Diese Unlogik sollte nicht überraschen. Martin Unger von Contrast Management Consulting erlebt oftmals folgende Defizite im Stiftungsmanagement:
*(Zu) geringe unternehmerische und Management-Kompetenz im Stiftungsvorstand
*Fehlende strategische Führung
*Unterentwickeltes Controlling-System, geringe Transparenz
*Fehlende bzw. mangelnde Aufsichts- und Kontrollfunktion
Diese Defizite wirken sich folglich auf die Selektion der oftmals extern vergebenen Vermögensverwaltungsmandate aus. Welche handlungsleitenden Erkenntnisse bieten sich nun für Stifter an:
*Präzisierung der Urkunde punkto Veranlagungskriterien, denn zeitgemäßes Vermögensmanagement in Stiftungen beginnt bei der Stiftungsurkunde
*Auswahl des Stiftungsvorstands nach unternehmerischer Qualifikation
*Etablierung eines um Experten erweiterten aufsichtsratsähnlichen Stiftungsbeirats
*Festlegung, dass Stiftungsvorstand regelmäßig eine Stiftungsstrategie mit Entwicklungs- und Performance-Zielen zu entwickeln hat, die dem Beirat vorgelegt werden muss – samt periodischer Evaluierung
*Notwendige Substitution veralteter Anlage-Prämissen um der finanziellen Repression entgegenwirken zu können
Zeitgemäßes Vermögensmanagement
Sehen wir uns den Aspekt des zeitgemäßen Vermögensmanagements näher an. Welche Faktoren könnten einen Ausweg aus dem Paradoxon für Stiftungsvorstände erleichtern?
Der große Philosoph und Universalgelehrte Leibniz definierte die vier Ursachen von Irrtümern: den Mangel an Beweisen, die geringe Geschicklichkeit, Beweise anzuwenden, den Willensmangel, von Beweisen Gebrauch zu machen, und die Anwendung falscher Wahrscheinlichkeitsregeln. Auch bei Stiftungsvorständen beginnt es also mit dem Willen und der Fähigkeit, Professionalisierungsbedarfe erkennen und heben zu können.
Die zuvor genannte Erkenntnis bei der Selektion von Vorständen nach unternehmerischer Qualifikation zu suchen, würde das Finden einer Kombination von Willen und Fähigkeit erleichtern. Die zu erwartende Dividende dieser Kombination wäre, dass Stiftungsvorstände sich schneller von alten Denkmustern in der Asset Allocation (wie Staatsanleihen = nahezu risikolos oder ausgelagertes Verwaltungsmandat = Verantwortung abgegeben) lösen könnten.
Spätestens seit Einsetzen der Aufklärung wissen wir, dass Wissen und Fertigkeit die Furcht vor imaginären Dämonen reduziert. Das gleiche Prinzip gilt auch hier. Die sich derzeit ausbildende, dritte Generation an Asset Allokation-Methoden mit ihren bisher rund 100 Asset Allokation-Prämissen erfordert einen mitdenkenden Investor/Stiftungsvorstand, der sich nicht vor der Komplexität des Finanzmarktes fürchtet und sich folglich in simplifizierende Antworten flüchtet, sondern der sich eine ausreichende Wissensbasis schafft, um die Möglichkeiten und Grenzen einer globalen Asset Allocation abschätzen zu können, ohne sich unnötig einzuschränken. Der zuvor angeregte aufsichtsratsähnliche Stiftungsbeirat könnte hier seinen Beitrag zur Wissensbasis leisten.
Unterstützt sollte der Bewegungsraum eines mitdenkenden Stiftungsvorstandes durch eine neue Remunerationskultur werden. Ein für die Vorstandsfunktion schlecht bezahlter Freundschaftsdienst lädt ein, diese Funktion hauptsächlich aus dem Blickwinkel der Reduktion eigener Haftungsrisiken zu sehen und sich auf die indirekten, Interessenskonflikt-beladenen Vergütungsaspekte der Vorstände über ihre Brotberufe heraus zu konzentrieren. Dies mag zwar kurzfristig im Interesse des Vorstandes sein, im Interesse des Stifters ist es zu keinem Zeitpunkt. Auch im Stiftungsvorstand muss das „skin-in-the-game“ Prinzip gelten. Erst dadurch wird die Vorstandsfunktion zu einem professionell servicierten Mandat im Sinne des in der Stiftungsurkunde formulierten Zwecks, bei marktadäquater Bezahlung. Kurz, das Prinzipal-Agent-Dilemma wäre entschärft.
Appell an die Stiftungsindustrie
Der Stiftungsindustrie in Österreich würde mehr Transparenz gut anstehen. Auf die involvierten Banken, Vermögensverwaltern, Rechtsanwälten und Steuerberatern, die sich Stiftungsmandate in einer Club-Mentalität untereinander aufteilen, würde der dadurch entstehende Wettbewerb wie eine Frischzellenkur punkto Servicequalität wirken.
Bisher gilt der erstaunlicherweise von Stiftern akzeptierte Gegensatz, dass die gestifteten Vermögen meist durch wettbewerbsfähiges, unternehmerisches Tun erwirtschaftet wurden, bei den Stiftungsvorständen Gleiches aber nicht in ihrem Wirken eingefordert wird. Die Zeiten in denen die Steuerersparnis durch eine Stiftungskonstruktion ausreichend signifikant war, um sich ein Maß an Ineffizienz im Verwalten einer Stiftung leisten zu können, sind vorbei. Selbst hier im Fürstentum Monaco wurde dieser neue Zeitgeist verstanden.
Mit einem Mehr an Transparenz würde auch die Datenqualität über die Stiftungsindustrie zunehmen. Eine verbesserte Datenqualität würde dem Lobbying pro Stiftung gegenüber politischen Entscheidern den gegenwärtig angestaubten Altherren-Anstrich nehmen. Modernes, wirksameres Lobbying wäre möglich. Als Nebeneffekt einer wissenschaftlich aufbereiteten Datenevidenz, würde sich auch das Image der Privatstiftung verbessern lassen.
Mit einem verbesserten Image in der öffentlichen Meinung, hätten dann wohl auch gemeinnützige Stiftungen in Österreich eine Chance. Eine Einsatzvariante, die in Deutschland dominiert. Mäzenatentum durch private, marktwirtschaftlich geprägte Initiativen umgesetzt via Stiftungen täte wiederum der Förderung des Unternehmergeistes in Österreich gut.
Die Vorteile der in diesem Beitrag gezeigten Denkhaltung ließen sich fortsetzen.
Es bleibt viel zu tun.