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Kommentar: Investments in Logistikimmobilien – Digitalisierung verändert das Spielfeld

Logistikimmobilien sind für institutionelle Investoren längst kein reines Nischenprodukt mehr, sondern haben sich als renditestarke Alternative etabliert. Allerdings lösen E-Commerce und Digitalisierung einen Strukturwandel aus, der die Rahmenbedingungen und Kriterien für Investments tiefgreifend verändern wird. Anleger, Asset Manager und Projektentwickler sollten diese Herausforderungen im Blick haben, um auch in Zukunft erfolgreich auf dem Markt zu agieren.

Bodo Hollung

Deutsche Logistikimmobilien sind derzeit unter institutionellen Investoren begehrt wie nie. Besonders internationale Investoren drängen auf den deutschen Markt – dem laut Weltbank führenden Logistikstandort weltweit. Kein Wunder, sorgen doch die robusten wirtschaftlichen Fundamentaldaten, die zentrale Lage Deutschlands im Herzen Europas sowie eine gut ausgebaute Infrastruktur für eine konstant hohe Nachfrage seitens der Nutzer. Die aktuellen Marktzahlen belegen das eindrucksvoll: Im ersten Halbjahr 2017 lag das Transaktionsvolumen bei Logistikimmobilien mit einem Rekordwert von etwa fünf Milliarden Euro bereits über dem des Vorjahres. Erstmals konnte der Logistikinvestmentmarkt damit die Assetklasse Einzelhandel vom zweiten Platz verdrängen.

Logistikimmobilien punkten mit einem stabilen, vorhersehbaren und sicheren Cashflow bei gleichzeitig geringer Volatilität. Und mit einer Bruttoanfangsrendite von um die 5,0% für Top-Objekte sind sie zudem im Vergleich zu Büro- und Einzelhandelsimmobilien sehr renditestark. So sind im Büroimmobiliensegment die Top-Renditen mittlerweile unter die 3%-Marke gefallen.

Die Aussichten im Logistikimmobiliensegment sind gut, da insbesondere der Megatrend Digitalisierung den Boom weiter anfacht. Während die digitale Disruption und die aktuellen Entwicklungen im E-Commerce der Einzelhandelsbranche zu schaffen machen, treiben sie die Nachfrage nach Logistikflächen weiter an: Jede zusätzliche Milliarde Euro Umsatz erhöht den Logistikflächenbedarf um etwa 50.000 bis 100.000 Quadratmeter. Dabei weist der Online-Handel nicht nur im B2C-Bereich enorme Wachstumsraten vor. Auch im B2B-Umfeld ordern immer mehr Unternehmen die Waren direkt beim Produzenten.

Die Abwicklung des Online-Handels benötigt allerdings nicht nur eine erhöhte Anzahl an Logistikflächen, sondern auch neue Typen von Logistikimmobilien, die die verschiedenen Etappen der digitalen Supply Chain sowie wachsende Ansprüche von Produzenten, Logistikern und Verbrauchern bedienen. Denn die Lieferkette der Zukunft wird wesentlich endkundenorientierter sein als bislang, um die infolge der Digitalisierung gestiegenen zeitlichen Ansprüche der Kunden an schnelle und flexible Verfügbarkeit sowie Produktauswahl zu erfüllen: Produkte werden zukünftig nicht einfach nur durch Hersteller und Logistiker bereitgestellt, sie werden vom Kunden gezielt nachgefragt. Aktuelle Entwicklungen wie „Reshoring“ oder „Nearshoring“ sowie der Einsatz von Big Data zur Bestimmung der Kundennachfrage beschleunigen diesen Prozess und machen lange Transportwege und große Warenbestände überflüssig.

Mit dem Wandel der Rahmenbedingungen verändern sich auch die Anforderungen an die Logistikimmobilie der Zukunft. Heute noch nachgefragte Objekte, wie beispielsweise Allroundhallen für möglichst viele Nutzungsmöglichkeiten, werden an Attraktivität verlieren. Investoren, Asset Manager und Projektentwickler müssen die Logistikimmobilie künftig als integralen Bestandteil eines komplexen aber transparenten Supply Chain-Netzwerks verstehen und die Auswirkungen des digitalen Umbruchs auf Nutzer- und Standortkriterien im Blick haben.

So führt der Wegfall langer Transportwege auf der einen Seite und die Endkundenfokussierung auf der anderen Seite dazu, dass die Logistikobjekte noch näher an die Zentren rücken. Während dabei ein Handelslogistiker im Einzelhandel vor allem die Zentralität zu Metropolregionen wie Rhein-Ruhr oder München sucht, werden Zuliefererlogistiker für die Industrie Standorte in der Nähe von Produktionsstätten ins Auge fassen. Unabhängig von den Nutzeranforderungen bleibt allerdings die Verkehrsanbindung enorm wichtig. Dies gilt umso mehr, da der intermodale Warenumschlag mehr an Bedeutung gewinnen wird und die Hallen der Zukunft mit entsprechenden Kapazitäten ausgerüstet sein müssen. Da sie weniger Lagerkapazitäten vorhalten, schrumpfen die Logistikobjekte, was vor dem Hintergrund der allgemeinen Flächenknappheit in deutschen Metropolregionen neue Flächen und kleinere Objekte interessant machen dürfte.

Gleichzeitig wird die Logistikimmobilie der Zukunft auch in ihrer Konfiguration spezifischer. Unterschiedliche Nutzungsanforderungen erfordern unterschiedliche Gebäudekonfigurationen, beispielsweise im Hinblick auf die Ausrüstung mit automatisierten Systemen. Produktionsmöglichkeiten, zum Beispiel via 3D-Druck, sind für den Versorgungslogistiker weitestgehend uninteressant, während sich Zulieferer für die Automobil- oder Luftfahrtindustrie zunehmend für solche Lösungen interessieren. Da der Einsatz smarter Systeme allerdings den Energiebedarf der Gebäude erhöht, werden regenerative Heizungs- und Stromsysteme sowie der Einsatz von Photovoltaik zur Kostenreduktion zunehmend nachgefragt sein und so auch Nachhaltigkeitskriterien an Gewicht gewinnen.

Nicht zuletzt wirkt sich der digitale Fortschritt auch auf die Gebäudeausstattung selbst aus. Der Anschluss an den digitalen Daten-Highway wird für die kommende Generation der Logistikimmobilien essenziell sein. Die neue digitale Supply Chain kann nur reibungslos funktionieren, wenn die riesigen Datenmengen auch systematisch erfasst, gespeichert und ausgewertet werden können. Gerade die Einführung des „Internet of Things“ wird den Bedarf an eine schnelle Datenverarbeitung weiter erhöhen. Entsprechend müssen zukunftsfähige Hallen mit Glasfaseranschlüssen verkabelt sein.

Auch in Zeiten der Digitalisierung werden sich Investitionen in Logistikimmobilien weiterhin lohnen, profitiert dieser Sektor doch mit am meisten von der Digitalisierung. Fonds und Asset Manager, aber auch Projektentwickler, müssen jedoch die Verschiebungen der digitalen Disruption im Blick behalten und die Objekte künftig genauer in Augenschein nehmen. Das erfordert nicht nur eine detaillierte Kenntnis der jeweiligen Märkte und der Logistikbranche, sondern auch technisches Know-how. Die Zeiten des One-Size-Fits-All-Ansatzes sind also vorbei.

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*) Bodo Hollung ist inzwischen seit über 10 Jahren im Management von Logistikimmobilien aktiv. Der studierte Sparkassenbetriebswirt und Immobilienökonom (IREBS) ist seit 2008 Mitglied der Royal Institution of Chartered Surveyors (MRICS). Als Lehrbeauftragter und Dozent an der IREBS, ADI und HFWU unterstützt Bodo Hollung die Weiterbildung in Logistik und Logistikimmobilien. Als Gründungsmitglied der HypZert Fachgruppe „Logistikimmobilien“ war er bereits an der Herausgabe umfangreicher Literatur zur Bewertung von Logistikimmobilien beteiligt. Zuletzt hat Hollung rund vier Monate nach seinem Ausstieg bei RLI Investors (vormals Realogis Real Estate) mit LIP ein neues Investmenthaus für Logistikimmobilien gegründet.