Die Welt hat bereits einen Temperaturanstieg von etwa einem Grad Celsius erlebt und wir sind derzeit auf dem Weg, das verbleibende Kohlenstoffbudget, das mit einem Anstieg von 1,5 Grad Celsius einhergeht, bis zum Jahre 2040 auszuschöpfen. Es ist gut möglich, dass wir im Jahre 2100 mit einer Erwärmung von 3 Grad oder sogar 4 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau rechnen müssen. Selbst wenn wir die Erwärmung auf 2 Grad Celsius einschränken können – wie es im Pariser Klimaabkommen von 2015 festgesetzt wurde – werden die Auswirkungen weitaus verheerender sein als mit dem derzeitigen Zielwert von 1,5 Grad Celsius.
Laut dem jüngsten Bericht des „Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)“ bleiben uns nur zwölf Jahre, um die CO2-Emissionen zu reduzieren und die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen und somit Millionen von Menschen vor Dürre, Überschwemmung, extremen Wetterereignissen und der damit einhergehenden Armut zu bewahren. Der Bericht unterstreicht die Notwendigkeit schneller und einschneidender Änderungen in diesen vier bedeutenden globalen Bereichen: Energie, Landnutzung, Städte und Industrie.
Szenario: Wahrscheinlichkeit eines Jahrhunderthochwassers bei einem Temperaturanstieg von 2°Celcius
Was hat dies mit uns zu tun?
Der Präsident der „International Union of Architects (UIA)“, Thomas Vonier, wies darauf hin, dass die vorherrschenden Praktiken im Bausektor keinesfalls nachhaltig seien. Der Sektor verbrauche eine hohe Menge an Energie und natürlichen Ressourcen und sei ein massiver Abfallproduzent. Dennoch sei der Immobiliensektor auch die Branche mit den kostengünstigsten Mitteln zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes, so dass von ihr entscheidende Impulse für einen Wandel in der Gesamtwirtschaft ausgehen können.
Vonier ist der Ansicht, dass Architektur und Design entscheidend zur Lösung einiger von Menschen verursachten Problemen beitragen können. Das Technology Strategy Board der britischen Regierung schätzt, dass etwa 45% der gesamten Kohlenstoffemissionen (Whole-Life-Carbon: WLC) in Großbritannien von Gebäuden stammen: 27% aus Wohngebäuden und 18% aus Gewerbegebäuden.
Mit Instrumenten wie der „Building Research Establishment Environmental Assessment Method“ (BREEAM) kann der tägliche betriebliche CO2-Ausstoß gemessen werden. Jedoch übergehen sie Emissionen, die sich auf die physischen Eigenschaften des Gebäudes beziehen und zwischen der Hälfte und drei Vierteln der lebenslänglichen Emissionen einer Immobilie ausmachen.
Eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5° Celsius erfordert eine Reduzierung der Gebäudeemissionen um 80-90% bis zum Jahre 2050 auf globaler Ebene. Fortschrittliche Volkswirtschaften müssen dabei die Führung übernehmen und CO2-frei werden. So verfolgt zum Beispiel das britische Green Building Council mit seinem „Advancing Net Zero“-Programm das gemeinschaftliche Ziel, die Bauindustrie bis zum Jahre 2050 emissionsfrei zu gestalten – mittels der Entwicklung nachhaltiger Gebäude und Nachrüstung bestehender Portfolios, um diese zukunftssicher zu machen.
Architekten und Entwickler stehen in der Pflicht, alle verwendeten Materialien und deren Auswirkungen zu berücksichtigen. Sie befassen sich zunehmend mit einer weitaus effizienteren Nutzung von Ressourcen über deren gesamte Lebensdauer, stellen sich ihrer Verantwortung, die Alterung von Gebäuden zu vermeiden, und setzen auf kohlenstoffarme Materialen sowie Wiederverwertbarkeit und Recyclingmöglichkeiten.
Laut eines Berichts von Fannie Mae senken beispielsweise umweltfreundliche Maßnahmen wie der Einsatz von energieeffizienten Glühbirnen, Toiletten mit geringem Wasserdurchlauf und umweltfreundliche Heiz- und Kühlsysteme die Stromkosten für Mietwohnungen erheblich. Im Durchschnitt sparten Mieter in den USA etwa 145 US-Dollar pro Jahr, während Vermieter insgesamt 33 Mio. US-Dollar an Betriebsausgaben für ihre 200.000 Gebäude einsparten. Die Investitionskosten in diese umweltfreundlichen Maßnahmen amortisierten sich in der Regel innerhalb von sechs Jahren.
In unserem eigenen Immobilienportfolio konnten wir durch relativ einfache Maßnahmen erhebliche Einsparungen erzielen: beispielsweise haben wir durch effiziente Beleuchtungs- und Steuerungsoptimierungen den betrieblichen Energieverbrauch um 10-25% gesenkt. Während es von entscheidender Bedeutung ist, dass die Immobilienbranche ihre Anstrengungen zur Begrenzung des CO2-Ausstoßes erheblich verstärkt und somit schlimmere Auswirkungen des Klimawandels verhindert, müssen Immobilieninvestoren auch Anlagerichtlinien entwickeln, die die voraussichtlichen Folgen eines Klimawandels in den kommenden Jahrzehnten berücksichtigen. Denn es wird damit zu rechnen sein, dass vom Klimawandel sehr stark betroffene Gebiete an Wert verlieren werden.
Die Art und Weise, wie wir bauen, kann Ungleichheiten verschärfen und die Gesundheit beeinträchtigen, aber auch nachhaltige Gemeinschaften und mehr Lebensqualität für alle schaffen. Wir sind zuversichtlich, dass wir mit unseren Responsible Investing und Impact Investing Strategien diese dringenden Probleme angehen und zu lösen versuchen.
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*) Maria Grubmüller ist im globalen Research-Team von Nuveen Real Estate ist für die deutschsprachigen Länder verantwortlich. Zuvor befasste sie sich mit der gewerblichen Immobilienforschung in UK und in Europa. Bevor sie im Jahre 2016 in das Unternehmen kam, war sie unter anderem fünf Jahre für Cushman & Wakefield tätig. Sie hatte zuvor Positionen bei JLL, MSCI, M&G Real Estate, Invesco Real Estate und Knight Frank inne, wo sie sich zum einen auf die europäischen Märkte und zum anderen auf den Gesundheitssektor fokussiert hatte.
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Maria Grubmüller