Der Kontext
Die Tätigkeit am Finanzmarkt ist komplex in ihrer Durchführung, jedoch nicht kompliziert in ihrer Aufgabenstellung zu fassen. Es geht darum, das Verhalten anderer Marktteilnehmer einzuschätzen, währenddessen man sich selbst einschätzen muss. Bereits in weniger globalisierten Lebensbereichen stellt dies eine non-triviale Aufgabe in der Bewältigung von Komplexität dar.
Wie kann die Aufgabenstellung personenzentriert sein, bei all der am Finanzmarkt ausgeprägten Präferenz zur Mathematik und ihrer Möglichkeit der Modellbildung, respektive algorithmischen Umsetzung? Es sollte uns nicht überraschen. Die Finanzwissenschaft ist Teil der Wirtschaftswissenschaften. Diese sind wiederum Teil der Sozialwissenschaften, also jenem Forschungsgebiet, das sich dem Verstehen der Interaktion von Individuum und Gruppe widmet. Quantitative Methoden können folglich sinnvolle Werkzeug darstellen, substituieren aber nicht die Letztverantwortung des Finanzmarktteilnehmers in seiner Markt- und Selbsteinschätzung.
Das Friedmansche wirtschaftswissenschaftliche Menschenbild der 1950-70er Jahre ist auch in ihrem Teilbereich, der Finanzwissenschaft, dominant zugegen. Eine Anekdote. Zwei meiner ehemaligen IUM-Studenten berichteten kürzlich von deren Master in Finance-Austauschsemester an einer ebenso renommierten Universität in London, dass sich deren Portfoliomanagementkurs hauptsächlich mit der „Modernen Portfoliotheorie“ beschäftigte. Sie übten vorwiegend, wie Portfolio-Varianzen und -Kovarianzen von Hand zu rechnen sind. Vergleichbar damit, als ob ein angehender Automechaniker im Jahr 2015 vorwiegend darüber unterrichtet wird, wie man Pferde in eine Kutsche spannt.
Beginnen wir mit der Überleitung zum Thema Ethik. Weil final eine personenzentrierte Aufgabenstellung, gilt auch für Finanzmarktteilnehmer: Arroganz, Stolz und Lügen gehen mit hohen emotionalen, wie materiellen Instandhaltungskosten einher. Authentizität und Simplizität sind sich selbst erhaltend.
Die Ethik - Definition von Ethik für Finanzmarktteilnehmer
Von Aristoteles als Begriff eingeführt, beschreibt die Ethik heute ein breites Feld an unterschiedlichen ethischen Positionen über das Wollen und Sollen. Sie sind in den beiden Hauptfeldern der deskriptiven und der normativen Ethik und ihrer metaethischen Grundlage kategorisiert. Allen Positionen ist die Zielsetzung gemein, Kriterien für gutes und schlechtes Handeln und die Bewertung seiner Motive und Folgen aufzustellen.
Nun beschäftigt die Frage, weshalb man moralisch sein soll nicht nur Finanzmarktteilnehmer des Jahres 2015. Bereits Plato warf die Frage des „ob“ in seiner Politeia auf. Theologische Herleitungen außen vor gelassen, verweist das Sollen auf eine Akzeptanz besserer Gründe, z. B. anhand der Theorie der rationalen Entscheidung. Die Antwort auf die Frage hängt also vom jeweiligen Verständnis von Vernunft ab.
Einschränkung
Ethik als praktische Wissenschaft kann nur allgemeine Prinzipien guten Handelns oder ethischen Urteilens begründen. Die Anwendung auf den einzelnen Fall ist im Allgemeinen nicht leistbar, sondern bleibt Aufgabe der praktischen Urteilskraft und des geschulten Gewissens. Bereits Aristoteles verglich dies mit der Kunst des Arztes oder Steuermanns.
Diese Einschränkung führt unmittelbar zum Durchsetzungsproblem der Ethik. Die Einsicht in die Richtigkeit ethischer Prinzipien mag zwar vorhanden sein, daraus folgt aber nicht automatisch, dass der Mensch auch im ethischen Sinne handelt (Schopenhauer). Die Einsicht in das richtige Handeln bedarf einer zusätzlichen Motivation oder eines Zwangs.
Für Finanzmarktteilnehmer des Jahres 2015 übersetzt: der Einzelne benötigt Wissen und Willen (intrinsisch), gepaart mit Zuckerbrot und Peitsche (extrinsisch), um seine Einsicht in die Richtigkeit ethischer Prinzipien auch in die Tat umzusetzen.
Über unethisches Handeln
Wissenschafter der UCLA Berkeley haben in 7 aufschlussreichen Untersuchungen (2012) den Zusammenhang zwischen sozialem Status und Unrechtsbewusstsein untersucht. Fazit: Je weiter oben in der sozialen Hackordnung stehend, desto weniger Hemmungen hat man, sich unethisch zu verhalten. Die Hypothese der Wissenschafter: Sozial höher stehende Menschen haben ein entspannter es Verhältnis zu Gier, sie sind der Ansicht, dass Gier nichts Schlimmes ist und sie auch ein Anrecht darauf haben, gierig zu sein. Die AutorInnen bieten weitere Erklärungen für das Ergebnis an, dass sozial besser Gestellte sich ethisch fragwürdig verhalten:
*Sie arbeiten an Orten, wo es weniger strukturelle Hindernisse für unethisches Verhalten gibt (z.B. mehr Privatsphäre etc.).
*Es fällt ihnen einfacher, die negativen Auswirkungen von unethischem Verhalten abzufedern.
*Ihr Selbstbild zeigt ihnen an, dass sie weniger Rücksicht auf andere nehmen müssen und zu mehr berechtigt sind.
*Sie orientieren sich stärker an Zielen und kümmern sich weniger um die Urteile anderer.
*Sie sind häufig in einer Wirtschaftstheorie geschult, die das Selbstinteresse als entscheidend für ein positives Gesamtergebnis hält.
Alle diese Gründe führen dazu, dass Gier als legitim und sogar positiv wahrgenommen wird – was wiederum ethische Hemmnisse schwächt (Quelle P. Wampfler).
Unethisches Handeln eines professionellen Finanzmarktteilnehmers
Abgesehen von den regulatorischen Vorgaben eines qualified/sophisticated/professional Investors, folgt nun ein Exkurs zur Profession an sich. Sie leitet sich ab vom lateinischen professio, also einem öffentlichen Bekenntnis zu einem Gewerbe, einem Beruf.
Nach Talcott Parsons bestehen und entstehen Professionen aus einem tätigkeitsspezifischen Wertekonsens, damit in der Lösung von bestimmten Problemen, deren Streben danach eine hohe gesellschaftliche Wertschätzung genießt. Eine weitere Prämisse für Profession stellt für Parsons das Risiko des Scheiterns bei dieser Tätigkeit dar.
In dem Begriff der Profession ist aus systemtheoretischer Perspektive der Beruf als erlernte und historisch gewachsene Erwerbsarbeit eine Teilmenge. Die Profession als ein autopoietisches Subsystem zeichnet sich nach Kurtz durch eine „spezifische Ausbildung für einen besonderen Tätigkeitsbereich“ aus. Sie ist dabei immer mit der Aufgabe konfrontiert, Wissen zu verwalten.
Was kann nun von einem professionellen Finanzmarktteilnehmer erwartet werden:
*Willen zur Wissenheit
*Willen zur Umsetzung seiner Wissenheit, trotz Risiko des Scheiterns
*Willen in der Umsetzung seiner Wissenheit einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen
Unethisches Handeln eines professionellen Finanzmarktteilnehmers nährt sich folglich aus diesen Quellen:
*Unwillen zur Wissenheit - Ergebnis: Unwissenheit
*Unwissenheit trotz Willen - Ergebnis: Unwissenheit
*Unwillen zur Umsetzung trotz Wissenheit - Ergebnis: Handeln wider besseren Wissens
Die Vortäuschung
„It starts with pretending.“ Als etablierte Form des unethischen Handelns professioneller Finanzmarktteilnehmer kann die Vortäuschung angeführt werden. Sie kann sowohl von Unwissenheit als auch vom Handeln wider besseren Wissens genährt werden. Geld als abstraktes Kommunikationsmittel der Macht zwischen Individuen wird an Finanzmärkten eine Plattform zum Austausch geboten. Dieses Kommunikationsmittel lädt auf Basis der Legitimation von Gier (Berkeley Studien) dazu ein, vorzutäuschen.
Professionelle Finanzmarktteilnehmer sind intelligent, wohlgebildet und wohlhabend – verdienen also zu Recht die Zuschreibung von Überlegenheit. Um aus dieser Hybris für den einzelnen Teilnehmer eine lebbare Form der Selbsteinschätzung zu gießen, bietet die Vortäuschung ein elegantes Ventil.
Die Kultur
Manifestiert sich die Hybris der Vortäuschung als Verhaltensmuster zwischen professionellen Finanzmarktteilnehmern, etabliert sich eine Kultur als symbolische Sinnerzeugung unter Gleichgesinnten. Ich will konkret auf eine kulturelle Ausprägung der letzten Jahre hinweisen.
Settlement Culture
Das Settlement/Der Vergleich stellt im juristischen Sinne einen Vertrag dar, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Regulierungsbehörden, allen voran die SEC, akzeptierten den Vergleich als probates Mittel zur Aufarbeitung der Great Recession und ihrer kausalen Treiber. Die <link http: dealbook.nytimes.com s-e-c-chairwoman-defends-settlement-practices>Begründung der ehemaligen SEC Chefin Shapiro: “People won’t settle with us if they have to admit. […] The settlements serve the purpose of putting the rest of the industry on notice. […] Our goal is always to maximize the return to investors. […] If we had to litigate every case, we would bring a lot fewer cases.”
Im Hearing eines US Senatsausschusses (2013) fand der scheidende Generalbundesanwalt der USA (quasi Justizminister) Eric Holder eine <link http: www.huffingtonpost.com eric-holder-banks-too-big_n_2821741.html>weitere Begründung für die Settlement Culture: Too big to prosecute: "I am concerned that the size of some of these institutions becomes so large that it does become difficult for us to prosecute them when we are hit with indications that if you do prosecute, if you do bring a criminal charge, it will have a negative impact on the national economy, perhaps even the world economy."
Eine Standardformulierung in Settlements ist die “neither admit nor deny” clause. Der Finanzmarktteilnehmer als Institution kauft sich frei, ohne sein Fehlverhalten eingestehen zu müssen. Der Lerneffekt für die verantwortlichen Personen bleibt minimal.
Zwei Beispiele zur Settlement Culture
Beispiel #1
In einem 2012 erschienenen Report des US Senats wurde der britischen Großbank HSBC nachgewiesen, dass sie Drogenkartellen, autokratischen Regimen und Terroristen erlaubte, Geldwäsche zu betreiben. Die Höhe des Vergleichs: 1,9 Mrd US-Dollar In Relation zu den bewegten Volumina sprechen wir hier in guter, alter Deutscher Bank-Manier von „Peanuts“. Alleine zwischen 2006-2009 wurden 670 Mrd. US-Dollar an Konto-Transaktionen und 9,4 Mrd. US-Dollar an Cash-Transaktionen in Mexiko nicht kontrolliert. Mexiko betrifft aber nur einen Bereich der nachgewiesenen Verfehlungen. Es darf davon ausgegangen werden, dass trotz der hohen Strafzahlung die Geldwäsche-Aktivitäten für die Bank ein gutes Geschäft waren. Das einzige was HSBC eingestand waren „compliance lapses“, also ein Lapsus in der KYC Administration. Kann einem jeden mal passieren. Wie wahr, solange man eine Bank betreibt. HSBC war nicht alleine. Der Economist trug die größten Strafzahlungen von Banken für Geldwäsche-Verfehlungen in dieser Aufstellung zusammen. Ein who-is-who der Großbanken.
An dieser Stelle könnten noch eine Vielzahl an Settlements der letzten Jahre genannt werden. Denken wir an den berühmten Goldman Sachs/Paulson ABACUS Deal oder den Libor Skandal. In fast allen Fällen konnten sich die Beteiligten von ihren - nicht eingestandenen - Verfehlungen freikaufen – von einigen wenigen Bauernopfern abgesehen. Die zwischen 2009 und 2014 von US Behörden ausgesprochenen Strafzahlungen und Settlements summieren sich auf über 130 Mrd. US-Dollar. So wird aus „Too-big-to-fail“ ein „Too-big-to-jail“.
Zusammengefasst: durch die Settlement Culture wird die Bestrafung von entdecktem unethischen oder sogar kriminellem Verhalten zu einem cost of doing business – also einem banalen Kostenfaktor in der Abwägung von Geschäftsinteressen. Um die Ironie auf die Spitze zu treiben: Newsweek recherchierte, dass ein Gutteil der Settlement Zahlungen von der Steuer absetzbar ist.
Die Gegenbewegung zur Settlement Culture ist noch schwach ausgeprägt. Kritiker wie Sen. Elisabeth Warren haben zwar die Argumente auf ihrer Seite, finden aber nur langsam Gehör. Legendär ist Warrens <link https: www.youtube.com>simple Frage an 7 US Regulatoren in ihrem ersten Senate Hearing: „Tell me about the last few times you have taken the biggest financial institutions on Wall Street all the way to a trial“. Unisono erhielt sie zur Antwort, man könne sich nicht daran erinnern. Amazing…
Unethische Asset Allocation-Methoden
Der Titel des Artikels bezieht sich auf unethische Asset Allocation Methoden. Ein langer Weg von der Überschrift bis hierher. Doch musste der Bogen gespannt werden, wie unethisches Verhalten von professionellen Finanzmarktteilnehmern zu verstehen ist. Die zwei nachfolgend genannten Methoden stellen einen Auszug und keine taxative Aufzählung dar. Auch ist mit deren Abfolge keine Reihung verbunden. Beide stellen unethisches Handeln dar, wie zuvor definiert. Sie werden also entweder von Unwissenheit oder von Handeln wider besseren Wissens genährt.
Ursprünglich sollte noch eine dritte Methode, nämlich der Einsatz der Modernen Portfoliotheorie (Mean- und Minimum Variance Optimization), als unethisch angeführt werden. Aufgrund der bereits ausufernden Länge des Artikels darf ich auf die dazu notwendige Beweisführung in unserem 2014 erschienenen Buch „Portfoliomanagement in Unternehmen“ (Grimm/Wilhelmer/Schuller, 2014, Springer Verlag) verweisen.
Market Timing
Zu den Implikationen der zweiten Asset Allocation Generation gehört die Unterscheidung zwischen Strategischer (SAA) und Taktischer Asset Allokation (TAA). Sie ist eine Weiterführung der Idee des 20. Jahrhunderts, dass Märkte „getimed“ werden können (TAA). Der eigenen Fähigkeit zur mehrheitlich richtigen Prognose sei Dank. Damit wird also verstanden, dass das Risiko-Return Verhalten eines Portfolios optimiert werden kann, in dem auf Ebene der Einzeltitel oder Assetklassen sektoral, geographisch oder direktional rotiert wird. Dadurch könnte ein Portfolio sowohl an volkswirtschaftlichen Expansionsphasen, als auch an rezessiven Phasen profitieren. Kurz, man versucht entlang eines Wirtschaftszyklus das Portfolio antizipativ auf die nächste Phase vorzubereiten. Gleiches gibt man an, auch für die Inflektionspunkte in der Bepreisung von Assets tun zu können. Soweit der Anspruch.
Wir wissen aus einer Vielzahl von Studien, dass die Prognosefähigkeit von Ökonomen und Asset Managern hinsichtlich der Zyklenbestimmung stark limitiert ist. Beispielhaft seien hier William Sherden´s „The Fortune Sellers” (Sherden, 1998) und Michael McCracken, „How Accurate are forecasts in a recession”, (McCracken, 2009) genannt. James Montier fasst die Unfähigkeit von Ökonomen und Analysten, Wirtschaftszyklen oder Marktbewegungen zu antizipieren, in „Behavioural Investing“ (Montier, 2007) augenscheinlich zusammen. Verständlicher Anspruch von beiden Gruppen ist es, die Prognose als vorlaufenden Indikator zu positionieren. Tatsächlich folgen die Konsensprognosen zeitversetzt den tatsächlichen Kursverläufen. Unserer kognitiven Dissonanzen sei Dank. Eine <link http: press.princeton.edu titles>groß angelegte Studie von Prof. Tetlock (UPENN) erschien 2006 auf Basis von 28.000 Prognosen seitens Experten in unterschiedlichen Professionen. Ergebnis: deren Prognosen auf Basis von mathematischen Modellen, Denkschulen, etc. waren statistisch ununterscheidbar zu willkürlichem Raten.
Es spielt dabei keine Rolle, ob die Prognosen von privaten Finanzmarktteilnehmern, wie Investment Banken, oder von supranationalen Institutionen wie dem IWF ausgearbeitet werden. Apropos. Dieser ließ <link http: www.ieo-imf.org ieo files completedevaluations>seine Prognosefehler durch das IEO (Independent Evaluation Office) analysieren. Ergebnis: „The accuracy of IMF short-term forecasts is comparable to that of private forecasts. Both tend to overpredict GDP growth significantly during regional or global recessions, as well as during crises in individual countries.“ Deren Prognosen sind also vergleichbar falsch wie bei privaten Finanzmarktteilnehmern. Wie beruhigend.
Nobel Laureat Prof. Shiller begründete kürzlich in seinem Beitrag „<link http: www.project-syndicate.org commentary are-economists-good-by-robert-j--shiller-2015-01>What Good Are Economists“, dass es für Ökonomen durchaus ein für die Realwirtschaft sinnstiftendes Betätigungsfeld gibt, die Prognose gehört aber nicht dazu.
Nun darf von einem professionellen Marktteilnehmer erwartet werden, dass er sich seine eigenen Fertigkeiten und deren Grenzen vergegenwärtigt. Am Ende müsste die Einsicht stehen, das Glücksspiel „Market Timing“ zu unterlassen. Stattdessen wird versucht mit noch komplexeren mathematischen Modellen an der Prognosegüte zu arbeiten. Prognosen sind Teil der Marketingstrategie von professionellen Finanzmarktteilnehmern. Von ihnen abzulassen widerspricht dem Geschäftsinteresse. TV- und Radiostationen nehmen das Wechselspiel von Mainstream und Outlier Prognosen dankend an. Das Programm muss gefüllt werden.
Ich darf den exzentrischen Hedge Fund Manager Hugh Hendry (Eclectica) zitieren: „We spend so much time, resources and money trying to see the future. Really, we´re spending money to delude ourselves. You have no chance of seeing the future. It´s better to recognize that.“ Willkommen in der Vortäuschung. Ein unethisches Handeln. QED.
Index-hugging Publikumsfonds
Die Existenzgrundlage für traditionelle Publikumsfonds (Long-Equity / Long Fixed Income / Balanced Portfolio) liegt in der Aussicht auf Outperformance gegenüber der jeweiligen Benchmark. Man spricht dabei vom Erzielen von Alpha. Dazu muss die Brutto-Outperformance im Vergleich zum Index groß genug sein, um nach operativen Managementkosten, Transaktionskosten, Strukturkosten und Vertriebskosten immer noch Alpha in das Portfolio des Investors zu liefern. So lautet die Annahme.
Wie gut gelingt es der Industrie, die eigenen Ansprüche zu erfüllen? Nun, nicht allzu gut. Mit steter Regelmäßigkeit belegen Studien die Underperformance von traditionellen Publikumsfonds. Einige Beispiele sind aufgelistet: Edelen, Richard Evans (2007): „Scale Effects in Mutual Fund Performance – The Role Of Trading Costs” | Christopher Philips, Francis Kinnery (2010): „Mutual Fund Ratings and Future Performance” | Marlena Lee (2009): „Is there skill among active bond managers?” | Larry Swedroe (2011): „The Quest for Alpha” | Roger Burton Malkiel (1996): „A Random Walk Down Wall Street” | Mark Carhard (1997): „On Persistence in Mutual Fund Performance,” | Mark Carhart, Jennifer Carpenter (2002): „Mutual Fund Survivorship”.
Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Ob bei kurzen oder langen Zeiträumen, Aktien oder Rentenfonds, erfahrenen oder durchstartenden Managern. Das Muster der chronischen Underperformance von traditionellen Publikumsfonds kann seit Mitte des 20. Jahrhunderts als stabil angenommen werden.
Sollte man nun einwerfen wollen, dass sich die Industrie seit geraumer Zeit mit Innovationen zu bessern versucht – Stichwort 130/30 Fonds, Absolute/Total-Return Publikumsfonds oder Alternative UCITS auf Basis der traditionellen Asset-Klassen - sei eben jenen eine Statistik gegenübergestellt: Laut 2011 ICI-Factbook hielten Aktienfonds – inklusive etwaiger Mutationen - weltweit Ende 2010 zu 95,2% Aktien und 3,5% Cash. Alternative Spielvarianten in einer Publikumsfondshülle repräsentieren zwar eine wachsende, aber immer noch marginale Minderheit.
Toxische Formel: Fees + Index-hugging
Prof. Amihud (NYU Stern University) co-publizierte <link http: www.wsj.com articles sb10001424127887324442304578231851362953728>2013 eine Studie, ob traditionelle Publikumsfonds ihre Fees wert sind. Sein Ergebnis: Der Median-Publikumsfonds hat einen R-squared von 93% zum Index. D.h. die Performance von 50% aller untersuchten Publikumsfonds kann zu 93% durch die jeweilige Indexperformance erklärt werden. Sein Kommentar: „They tell you they are active funds and take your money but do something close to the index.“ Nicht umsonst sagt ein altes Finanzmarkt- Sprichwort sagt: „Mutual Funds are sold, ETFs are bought.“ Es verweist also auf die immer noch gut funktionierenden Vertriebswege der Publikumsfonds-Initiatoren, trotz bescheidender Leistungsschau.
In den Nullerjahren etablierte sich ein Maß, wie die Vielzahl an Index-hugging Publikumsfonds durch eine Kennzahl aussortiert werden kann: Active Share. Nachzulesen in: Wermers (2003) „Is Money Really Smart? New Evidence on the Relation Between Mutual Fund Flows, Manager Behavior and Performance Persistence“ / Brands, Brown & Gallagher (2005): „Portfolio Concentration and Investment Manager Performance“ / Kacperczyk, Siam & Zheng (2005): „Unobserved Actions of Mutual Funds“ / Cohen, Polk & Silli (2010): „Best Ideas“. Oftmals zitiert ist die Studie <link http: rfs.oxfordjournals.org content>„How Active Is Your Fund Manager?“ (2007) von Cremers (Oxford University) und Petajisto (Yale University).
Das konnten sich die großen Managementgesellschaften traditioneller Publikumsfonds wie Fidelity nicht bieten lassen. Deren konkrete Entgegnung erschien Anfang 2014 („<link https: www.fidelity.com bin-public documents leadership-series_active-share.pdf>Active Share: A Misunderstood Measure in Manager Selection“), in der sie die Maßzahl konzeptionell zu diskreditieren versuchten. John Authers, einer der profiliertesten Financial Times Journalisten, zerlegte das Fidelity Paper nur kurze Zeit später in seinem Artikel „Active fund managers are closet index huggers“. Zu Recht. Fidelity lieferte eine durchsichtige Auftragsarbeit. Durchaus gängig in unserer Industrie.
Das Betreiben und Verkaufen von traditionellen index-hugging Publikumsfonds ist unethisch. Die daran beteiligten Personen könnten und müssten es besser wissen. Gerne wird beansprucht, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, doch dies ist lediglich eine weitere Ausprägung der zuvor erläuterten Vortäuschung. Tatsächlich wird mit Kunden ein klassisches Spiel nach der „Greater Fool Theory“ vollzogen. Sprich, selbst wird etwas Dummes in der Hoffnung produziert, jemand ist noch dümmer und kauft es einem ab.
Dabei geht es hier nicht um die leidige
Debatte zwischen Aktiv VS Passiv Investments. Aktiv gemanagte Portfolios mit einer realistischen Chance auf Outperformance für den Investor haben ihre Existenzberechtigung. Wenn ein Manager in einer Nische operiert, in der ihm die gesammelte und interpretierte Information einen Vorsprung im Verständnis gegenwärtig kausaler Treiber gibt, ist eine realistische Alpha Chance für den Investor gegeben. Hierfür braucht es keine Prognosen. Sind repräsentieren derzeit die Ausnahmen. Vorgetäuschter Alpha-Anspruch bei konsistenter Underperformance zum Beta aufgrund der strukturellen Konzeption eines Produktes ist nicht nur abzulehnen, sondern zu als unethisch zu verurteilen.
Anstatt in traditionelle Index-hugging Publikumsfonds zu investieren, sollte der institutionelle, wie private Investor gleich in Indexfonds oder ETPs allokieren. Diese erheben keinen Alpha-Anspruch und sind deutlich kostengünstiger.
Bei Bedarf des Lesers kann eine Vielzahl an empirischen Studien zum Thema nachgereicht werden. Für konkrete Lösungen zu Asset Allocation Implikationen oder zur Finanzmarktarchitektur kontaktieren Sie uns unter <link>info@panthera.mc.
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*) Markus Schuller (mhschuller(at)panthera.mc) ist Managing Director bei Panthera Solutions, einer Alternative Investment Consultancy im Fürstentum Monaco. Panthera ist spezialisiert auf Strategic Asset Allocation Consulting für Institutionelle Investoren. Der robuste Strategieansatz ergibt sich durch das Abbilden stabiler Megatrends im Multi-Asset Format auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Trend & Allokationsforschung (<link http: www.panthera.mc>www.panthera.mc).
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