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Kommentar: Kampf gegen den Plastikmüll - Das Engagement der Anleger ist gefragt

Plastik hat die Welt erobert – und wird zunehmend zu einem gravierenden Problem für Mensch und Umwelt. Neben Verbrauchern, Unternehmen und Regierungen müssen sich auch Investoren damit auseinandersetzen. Aus unserer Sicht sollten sich Anleger aktiv engagieren, um vor allem drei Ziele zu erreichen: Kunststoffe effektiver zu sammeln, besser zu recyceln und bessere und nachhaltigere Alternativen zu entwickeln.

Thomas Wendt

Die Welt erstickt an Plastik. Seit dem Beginn der Massenproduktion in den 1950er Jahren wurden global 8,3 Mrd. Tonnen Kunststoff erzeugt. Mehr als die Hälfte dieser über die letzten siebzig Jahre angehäuften Plastikmassen wurde nicht recycelt, sondern landete auf Müllhalden oder einfach in der freien Natur und im Meer. Mit den Folgen dieser Sorglosigkeit müssen wir uns heute auseinandersetzen – auch als Investoren. Ansonsten, schätzt die Ellen MacArthur Foundation, könnten schon 2050 gemessen am Gesamtgewicht mehr Plastikabfälle als Fische in den Ozeanen schwimmen.

Ohne staatliche Eingriffe geht es nicht
Um die Kunststoffverschmutzung wirksam zu bekämpfen, müssen viele Ebenen zusammenarbeiten. Notwendig ist nicht nur ein System aus staatlicher Regulierung und Anreizen. Regierungen und zwischenstaatliche Organisationen wie etwa die UN, die EU oder die Weltbank sollten Unternehmen und Bürger motivieren, ihren Kunststoffverbrauch zu reduzieren. Hersteller und Großverbraucher wiederum sind dafür verantwortlich, Plastik in ihren Lieferketten durch andere Materialien zu ersetzen. Und schließlich ist jeder Einzelne aufgerufen, möglichst wenig Plastik zu nutzen.

Biokunststoffe könnten als Ersatz dienen. Zwar fällt die Treibhausgasbilanz vorteilhaft aus, doch noch können einige dieser Kunststoffe nur unter bestimmten Bedingungen abgebaut werden, nicht in Ozeanen oder Deponien. Zudem werden jährlich bisher nur rund 2 Mio. Tonnen Biokunststoffe produziert – weniger als ein Prozent aller jährlich produzierten Kunststoffe (European Bioplastics).

Staatlicher und supranationaler Druck ist daher notwendig, um die Plastikflut einzudämmen. Auf europäischer Ebene haben einige Länder – einschließlich Deutschland – zum Beispiel die Deponierung von Kunststoffabfällen beschränkt. Einwegkunststoffe werden von immer mehr Ländern verboten, darunter auch die EU-Staaten. Gleichzeitig fördert die EU die Forschung und Entwicklung von nachhaltigeren Kunststoffarten finanziell. Diese Maßnahmen spornen Unternehmen dazu an, nach Materialien zu forschen, die sich besser für die Wiederverwendung oder das Recycling eignen und auch ihre Verantwortung bei Kommunikation und Werbung wahrzunehmen.

Das Engagement der Anleger ist gefragt
Auch Anleger können eine nachhaltigere Plastikwirtschaft unterstützen. Aus Sicht von NN Investment Partners muss der Fokus zunächst auf den kunststoffintensivsten Branchen liegen – Konsumgüter, Automobil und Elektronik – und dabei auf drei Kernzielen. Erstens müssen Kunststoffabfälle zukünftig effektiver gesammelt und entsorgt beziehungsweise wieder eingesetzt werden. Das gilt nicht nur für Einwegverpackungen. So hat beispielsweise Renault ein geschlossenes Aufbereitungssystem entwickelt, mit dem sich Kunststoffe aus alten Fahrzeugen für die Neuproduktion wiederverwenden lassen. Autoschrott wird damit zu einer wertvollen Ressource.

Zweitens müssen wir den Anteil der Wiederverwertung weiter erhöhen. In Europa wurden 2016 erstmals mehr Kunststoffabfälle recycelt (31%) als deponiert (27%; PlasticsEurope 2017) – ein Meilenstein im langfristigen Trend. Aber es gibt noch viele Verbesserungsmöglichkeiten, zum Beispiel bei der Sortierung und Trennung von Kunststoffen. Einige Produkte müssen von Grund auf umgestaltet werden, um sie nach ihrer Nutzung besser wiederverwenden oder recyceln zu können. Zudem muss die große Vielfalt der Kunststoffe reduziert und stärker standardisiert werden. Und schließlich brauchen wir einen funktionierenden Markt für recycelte Kunststoffe. Noch ist die Nachfrage gering, doch nicht zuletzt aktive Investoren können Unternehmen auffordern, mehr recycelte Kunststoffe in ihren Produkten zu verarbeiten und aktiv zu vermarkten. Unilever etwa hat sich dazu verpflichtet, Plastikverpackungen bis 2025 vollständig wiederverwendbar, -verwertbar oder kompostierbar zu gestalten. Das Unternehmen nimmt damit eine Vorreiterrolle in der Konsumgüterindustrie ein.

Als drittes Kernziel ist eine deutliche Intensivierung von Forschung und Entwicklung der Kunststoffindustrie unerlässlich, um einen nachhaltigen Wirtschaftskreislauf zu etablieren. F&E-Ausgaben sollten dazu eingesetzt werden, die verschiedenen Plastikarten zu standardisieren, die Qualität recycelter Kunststoffe zu kontrollieren und vor allem Alternativen zur traditionellen Produktion aus fossilen Rohstoffen zu entwickeln. Wenn Biokunststoffe in Zukunft eine größere Rolle spielen sollen, ist mehr Forschung nötig, um wettbewerbsfähige und kostengünstige Lösungen anbieten zu können. Der niederländische Biokunststoff-Spezialist Corbion unterhält zum Beispiel Joint Ventures mit BASF und Total. Schwerpunkte sind die Produktion und Vermarktung von Biokunststoffen in Verpackungen, Computern sowie Kfz-Bauteilen.

Investoren können nicht nur durch ihre Anlageentscheidungen, sondern auch in der Zusammenarbeit mit Unternehmen Veränderungsprozesse anstoßen und verfolgen. Als Asset Manager und Vertreter unserer Anleger setzen wir uns aktiv mit den Unternehmen, die wir in unsere Portfolios aufnehmen, auseinander und begleiten ihre Aktivitäten. Der Fortschritt im Umgang mit und beim Einsatz von Plastik lässt sich dann anhand von folgenden Key Performance Indicators (KPIs) bewerten:

1. Berichterstattung über Kunststofffragen: Die Kunststoffpolitik der Unternehmen sollte Teil der gesamten Steuerungsprozesse und Berichtspraktiken sein.
2. Reduktion des Einsatzes fossiler Rohstoffe im Produktionsprozess: Die Mengen sollten reduziert und die Effizienz gesteigert werden.
3. Risikomanagement: Risiken von Strafzahlungen und/oder Reputationsschäden durch Probleme im Zusammenhang mit Plastik sollten abgebildet und minimiert werden.
4. Wiederverwendungs- und Recyclingverfahren: Dazu gehören sowohl die Praktiken des Unternehmens selbst als auch die Sensibilisierung der Verbraucher.
5. Innovation: Unternehmen sollten Innovationen am Markt einführen, um das Produktdesign und die verantwortungsvolle Produktion zu verbessern.
6. Zusammenarbeit mit Interessengruppen: Unternehmen sollten miteinander, mit Regierungen und anderen Organisationen zusammenarbeiten, um Fortschritte zu erzielen.

Übrigens sollten sich Investoren und Asset Manager natürlich auch an den eigenen Ansprüchen messen lassen. Bei NN Investment Partners haben wir deshalb damit begonnen, den Verbrauch von Einwegkunststoffen einzuschränken, Büromöbel aus recyceltem Plastik einzusetzen oder lokale Initiativen beim Sammeln von Plastikmüll zu unterstützen.

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*) Thomas Wendt ist Senior Sales Director, NN Investment Partners.