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Expertenbeitrag: Wenn der Fonds zur Schattenbank wird – Folgen für Investoren

Investiert ein Kreditinstitut in eine Schattenbankanlage, sind ab Anfang 2017 besondere Regularien anzuwenden. Hiervon sind insbesondere auch ausgewählte Fonds und Verbriefungsvehikel betroffen.

Dr. Ulrich Keunecke*

 

Die neuen Regeln
Das Nachspiel der in 2007 ausgelösten Finanzkrise hält an und hat nun auch die Schattenbanken im Visier. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority – EBA) hat im Juni 2016 die „Leitlinien über Obergrenzen für Risikopositionen gegenüber Schattenbankunternehmen“ veröffentlicht. Nach den einschlägigen EU-Rechtsbestimmungen müssen die zuständigen Behörden und Finanzinstitute diese Leitlinien entsprechend implementieren.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat dafür ein Rundschreiben vorbereitet, das im Juni 2016 zur Konsultation gestellt wurde. Die neuen Regelungen gelten ohne Übergangsfrist ab dem 1. Januar 2017.

Im Wesentlichen übernimmt das Rundschreiben den Inhalt der EBA-Leitlinie. Der Anwendungsbereich der EBA-Leitlinie wird aus verwaltungstechnischen Gründen leicht angepasst und betrifft im Wesentlichen Kreditinstitute.

Was sind Schattenbanken?
Schattenbanken sind alle Akteure und Aktivitäten, die bankähnliche Funktionen insbesondere im Kreditvergabeprozess wahrnehmen und selbst keine Banken sind und nicht als Kreditinstitut reguliert sind. Davon betroffen sind insbesondere auch Alternative Investmentfonds (AIF) und Verbriefungsvehikel.

In einem zweistufigen Vorgehen ist zu prüfen, ob im Einzelfall eine Schattenbank vorliegt. In der ersten Stufe ist abzufragen, ob bestimmte Bankgeschäfte vorliegen (zum Beispiel Einlage- und Kreditgeschäft, Bürgschaften). Wird dies bejaht, ist sodann festzustellen, ob nicht eine der aufgezählten Ausnahmen einschlägig ist. Alle übrigen Unternehmen, die eine der genannten Aktivitäten verfolgen, gelten als Schattenbank. Dies betrifft beispielsweise alle Zweckgesellschaften, die nicht in die bankaufsichtsrechtliche Überwachung auf konsolidierter Ebene einbezogen sind. Ferner liegt das Augenmerk auf Alternativen Investmentfonds (AIF) in der Form von Debt Funds sowie wenn sie in beträchtlichem Maße Leverage aufnehmen oder Darlehen erwerben oder ausreichen können.

Welche Fonds sind betroffen?
Die EBA-Leitlinie will nur solche Vehikel treffen, die nicht selbst reguliert sind und von denen daher entsprechende Risiken für die Finanzmärkte ausgehen können. European Long Term Investment Funds (ELTIF) und European Venture Capital Funds (EuVeCa) als auf EU-Ebene regulierte AIF etwa sind daher ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich ausgenommen.

Auch bezüglich der Anwendbarkeit etwa auf Immobilien-, Infrastruktur- und Private Equity-AIF hat die EBA-Leitlinie insoweit einen wichtigen Schritt vorgegeben, da diese genannten Fonds typsicherweise nicht im Sinne der Leitlinie „beträchtlichen“ Leverage aufnehmen und damit ebenfalls grundsätzlich nicht als Schattenbank gelten sollten.

Allerdings nutzt ein Teil dieser Fonds als sogenannte Innenfinanzierung Gesellschafterdarlehen, etwa zur Verbesserung der Finanzierungsstruktur und der Renditeerwartungen. Dem Wortlaut der EBA-Leitlinie nach würde es sich bei solchen Fonds sodann regelmäßig um eine Schattenbank handeln, denn Schattenbanken sind insoweit alle Unternehmen, die „gemäß den betreffenden Vertragsbedingungen des Fonds oder der Satzung Kredite bereitstellen dürfen oder Finanzierungen Dritter erwerben dürfen, die in der Bilanz des Unternehmens ausgewiesen werden“.

Von solchen fondsinternen Finanzierungsstrukturen gehen indes keine marktrelevanten Systemrisiken aus. Dies hat möglicherweise auch die EBA-Leitlinie gesehen, denn als Schattenbanken gelten untere anderen solche Unternehmen, die „Finanzierungen Dritter erwerben dürfen“. Die Leitlinie stellt damit klar auf eine Außenwirkung ab. Damit ist auch bei der Darlehensvergabe durch einen AIF maßgeblich, ob das Darlehen aus Sicht des Fonds einem Dritten gewährt wird, oder ob es sich nur um eine fondsinterne Finanzierungsstruktur handelt.

Die BaFin hat sich zu diesem Aspekt noch nicht geäußert. Dafür, sich diesen Überlegungen anzuschließen, spräche neben den dargelegten Erwägungen, dass es sich in Deutschland insoweit um regulierte Vehikel handelt und auch die EBA-Leitlinie regulierte Vehikel grundsätzlich ausnehmen will.

Welche neuen internen Prozesse sind auf den Weg zu bringen?
Institute, die in Schattenbanken investieren, müssen sich eingehend mit der Identifizierung, Steuerung und Überwachung von Engagements gegenüber Schattenbanken befassen. Es werden insoweit qualitative Anforderungen an die internen Prozesse und erforderlichen Kontrollmechanismen gestellt. Zudem muss das Management aktiv eingebunden sein.

Was sind die neuen Grenzen?
Die Anlagemöglichkeiten in Schattenbanken sind zu limitieren. Der Principal Approach sieht vor, dass Institute neben einem Gesamtlimit gegenüber sämtlichen Schattenbanken auch individuelle Einzellimite festlegen. Die Höhe der jeweiligen Einzellimite soll aus ausgewählten Informationen zur jeweiligen Schattenbank abgeleitet werden. Zu diesen Informationen zählen etwa der Beaufsichtigungsgrad der Schattenbank, Finanzinformationen, Finanzsituation, Portfolio, sowie die Anfälligkeit bzgl. Asset Price- und Kreditvolatität.

Danach ist also letztlich auch eine Informationstransparenz zwischen Schattenbank und Investor zu generieren und die Schattenbank muss ein hinreichendes Reporting aufbauen und zur Verfügung stellen.

Ist der Principal Approach nicht auf alle Positionen anwendbar, etwa weil die bestimmte Informationen nicht vorliegen, ist der Fallback Approach einschlägig. Erfüllt das Institut die grundsätzlichen Anforderungen an die internen Prozesse, sind alle intransparenten Schattenbank-Positionen einem fiktiven Sammel-Kreditnehmer mit einem festgelegten Gesamtlimit zuzurechnen. Der Fallback Approach kann sich im Ergebnis gegenüber dem Principal Approach nachteilig auf die Gesamtinvestments in Schattenbankenexposures auswirken, sodass Schattenbanken angehalten sind, ihre Transparenz zu erhöhen.

Konsequenzen
Geht es um eine Anlage in Fonds oder in Verbriefungen ist zu prüfen, ob eine Schattenbank vorliegt. Sofern ein Fonds für die fondsinterne Gestaltung der Geldströme Gesellschafterdarlehen nutzt, sprechen gute Überlegungen dafür, dass es sich hierbei nicht um eine Darlehensvergabe im Sinne der EBA-Leitlinie und es sich daher insoweit – vorbehaltlich der übrigen Anforderungen an eine Schattenbank – auch nicht um eine Schattenbank handelt. Der Anwendungsbereich der EBA-Leitlinie sollte im Sinne der Leitlinie auf diejenigen Vehikel konzentriert werden, die die von ihr zu Recht genannten Risiken für die Finanzmärkte generieren.

Liegt eine Anlage in eine Schattenbank vor, sind die organisatorischen Anforderungen der EBA-Leitlinien zu erfüllen, darunter die seitens der Schattenbank notwendigen Reportings.


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*) Dr. Ulrich Keunecke ist Partner bei der KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.