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Kommentar: Management von Aktienportfolien – Evidenz statt Ego

Unter Asset Managern wird bekanntlich gern über den Kosten- und Wettbewerbsdruck durch ETF und andere passive Investmentprodukte geklagt. Dabei ist deren Aufschwung für wirklich aktive Vermögensverwalter eigentlich eine gute Nachricht: Sie bieten das genaue Gegenteil und können sich entsprechend positionieren. Nur für die „Index Huggers“, die mit ihrem Portfolio doch bloß den Vergleichsindex nachbilden, aber zugleich die Gebühren für aktives Management verlangen, ist in diesem Markt kein Platz mehr.

Chris Carter

Deswegen haben viele Investoren und Asset Manager völlig zu Recht einen Paradigmenwechsel vollzogen und setzen – vor allem im Aktienbereich – auf stärker fokussierte Portfolien. Dort hinein gelangen dann nur Unternehmen, von deren Erfolgen die Manager völlig überzeugt sind. Das Buzzword lautet „High Conviction“. Doch wo endet die Überzeugung und beginnt der „Bias“? Die überzeugten Portfoliomanager gewinnen ihre Erkenntnisse und Eindrücke meist aus dem Dialog mit den Unternehmen und deren CEOs – ein Dialog übrigens, den immer mehr Portfoliomanager auch gern öffentlich inszenieren. Ich befürchte, dass es aus der Sicht eines Investors unter dem Strich gefährlich sein kann, sich auf diese Ebene zu begeben.

Zu viel Nähe trübt den Blick und macht dafür anfällig, dem Storytelling der Unternehmenslenker allzu leicht Glauben zu schenken. Dies führt unweigerlich zu nicht objektiven Investmentscheidungen. Im politischen Journalismus ist das Phänomen längst bekannt: Je näher ein Berichterstatter an den Regierenden dran ist und je länger er sich in dieser Nähe aufhält, umso größer ist die Tendenz, regierungsfreundliche Positionen zu vertreten. Das haben verschiedene Studien belegt. Deshalb vermeiden wir konsequent die PR-getriebenen Narrative der Unternehmenslenker und, ziehen wir es vor, unsere eigenen Narrative aus den Zahlen abzuleiten.

Unsere Anlagephilosophie ruht fest auf Fundamentaldaten. Und wir streben danach, die Subjektivität und Verzerrungen zu beseitigen, denen jede fundamentale Anlagestrategie manchmal zum Opfer fallen kann. Wir glauben, dass harte Evidenz entscheidend ist, weshalb wir durch Forschung und Erfahrung einen Rahmen von vier Auswahlkriterien geschaffen haben, die wir systematisch auf unser Anlageuniversum anwenden. Entscheidend ist, diese Kriterien im Zusammenspiel zu betrachten, um zu ermitteln, was wir als ideale Aktie definieren. Dies übersetzen wir in ein Portfolio aus Adressen mit gutem Kapitalmanagement, mit stetigen Reinvestitionen von Gewinnen in das Wachstum, mit einem nachhaltigen positiven Kurstrend und mit einer vom Markt erwarteten Anpassung der Gewinnerwartung nach oben. Wir sind überzeugt von systematischen, wiederholbaren und evidenzbasierten Prozessen, die sich nur an Daten und Fakten orientieren.

Wir glauben an eine Kombination von Kunst und Wissenschaft, sprich: quantitativen Analysen auf Basis aller verfügbaren Daten einerseits und eine starke Auswahl auf Basis des persönlichen Urteils von erfahrenen Investoren, andererseits. Das führt zu Portfolios mit einem hohen „Active Share“ von über 70% und häufig mehr als 90% - völlig unabhängig vom Index, ohne Beschränkungen und variabel in Branche, Land und Marktkapitalisierung. Dennoch wird ein Origin-Portfolio unabhängig vom breiteren Makrobild immer die gleichen konsistenten Merkmale aufweisen, so dass ein institutioneller Investor bei der Zusammenstellung seiner eigenen Allokation sicher sein kann, wie sich eine Origin-Allokation in einem bestimmten Marktumfeld verhält.

Um diese Zuverlässigkeit liefern zu können, braucht es einen stringenten Investmentprozess, der klar definierten und operationalisierten Kriterien folgt und in drei Stufen abläuft. Zunächst ergibt sich aus den Mindestanforderungen an Marktkapitalisierung und Liquidität ein Universum von 1.500-5.000 Unternehmen je nach Strategie. Diese werden Monat für Monat von unserem speziell entwickelten System überprüft und anhand der vier von uns definierten Kriterien automatisch bewertet. Daraus ergibt sich eine Vorauswahl, die wir in die zweite Stufe - die individuelle Due Diligence – mitnehmen, wobei jedes Teammitglied die Unternehmen anhand der vier Kriterien untersucht und bewertet. Die Durchschnittswerte führen zu einer verfeinerten und geordneten Liste von Unternehmen, als eine Art "Konsens"-Sicht des Teams, aus der jedes Teammitglied unabhängig seine Empfehlungen für Portfolioveränderungen vorschlägt. Auch die Unternehmen im Portfolio müssen sich kontinuierlich beweisen und werden monatlich neu bewertet.

Nach diesem Prinzip ist es nicht der einzige Portfoliomanager, der die Anlage "seines" Fonds steuert. Vielmehr sind wir ein Team von erfahrenen Investoren, deren Urteilskraft nur ein Bestandteil des Investmentprozesses ist. Die Strenge dieses Prozesses bietet einen konsistenten Ansatz, der das Risiko von Style Drifts und die verhaltensorientierte Gewichtung traditioneller Investmentansätze ausschließt.

Wir sind der Meinung, dass Portfoliomanager nur solche Fakten berücksichtigen sollten, die im Anlageprozess als relevant angesehen werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass man durch den Lärm von vermeintlichen "Nachrichten" oder "Makro"-Ereignissen nervös wird. Wir sind nur an harten Daten und Fakten interessiert, die uns sagen, ob ein Unternehmen das Zeug dazu hat, ein ideales Portfoliounternehmen zu werden. Daher sind wir nicht an makroökonomischen Analysen und Marktprognosen interessiert, aus denen andere Ansätze ihre Investitionsentscheidungen „top down“ ableiten.

Niemand kann die Zukunft kennen; wir konzentrieren uns lieber auf die Daten, die wir beobachten können, und nicht auf Prognosen. Dafür haben wir die vier bereits kurz erwähnten Kriterien definiert. Erstens: Kapitalmanagement. Aus unserer Sicht ist ein gutes Kapitalmanagement sowohl durch die Fähigkeit eines Unternehmens gekennzeichnet, wachsende Renditen zu erzielen, die deutlich und konstant über seinen Kapitalkosten liegen, als auch durch die Fähigkeit, Kapital zu reinvestieren, um seine Vermögensbasis zu erweitern. Das zweite Kriterium ist die Bewertung: Wir suchen nach Unternehmen, bei denen der Markt den aktuellen Wert zukünftiger Cashflows unterbewertet, weil er eine stark sinkende Profitabilität und geringeres Wachstum einpreist. Unser Discounted-Cashflow-Modell kann dabei Unternehmen unterschiedlicher Sektoren und mit unterschiedlichen Rechnungslegungsstandards vergleichen. Das dritte Kriterium ist die Verbesserung der Gewinnerwartungen. Wir bevorzugen Unternehmen mit starken, positiven und konsistenten Gewinnprognosen, bei denen die Gewinnschätzungen der Analysten breit abgestützt sind und sich wenig voneinander unterscheiden. Das vierte Kriterium ist der Kurstrend. Wir bevorzugen Unternehmen mit einem etablierten positiven Kurstrend, der von einem starken Momentum getragen wird und keine Widerstandspunkte zu befürchten hat.

Alle vier Kriterien lassen sich gut operationalisieren und mit Daten oder Fakten unterlegen. Überall dort, wo persönliche Urteile gefragt sind, sollte wiederum nicht ein einzelner Starmanager im Fokus stehen, sondern das Team. Hierarchien sind in solchen Situationen störend, jeder Experte in einem Team sollte das gleiche argumentative Gewicht haben. Es geht schließlich nicht um normative Meinungen, sondern um begründete Urteile auf Basis von Fakten. Ein guter Investmentprozess folgt dem Credo: Evidenz statt Ego!

Jeder gute Investmentprozess ist jedoch nur gut, solange er konsequent angewendet wird. Papier ist geduldig. Es gibt im täglichen Rauschen der Märkte unzählige mögliche Gründe, um wohl abgewogene Prinzipien über Bord zu werfen und einen vermeintlich aussichtsreichen opportunistischen Trade zu machen. Davon halte ich nichts. Der einmal etablierte Prozess muss strikt eingehalten werden – ohne eine einzige Ausnahme. In diesem – und nur in diesem – Punkt ähnelt unser Ansatz vielleicht sogar dem eines ETF: Der Investor weiß, nach welchem Prinzip sein Portfolio konstruiert ist.

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*) Chris Carter ist Gründungspartner bei Origin Asset Management.