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Kommentar: Die jüngste MaRisk-Novelle macht professionelles Immobilienmanagement unabdingbar

Banken und Sparkassen stehen vor der wichtigen Aufgabe, das Asset-Management der eigenen Immobilienbestände auf den Prüfstand zu stellen und zu professionalisieren. Den Anstoß dazu hat – von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – die Bankenaufsicht gegeben. Mit der 7. Novelle der Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Banken (kurz: MaRisk) setzte die BaFin Ende Juni 2023 die Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA zur Kreditvergabe und -überwachung um und zog damit die Stellschrauben im Risikomanagement deutlich an. Das hat vor allem Konsequenzen für das Immobilienengagement.

Tobias Kotz

Immobilienmanagement ist keine Nebensache mehr
Die wesentlichen Änderungen der Bankenaufsicht betreffen neben der Umsetzung der Kreditanforderungen vor allem die Anforderungen an das Immobiliengeschäft sowie die Integration von ESG-Risiken. In der Vergangenheit spielte die Assetklasse Immobilien in der Allokation von Banken und Sparkassen im Vergleich zu Anleihen und Geldmarktpapieren noch eine untergeordnete Rolle, doch gerade das Niedrigzinsumfeld der zurückliegenden Jahre hat dazu geführt, dass Immobilien aufholen und bei vielen Regionalbanken nach dem Zins die zweitwichtigste Assetklasse sind. Einige Institute sind mittlerweile selbst im Immobiliengeschäft bis hin zur Projektentwicklung aktiv. Ausgehend von einer Bilanzsumme einer durchschnittlichen Sparkasse von 4 Mrd. Euro erreicht der Immobilienanteil im Eigenbestand bei einer Gewichtung dieser Assetklasse von ca. vier bis fünf Prozent ein Volumen von rund 200 Mio. Euro. Damit rückt die Assetklasse Immobilien zunehmend in den Fokus der Aufsicht. Die neuen Anforderungen der Bankenaufsicht bedeuten vor allem eines: Aufwand. „Nebenbei“ lässt sich das Management des Immobilienportfolios nicht mehr bewältigen.

Banken und Sparkassen müssen nun Prozesse sowohl für eigene Immobilieninvestitionen als auch für eigene Immobilientransaktionen von Tochtergesellschaften etablieren. Bearbeitungsgrundsätze müssen formuliert und nachhaltig gestaltet werden. Die damit verbundenen organisatorischen Anpassungen sind nicht zu unterschätzen. Die forcierte Professionalisierung läuft im Kern darauf hinaus, dass auch kleinere Akteure eigene Kapazitäten aufbauen müssen, um das Asset-Management ihrer Immobilien im Eigenbestand adäquat abbilden zu können.

ESG-Risikomanagement für Immobilien 
Die BaFin fordert auch, dass dem operationellen Risiko durch ein angemessenes Risikomanagement Rechnung getragen wird. Mindestens einmal jährlich müssen alle Risiken identifiziert und bewertet werden – auch die Auswirkungen von ESG-Risiken. Über Marktpreisrisiken muss regelmäßig, mindestens jedoch quartalsweise, in Risikoberichten informiert werden. Diese Anforderungen beziehen ab sofort auch direkt gehaltene Immobilien mit ein. Das stellt insbesondere regional verankerte Institute vor neue Herausforderungen, die über den rein operativen Aufwand hinausgehen. Die Hauptaufgabe besteht zunächst vor allem im Recruiting und in der entsprechenden Schulung des verantwortlichen Personals.

Für regional aufgestellte Kreditinstitute können durch die neuen Anforderungen auch Risiken sichtbar werden, die bisher unter dem Radar liefen. Deutschland gilt als das Land der Hidden Champions. Allein in Bayern und Baden-Württemberg gehen Beobachter von rund 600 stark regional verankerten mittelständischen Unternehmen aus, die oft größter Steuerzahler und Arbeitgeber im Einzugsgebiet ihrer regionalen Sparkasse oder Kreditgenossenschaft sind. Die Arbeitnehmer sind dort ebenso Bankkunden wie ihre Arbeitgeber. Wenn diese Regionalbanken nun nicht mehr nur als Kreditgeber, sondern auch als Vermieter von Wohn-, Büro, Handels- und Gewerbeimmobilien im eigenen Geschäftsgebiet auftreten, können sich ohnehin bestehende Klumpenrisiken erhöhen. Das könnte zu einer Schieflage nicht nur im Kreditgeschäft, sondern auch in der Assetklasse Immobilien führen. Dieses Risikopotenzial ist zukünftig in den einschlägigen Stresstests zu berücksichtigen.

Erschwerend kommt hinzu, dass für einige B-, vor allem aber für viele C- und D-Städte ein Marktpreisrisiko auf Basis historischer Zeitreihen nicht immer ermittelt werden kann, da diese im Gegensatz zu Metropolregionen schlicht nicht verfügbar oder valide sind. Das kann zu Problemen bei der Definition und Validierung eines angemessenen Limits in der Risikobetrachtung führen.

Klimaschutz und Dekarbonisierungspfad im eigenen Immobilienbestand
Die immer stärker gewichteten ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) bedeuten für Banken, die Aspekte Klimaschutz und Dekarbonisierungspfad auf den eigenen Immobilienbestand anzuwenden. Die Komplexität wird dabei gerne unterschätzt. So kann man sich fragen, welche Bank tatsächlich schon in der Lage wäre, eine ordentliche CRREM-Analyse (Carbon Risk Real Estate Monitor) der eigenen Immobilien durchzuführen, um so einer Aufsicht zu berichten, welche Objekte zum Analysezeitpunkt die Klimaziele erfüllen und welche Objekte wann den Dekarbonisierungspfad verlassen werden? Das Reporting wäre dann auch nur der erste Schritt. Für die Objekte, welche die Klimaziele noch nicht erreichen, müssen dann auch Handlungs- und Investitionsoptionen identifiziert und umgesetzt werden. Wem das noch nicht reicht, der kann sich über zusätzliche Anforderungen freuen, die sich aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung ergeben. Die entsprechende Richtlinie CSDR (Corporate Sustainability Reporting Directive) ist Anfang 2023 in Kraft getreten und muss innerhalb von 18 Monaten in den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund sind Banken und Sparkassen aufgefordert zu prüfen, wie sie die Assetklasse Immobilien zukünftig in ihren Eigenanlagen abbilden wollen.

Eine mögliche Alternative, den massiven Mehraufwand unter ESG-, Kosten- und Risikogesichtspunkten einzugrenzen, besteht für Kreditinstitute in Immobilienfonds, auch in Form geschlossener Vehikel für mehrere Institute. Auch diese ermöglichen den Hausbanken Diversifikationsspielräume in der Assetklasse Immobilien, ohne signifikante Kapazitäten aufbauen zu müssen. Ein professionelles Asset-Management einschließlich der Administration durch eine spezialisierte KVG sorgt aus regulatorischer Sicht für regelkonforme Prozesse. Dadurch können Klumpenrisiken und operationelle Risiken vermieden werden.

An einer Professionalisierung führt kein Weg vorbei
Die Neufassung der MaRisk ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten. Für die Umsetzung der Änderungen galt teilweise nur noch eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2024, die mittlerweile abgelaufen ist. Die Zeit drängt also. Insbesondere kleinere Sparkassen, Landesbanken und Kreditgenossenschaften werden langfristig auf eine stärkere Professionalisierung des Immobilien-Asset-Managements setzen müssen, wenn sie weiterhin in diesem Segment aktiv bleiben wollen. Abhilfe können aber auch geeignete Fondsvehikel schaffen, um mit vertretbarem Aufwand eine ausgewogene, diversifizierte, risikoadäquate und zugleich aufsichtskonforme Immobilienallokation zu erreichen. Ganz ohne Mehraufwand wird es aber nicht gehen.

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*) Tobias Kotz, Executive Director, Global Head of Client Relations and Capital Funding, Real I.S. AG