierzu zählen ganzheitliche Technikkonzepte ebenso wie Green Cleaning in der Gebäudereinigung.

Die Vorteile einer verantwortungsvollen Ausrichtung im Real Estate Management werden nur dann wirksam, wenn sie mit Kennzahlen sowie quantifizierbaren Größen hinterlegt sind. Grundvoraussetzung für Messbarkeit ist die Definition von KPIs und die Generierung von validen Daten. Häufig ist es jedoch noch so, dass dezentrale Daten und weit verstreutes Know-how eine schwierige Steuerung bedingen. Zudem liegen die Daten oftmals in unterschiedlichen Systemen, Strukturen und Detailtiefen vor, was die Kompatibilität negativ beeinflusst.

Ein standardisiertes Immobilienmanagement hingegen kombiniert verfügbare Gebäudeinformationen, inklusive der Faktoren Energieeffizienz, Wassereinsparung, flexible Nutzungsmöglichkeiten, und Komfortaspekte für Nutzer mit den dazugehörigen Finanzdaten.

Was in einem wie der Immobilienbranche auf Gewinnmaximierung ausgerichteten System zählt, ist: Neue Konzepte müssen sich rechnen. Wer also sein verantwortliches Wirtschaften zukünftig belegen kann, was essentiell für das Risikomanagement ist, kann mit der Transparenz über Nachhaltigkeit echte Wettbewerbsvorteile bei Investoren, Analysten, Mietern, Stake- und Shareholdern erzielen.

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*) Stephan Multhaupt – der Diplomingenieur und Betriebswirtschaftler ist einer der beiden Gründer der Unternehmensberatung für Business Intelligence gmc² gerhards multhaupt consulting GmbH (www.gmc2.de). gmc² entwickelt Konzepte zur realen Wertschöpfung und erzielt diese durch die Optimierung von Prozessen unter Zuhilfenahme von Business Intelligence- und Data Analytics-Lösungen. Das Bonner Unternehmen ist langjährig vor allem in den Branchen der Immobilienwirtschaft, der Banken und Versicherungen sowie im Handel und in der Logistik zuhause.