Dies liegt vermutlich daran, dass es kaum möglich ist, eine allgemeingültige Unterteilung aller implementierten Investmentprozesse zu treffen. Daher soll in diesem Artikel untersucht werden:
– die Auswirkungen der Verwendung eines Risikomodells
– die Nutzung von Prognosen für die zu erwartende Outperformance einzelner Aktien (α-Prognose)
– ein Screening des Universums auf die Titel mit den höchsten α-Prognosen.
Die Untersuchung der regelgebundenen Anlagestrategien dient als Datengrundlage für die Bewertung des Einflusses der Komponenten im Investmentprozess. Als α-Prognose wird hier ein quantitatives Stock Selection-Modell basierend auf Fundamentaldaten verwendet. Das Risikomodell berücksichtigt systematische Faktoreffekte (Aktienstile, Sektoren, Länder und Währungen) sowie unsystematische Residualrisiken.
Das Anlageuniversum für alle drei Anlagestrategien ist der MSCI Europe. Die Größe des Universums schwankt im Zeitverlauf zwischen 400 und 600 Titeln. Als Vergleichsgröße der Strategien wird folgerichtig der MSCI Europe herangezogen. Die drei Anlagestrategien werden auf maximal 100 Titel begrenzt. Diese werden zwischen 0% und 2% allokiert. Die Optimierung erfolgt mit Hilfe eines mathematischen Optimierungsverfahrens, das die α- und die Risikoprognose in Relation setzt. Alle Strategien werden monatlich im Zeitraum Dezember 1995 bis September 2016, unter Berücksichtigung von etwa 50 Basispunkten Transaktionskosten, optimiert.
Die Strategien zeichnen sich durch nachfolgende Eigenschaften aus:
– MinVol-Strategie: Für die MinVol-Strategie werden keine α-Prognosen verwendet. Die Optimierung liefert das Portfolio mit der geringsten erwarteten zukünftigen Volatilität.
– MinVol+α-Strategie: Die Hinzunahme von α-Prognosen maximiert die geschätzte Outperformance unter Berücksichtigung der zu erwartenden Volatilität
– MinVol+Top α-Strategie: Diese Strategie schränkt zunächst das Anlageuniversum in jedem Monat auf die 100 Titel mit den höchsten α-Prognosen ein. Anschließend wird die risikoadjustierte Outperformance maximiert.
Die verschiedenen Komponenten im Investmentprozess beeinflussen dabei die Ergebnisse in der erwarteten Richtung, das Ausmaß der Effekte überrascht allerdings: Die MinVol-Strategie steigert die Rendite gegenüber dem Index um 4% bei fast 3% geringerem Risiko. Die Outperformance gegenüber dem (nicht dargestellten) gleichgewichteten Index ist etwas niedriger, aber die Risikoverbesserung ist hier höher.
Die MinVol + α-Strategie verbessert die Rendite noch einmal um mehr als 2% bei vergleichbarem Risiko wie die MinVol-Strategie. Die Filterung auf die Titel mit den besten 100 Renditeprognosen in der MinVol + Top α-Strategie erhöht die simulierte Rendite nur noch minimal. Die Volatilität steigt zurück auf Indexniveau und der Turnover springt auf mehr als 500 Prozent.
Die hohe Umschlagshäufigkeit der MinVol + Top α-Strategie ist für institutionelle Mandate mit größerem Volumen unrealistisch. Sie führt zu erheblichen Transaktionskosten und schränkt die Implementierbarkeit deutlich ein.
Eine faktorbasierte Performance-Attribution, die Aktienstil-, Sektor-, Länder- und Währungseffekte separiert, kann fast zwei Drittel der Outperformance durch Aktienstileffekte erklären. Diese verteilen sich bei den Strategien mit α-Prognose relativ ausgewogen auf die Faktoren Value, Sentiment, Quality, Size und Risk. Bei der MinVol-Strategie dominieren Quality, Risk und Size als erklärende Faktoren der Outperformance, auch ein reines Low Volatility-Portfolio ist also mit anderen Faktoren korreliert.
In den letzten 20 Jahren haben MinVol-Strategien eine außerordentlich gute Performance gezeigt. Dies ist allerdings zu einem großen Teil den beiden massiven Marktrückschlägen im Zuge der TMT-Blase und der Finanzkrise geschuldet. In einem „normalen“ Marktzyklus sehen wir den Nutzen der Risikominimierung in der Reduktion der Volatilität und weniger in der Renditesteigerung. Fundamentale Faktorstrategien, wie in dem α-Signal abgebildet, sollten auch in Zukunft einen deutlichen Beitrag zur Renditesteigerung leisten.
Bei den gezeigten Ergebnissen handelt es sich um eine Simulation und die Resultate lassen sich nicht 1:1 in die Realität übertragen. Die Dominanz der MinVol + α-Strategie lässt aber vermuten, dass ein solcher Ansatz sich auch in der Realität auszahlt.
Die bei der quantitativen Asset Management Boutique Quoniam seit Oktober 2003 erfolgreich umgesetzte europäische „MinRisk-Strategie“ ähnelt der MinVol + α-Strategie. In der Realität konnte hier seit Auflage eine Outperformance von jährlich 3,5%, sowie eine Reduktion der Volatilität um ca. 25% erzielt werden.
Insgesamt hat im betrachteten Zeitraum der Einsatz unseres proprietären Risikomodells das Rendite/Risiko-Profil deutlich verbessert. Der Einsatz unserer α-Prognosen hat ebenfalls zu einem signifikanten Mehrertrag geführt. Eine Filterung auf die Top α-Titel hätte keine weitere Verbesserung erreicht.
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*) Christian Schwehm, CFA, ist seit 1. März 2016 als Associate Director bei der Quoniam Asset Management GmbH im Team Portfolio Management, Bereich Equities, tätig. Zuletzt war er Portfoliomanager der ACATIS Investment in Frankfurt und hat dort die Smart-Beta-Produktreihe Modulor konzipiert und geleitet. Außerdem war er als Geschäftsführer der ACATIS Research GmbH verantwortlich für die Software-Umgebung im Portfoliomanagement. Davor arbeitete er 11 Jahre für das Asset Management der Deutschen Bank. Er hat an der TU Kaiserslautern sowie der University of Southampton Wirtschaftsmathematik und Politikwissenschaften studiert. Gemeinsam mit seinem Kollegen Stefan Klein von Quoniam AM hat er die Einflussfaktoren auf die Performance eins Portfolios untersucht und die Ergebnisse beim 141. Hedgework Anfangs Dezember in Frankfurt präsentiert. Quoniam Asset Management ist eine unabhängig operierende Investmentboutique, die seit fast 17 Jahren auf das aktive Management von Aktien-, Renten- und Multi-Asset-Mandaten spezialisiert ist. Zugleich ist Quoniam Teil der Union Investment Gruppe und ruht damit auf einem soliden finanziellen Fundament. Quoniam betreut für mehr als 120 Kunden Assets in Höhe von 26,3 Mrd. Euro (per September 2016).