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„Ich halte viele Family Offices für gute Center of Competence“

IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit dem regelmäßigen Autoren Markus Hill über die aktuellen Themen in der Asset Management-Industrie, insbesondere über die Schwierigkeiten bei der Fondsselektion und Chancen für Dienstleister im AM-Bereich.

Markus Hill

IPE Institutional Investment: Herr Hill, vor einigen Wochen fand der Fondkongress in Mannheim statt. Unter anderem treten auf dieser Messe viele Produktanbieter auf. Was war Ihr Eindruck bzgl. der Thematik UCITS und Publikumsfonds?
Hill: Viele Dinge in der Fondsindustrie erscheinen oft wie eine Wiederholung. In Mannheim waren neben vielem deutschem Publikumsfondsanbieter auch viele ausländische Gesellschaften anzutreffen. Das Procedere bei den ausländischen Anbietern, die in den deutschen Markt hineinwollen („Newcits“-Thematik etc.), wiederholt sich häufig. Events werden genutzt um den Markt mehr oder weniger zu beobachten bzw. einschätzen zu können. Auch werden vereinzelt Investorengespräche auf diesen Veranstaltungen geführt. Von einer systematischen Marktbearbeitung kann man in vielen Fällen weniger sprechen – Anzahl, Qualität und Auswahl der vor Ort anwesenden Gesprächspartner unterliegen einem Gewissen Zufallsfaktor. Trotzdem kann es wertvoll sein, dort einmal erste Gespräche zu führen.


IPE Institutional Investment: Inwiefern haben solche Events ihren berechtigten Platz bei den ersten Schritten der Markbearbeitung in Deutschland?
Hill: Kurz gesagt – durch ein gutes Gespräch wird man in der Regel nicht dümmer. Eine Erkenntnis kann sein, dass zum Beispiel institutionelle und semi-institutionelle Investoren in Deutschland nach wie vor exzellente Manager suchen. Die Produkthülle kann bei bestimmten Ansätzen ein Thema sein, muss es aber nicht. Oft werde ich von Plattformen aus dem Ausland angesprochen, diese habe in einigen Fällen exzellente Manager an Bord, vermarkten ihre Manager aber eher opportunistisch, in der Regel stagniert deshalb deren Geschäft. Letztes Jahr hatte ich beim Fund Forum International in Monaco und beim Family Office Forum in Zürich verschiedene Selektoren auf meinen Panels zu dem Thema Fondsselektion, Asset Allocation und Due Diligence. Auch hier war festzustellen, dass zum Beispiel exzellente Strategien und Manager („Newcits“ als ein Beispiel) von Family Offices, institutionellen Consultants und Dachfondsmanagern mit großem Interesse verfolgt werden. Auch bei vielen Investoren-Events in Frankfurt stelle ich diese fest, wenn man sich fachlich mit anderen Selektoren austauscht.


IPE Institutional Investment: Sie sitzen in Frankfurt, pflegen den Gedankenaustausch mit vielen Marktteilnehmern. Nicht nur bezogen auf Mannheim oder Paneldiskussion im Ausland – welches Thema oder welcher Trend erscheint Ihnen zusätzlich erwähnenswert?
Hill: Viele Produkte und Dienstleistungen in der Asset Management-Industrie erscheinen oft austauschbar. Oft kann ein eindeutiges Unterscheidungskriterium, zumindest auf den ersten Blick, sehr stark unter dem Gesichtspunkt Kosten und Servicelevel betrachtet werden. Im Bereich der Dienstleistungen stellt die Regulierung erhöhte Anforderung an die Marktteilnehmer, die Informationsflut nimmt zu. Wie finde ich den richtigen Prime Broker? Wo lege ich meinen Fonds auf? Bei wem lege ich meinen Fonds auf? Wo kaufe ich mir Dienstleistungen zu teuer ein? Wo kann man nachverhandeln? Das alles sind typische Fragestellungen für Markteilnehmer, die noch nach Optimierungspotential suchen.


IPE Institutional Investment: Gibt es Lösungsansätze für diese Fragestellungen im Markt? Man sollte meinen, dass jeder Asset Manager oder andere Service-Nachfrager recht schnell diese Fragen für sich beantworten können.
Hill: Oft fehlt das Problembewusstsein oder es fehlt an internen Ressourcen, um diese Felder zu bearbeiten. Zumal andere Dinge Priorität besitzen. Ich kenne es aus anderen Formen von Projekten – natürlich erscheint es als eine Form von „Königsweg“, wenn man gezielt Dienstleister anspricht, Fees vergleicht, als Unabhängiger für Dritte verhandelt. Beim Bereich Managerselektion oder bei der Ansprache von Investoren sind Faktoren wie Unabhängigkeit, Marktkenntnis, Datenbanken und Vergleichsmöglichkeiten, auch unter Zuhilfenahme von Netzwerk-Partnern („Sounding Board“) von großer Hilfe. Erkennbar erscheint vielleicht folgende Struktur im Markt: Es gibt viele Insellösungen. Im Sinne von: Kosten sollen reduziert werden, es soll nachverhandelt werden oder die Anonymität des Kunden ist wegen Verhandlungsmacht ein Thema – dann kann man sich maßgeschneidert Freelancer im Markt einkaufen und die als Person des Vertrauens nutzen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, professionelle Firmen mit solchen Aufgaben zu betrauen, die Know-how, Vernetzung, Datenbanken und Verhandlungsfreude besitzen. Verschiedene Nischen werden in diesen Bereichen besetzt.


IPE Institutional Investment: Welche Vorteile können sich für Firmen ergeben, die passende Dienstleister identifizieren und mandatieren wollen?
Hill: Meine eigene Erfahrung bei maßgeschneiderten Projekten ist, dass man als unabhängiger Dritter sehr professionell im Kundeninteresse verhandeln kann. Ob man MOUs initiieren möchte oder ob man Preisverhandlungen führen möchte – der Produkt- oder Dienstleistungsanbieter scheint oft vorteilhaftere Angebote an unabhängige professionelle Marktteilnehmer (Consultants, Family Offices, professionelle Preis-Verhandlungs-Agenturen etc.) zu vergeben. Man unterstellt Marktkenntnis, Netzwerk, Know-how. Andere Faktoren im Suchprozess, wenn zum Beispiel der Asset Manager direkt mit Providern verhandelt: Oft sind Ansprechpartner nicht vorhanden, oft zu klein, um einen vorteilhaften Preis zu erhalten, man erhält oft zu Beginn einen höheren Preis genannt. Viele Service Provider scheinen zu spüren, wenn der Prospect wenig Ahnung vom Gegenstand der geschäftlichen Anfrage hat. Zusatzfaktor: Viele Prospects von potentiellen Service-Providern mögen keine Follow-up-Kontaktaufnahmen durch Sales. Ich sehe diese Haltung oder dieses „Vorurteil“ kritisch: Sales mit Added Value ist durchaus willkommen, stellt jedoch häufig eine Ausnahme dar!


IPE Institutional Investment: Aufgrund der oben angeführten unabhängigen Rolle in der Branche – mit welchen anderen unabhängigen Multiplikatoren schätzen Sie den Gedankenaustausch?
Hill: Aufgrund der Freiheitsgrade und der stark unternehmerisch geprägten Denkweise halte ich viele Family Offices für gute Center of Competence, in verschiedenen Feldern. Oft abhängig vom unternehmerischen Hintergrund bestimmter Familien findet man häufig sehr spezielles Know-how dort. Auch der fachliche Austausch mit Anwaltskanzleien bereitet Freude. Dort merkt man beispielswiese, wie bei diversen Family Offices, was es bedeutet, eine Vertrauensposition beim Mandanten erworben zu haben. Diese Unabhängigkeit hält diese „Inseln des tiefen Vertrauens“ in angenehmen Abstand zu den Interessen von Produktanbietern. Um an dieser Stelle nicht falsch verstanden zu werden: Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen, ist ein ganz normaler Vorgang in den verschiedensten Branchen. Unabhängig davon sehen viele Leute Neutralität und Transparenz als einen Wert an sich. In vielen Fällen kann hierdurch ein Mehrwert bei der Lösung von Kundenproblemen erbracht werden, dies durchaus gemeint in einem branchenübergreifenden Sinne.


IPE Institutional Investment: Herr Hill, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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*) Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main. Kontakt: info@markus-hill.com; Website: www.markus-hill.com