Bei der Auswahl dieser Anlagen wurden also ökologische und soziale Aspekte ebenso berücksichtigt wie eine gute Unternehmens- bzw. Regierungsführung. Das bedeutete gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme von 59%. Interessant dabei: Für diesen Zuwachs waren fast ausschließlich die institutionellen Anleger verantwortlich. Ihr Anteil am Gesamtmarkt wuchs innerhalb eines Jahres von 75% auf 83%.
Die Zahlen zeigen, dass immer mehr Anleger ihre Mitverantwortung für wirtschaftliche Prozesse erkennen. Sie verstehen, dass ihre Entscheidungen weit über die Welt der Zahlen und Bilanzen hinausreichen und ihre Investitionen ganz handfeste Wirkungen in der realen Welt hervorrufen – seien sie positiv oder negativ. Wer Geld unter nachhaltigen Gesichtspunkten anlegt, drückt daher eine Grundhaltung aus, vereinfacht lautet diese: „Kein Wachstum auf Kosten von Klima und Umwelt, keine Rendite zulasten von Menschen- und Arbeitsrechten.“
Ausrichtung aufs Gemeinwohl ist entscheidend
Gerade für treuhänderische Investoren, unter ihnen Finanzverantwortliche von Stiftungen, Pensionskassen oder Versorgungswerken, sollte Nachhaltigkeit ein fundamentales Anliegen sein. Was zum Beispiel für die Stiftungen selbst gilt – nämlich die Ausrichtung auf das Gemeinwohl – müsste selbstverständlich auch für das Stiftungskapital gelten. Ist es in Unternehmen investiert, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen wichtige Bedürfnisse ihrer Kunden befriedigen und dadurch der Allgemeinheit dienen? Handelt es sich um Unternehmen, die verantwortungsvoll mit den natürlichen Ressourcen umgehen? Zahlen sie gerechte Löhne für ihre Mitarbeiter und setzen sie faire Preise für Kunden und Zulieferer fest? All diesen Fragen müssen sich institutionelle Investoren stellen, die aufgrund ihres Auftrages eine besondere ethische Verantwortung tragen.
Was motiviert also institutionelle Anleger, nach ESG-Kriterien zu investieren? Der Wunsch, das Richtige zu tun und Gutes zu bewirken, gehört also auf jeden Fall dazu. Doch das alleine reicht natürlich nicht aus. Auch die wirtschaftlichen Rahmendaten müssen stimmen.
Die Mär vom Renditekiller ist überholt
Professionelle Anleger bewerten Investitionen seit jeher unter den Gesichtspunkten Rendite, Risiko und Liquidität. Mit der Nachhaltigkeit kommt hier nun ein vierter Aspekt hinzu. Das Vorurteil von der Nachhaltigkeit als Renditekiller darf dabei als widerlegt gelten. So wies das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bereits 2012 nach, „dass die meisten Aktienfonds und Aktienindizes, die nach dem Kriterium der Nachhaltigkeit konzipiert sind, durchaus mit herkömmlichen Geldanlagen mithalten können“ (ZEW: Studie zur Performance nachhaltiger Kapitalanlagen). Auch zahlreiche weitere Forschungsergebnisse aus 30 Jahren belegen, dass nachhaltige Anlagen marktfähige Renditen erbringen.
Es gibt aber weitere starke Argumente, die für nachhaltige Investitionen sprechen: Wer in seinem Auswahlprozess Umwelt- und Sozialkriterien berücksichtigt, verbessert meist auch sein Rendite-Risiko-Profil. Die jüngere Vergangenheit hat eindrucksvoll gezeigt, dass gerade nicht nachhaltige Unternehmen den Investoren schwere Verluste bereiten können, man denke nur an die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko oder das Atomunglück in Japan.
Doch wie lassen sich wirklich nachhaltige Geldanlagen zuverlässig auswählen? Schließlich ruft jeder neue Trend auch Trittbrettfahrer auf den Plan und motiviert zum Etikettenschwindel. Daher sind verlässliche Qualitätsstandards bei nachhaltigen Geldanlagen unverzichtbar.
Auch der Anbieter selbst muss nachhaltig handeln
Selbstverpflichtungen wie der Europäische Transparenzkodex und das Transparenzlogo für Nachhaltigkeitsfonds des Branchenverbands Eurosif geben Anlegern eine erste Orientierung. Siegel für einzelne Produkte haben aber ihre Grenzen: Wenn einige Bankhäuser ethische Geldanlagen in ihr Portfolio aufnehmen, gleichzeitig aber mit abstrakten, von der Realwirtschaft losgelösten Finanzprodukten handeln, bleibt die Glaubwürdigkeit auf der Strecke. Wirklich nachhaltig sind Produkte also nur, wenn auch die Anbieter ganzheitlich nachhaltig handeln. Daher bewertet beispielsweise das ECOreporter-Siegel, wie ernsthaft Finanzdienstleister ökologische, soziale oder ethische Ziele verfolgen.
Mit dem Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlagen entsteht zurzeit ein weiterer branchenweiter Standard für nachhaltige Publikumsfonds, an dessen Testlauf und Bewerbungsverfahren die Steyler Ethik Bank teilgenommen hat. Das FNG-Siegel definiert klare Mindestanforderungen: Unter anderem müssen mindestens 90% des Fonds-Portfolios nach ESG-Kriterien analysiert werden. Ähnlich wie beim ECOreporter-Siegel fließt auch die Glaubwürdigkeit des Fondsanbieters als gesamte Institution in die Bewertung ein. Ein besonderes Gewicht legt das FNG-Siegel auf die Nachhaltigkeitswirkungen (Impact), die der Fondsanbieter erzielt. Hier wird also bewertet, wie zuverlässig der Anbieter durch Ausschluss- und Positivkriterien sicherstellt, dass beispielsweise ein Aktienfonds ausschließlich in besonders nachhaltige Unternehmen investiert und so vorbildliches Wirtschaften belohnt. Auch ein aktives Aktionärstum, also ein auf nachhaltiges Handeln ausgerichteter Dialog mit Unternehmen, fließt positiv in die Endnote ein.
Ethische Geldanlage zielt nicht allein auf Rendite, sondern will die Zukunft mitgestalten. Dazu reicht es allerdings nicht aus, einfach ein paar Ausschlusskriterien zu definieren und diese zum Beispiel mit einem Best-in-Class-Ansatz zu verknüpfen. Die nachhaltige Geldanlage ist ein fortwährender Prozess, bei dem man immer wieder nachjustieren muss und der einen hohen Einsatz erfordert. Auch die Steyler Ethik Bank vertraut den Urteilen von Ratingagenturen. Zusätzlich kann sie aber auf ein weltweites Netz von Ethik-Scouts, 100 ausgebildete Missionare und Missionsschwestern, zurückgreifen, um eigene Informationen über Unternehmen vor Ort zu erhalten, bei denen Warnsignale aufgetreten sind. Nun wird im Einzelfall überprüft: Stimmen Botschaft und Handeln überein? Werden die Unternehmen auch an den oftmals entlegenen Produktionsstätten ferner Entwicklungsländer ihrer Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft gerecht? Für verlässliche Antworten reicht das Studium von Akten und Reports nicht immer aus.
Nachhaltig orientierte Anleger haben in der Regel keine Möglichkeit, die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Investitionen selbst zu bewerten. Sie müssen sich also auf die Aussagekraft von Siegeln und die Beratungsleistung spezialisierter Finanzdienstleister verlassen können. Dazu sollten sie aber zunächst definieren, welche Ansprüche sie selbst an die Nachhaltigkeit der Geldanlagen stellen. Dieser eigene Kriterienkatalog dient dann dem Abgleich mit dem Nachhaltigkeitsprofil der angebotenen Anlagen. Mit dem Start des FNG-Siegels Ende 2015 erhalten private und institutionelle Anleger eine weitere hervorragende Entscheidungshilfe, die es ihnen ermöglicht, in wirklich nachhaltige Werte zu investieren.
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*) Norbert Wolf ist Geschäftsführer der Steyler Ethik Bank.
Institutionelle stärken nachhaltige Anlagen: Neues FNG-Siegel definiert wichtige Mindeststandards

Norbert Wolf