Investoren berücksichtigen zunehmend ESG-Aspekte bei der Auswahl von Finanzprodukten. Laut FNG (Forum nachhaltige Geldanlage) hat in der DACH-Region das investierte Vermögen in nachhaltige Investmentfonds und Mandate von EUR 33 Mrd. (2007) auf EUR 199 Mrd. (2017) zugenommen und sich damit in nur zehn Jahren versechsfacht.
Das hat unterschiedliche Gründe. So haben beispielsweise kirchliche Institutionen, die auf diesem Gebiet schon vor vielen Jahren Initiativen gesetzt haben (z.B. Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden in 1997) ihre ESG-Kriterien immer weiterentwickelt. Zuletzt hat die österreichische Bischofskonferenz im Januar 2018 Mindeststandards für die „ethische Geldanlage“ definiert. Kirchliche Rechtsträger haben zwei Jahre Zeit die Inhalte dieser Richtlinie umzusetzen. Der Leitfaden definiert nicht nur die Anforderungen, sondern fordert auch die Implementierung effektiver Kontrollmechanismen.
Auch die seit diesem Jahr in Kraft getretene „EbAV-Richtlinie“ (EU-Richtlinie 2016/2341 vom 14.12.2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge (EbAV)) hat im Bereich Nachhaltigkeit Vorgaben für Pensionskassen in Deutschland und Österreich festgelegt, die insbesondere bei der Auswahl von Vermögenswerten und bei der Informationspflicht (Vgl. u.A. § 25a öPKG, § 7a dAltZertG und §144 dVAG) zu berücksichtigen sind. Inhaltlich vergleichbare Aktivitäten werden in der Schweiz durch den „Schweizer Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen“ („SVVK-ASIR“) entfaltet.
Komplexität der Unternehmensstrukturen braucht eine umfassende Datenbasis
Die über die Jahre stark zugenommene Komplexität der Unternehmensstrukturen (Stichwort Holding-Gesellschaften) hat eine Überwachung der Einhaltung von ESG/Carbon-Kriterien extrem erschwert. Die Herausforderung liegt in der praktischen Umsetzung. Im MSCI World Index sind aktuell beispielsweise 25 Unternehmen vertreten, die in einzelnen Geschäftsfeldern gegen die Prinzipien des UNGC (United Nations Global Compact) verstoßen. Weitere zehn Unternehmen sind in umstrittenen Geschäftsfeldern (z.B. Waffen, Gentechnik, Alkohol) tätig. Ein effizientes Monitoring und Reporting erfordert leistungsfähige Systeme und entsprechendes Know-how in diesem Bereich.
Eine umfassende Datenbasis ist Voraussetzung, dass der Asset Manager in seinen Anlageentscheidungen nicht eingeschränkt wird und dadurch die Anlageergebnisse beeinträchtigt werden. Auch die Vergleichbarkeit von „ESG-Ratings“ in Bezug zu einer Benchmark und der jeweiligen Peer Group ist ein wesentlicher Aspekt, den ein ESG/Carbon-Reporting ermöglichen soll. Wenn Banken und Vermögensverwalter unterschiedliche Methoden zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Portfolios anwenden, ist die Vergleichbarkeit für den Investor oftmals nicht gegeben.
Frühzeitig Voraussetzungen schaffen
Zusammenfassend sind folgende Faktoren für eine effiziente Überwachung und Berichterstattung nachhaltiger Geldanlagen elementar:
*Transparenz: Die Methodik der Ermittlung der Kennzahlen bzw. des Ratings ist transparent und nachvollziehbar. Ein Look-through bei Fonds ist möglich.
*Vergleichbarkeit: Eine einheitliche Methodik stellt sicher, dass verschiedene Depots nach gleichen Massstäben bewertet und die Ergebnisse vergleichbar werden.
*Umfassende Datenbasis: Nachhaltiges Investieren sollte nicht eine unnötige Einschränkung des Anlageuniversums zur Folge haben.*
*Benchmark/Peer Group: Ein Vergleich der Resultate mit der Benchmark bzw. anderen Vermögensverwaltern liefert aufschlussreiche Ergebnisse zur Verbesserung des Ratings.
Neben den regulatorischen Vorgaben für Banken, Vorsorgekassen und Versicherungen wird die Entwicklung zunehmend auch durch die Nachfrage von privaten Investoren vorangetrieben werden. Der Aktionsplan der Europäischen Kommission hat darüber hinaus das Ziel, den gesamten Finanzsektor in die Ziele nachhaltiger Finanzierung aktiv miteinzubinden. Investoren sind gut beraten, entsprechende Voraussetzungen zu schaffen, um die Nachhaltigkeit ihrer Geldanlagen effizient überwachen und darüber aussagekräftig berichten zu können.
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*) Melanie Kühlborn-Ebach, Geschäftsführerin LMM Investment Controlling, Deutschland und Stefan Kargl, Geschäftsführer LMM Investment Controlling, Österreich
Kommentar: Nachhaltiges Investieren – von der Nische zum Standard

M. Kühlborn-Ebach und S. Kargl
