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Depotbank versus Global Custodian – Ergänzung oder Redundanz?

Als Mitte des vorigen Jahrhunderts die ersten Investmentfonds in Deutschland aufgelegt wurden und eine entsprechende gesetzliche Regelung erfolgte, wurde zum Schutz der privaten Anleger die Funktion der Depotbank für Sondervermögen ebenfalls gesetzlich definiert. Da die Depotbank ihren Sitz im Inland haben muss, rekrutierten sich die ersten Depotbanken aus dem Kreis der in Deutschland ansässigen Kreditinstitute.

Im Zuge der Internationalisierung der Märkte kam es in den letzten Jahrzehnten zu einem verstärkten Auftreten ausländischer Wertpapierdienstleister (zumeist so genannte Global Custodians) in Deutschland, welche peu-à-peu auch die Rolle der klassischen deutschen Depotbank in ihr Produktportfolio aufgenommen haben.

Fast zwangsläufig stellt sich daher die Frage: Worin unterscheiden sich Depotbank und Global Custodian? Oder anders herum gefragt: Gibt es ergänzende Dienstleistungen rund um den Depotbankservice, welche die primär im angelsächsischen Raum angesiedelten Global Custodians institutionellen Investoren in Deutschland anbieten?

Die Depotbank
Den rechtlichen Rahmen für das Investmentgeschäft in Deutschland bildet das Anfang des Jahres 2004 in Kraft getretene Investmentgesetz (InvG), welches das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) aus dem Jahre 1957 sowie die Vertriebsvorschriften des Auslandinvestmentgesetzes (AuslInvG) aus dem Jahre 1969 ablöst. Durch das Investmentänderungsgesetz ist eine erneute Novellierung des Investmentgesetzes in Kraft getreten.

Die relevanten Vorschriften für die Depotbank finden sich in den §§ 20ff InvG. Zum Schutz des Anlegers schreibt das Gesetz vor, dass das Investmentvermögen nicht von der Kapitalanlagegesellschaft selbst verwahrt werden darf, sondern hierzu ein anderes Kreditinstitut als Depotbank beauftragen muss. Die Bestellung oder ein Wechsel der Depotbank muss von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genehmigt werden, da die Depotbank, welche als Kreditinstitut auch von der BaFin beaufsichtigt wird, zum Schutze der Anleger eine Kontroll- und Treuhandfunktion gegenüber der KAG ausübt.

Da die Bestellung der Depotbank der Sicherstellung eines umfassenden Anlegerschutzes dient, wird diese verpflichtet, unabhängig von der KAG und im ausschließlichem Anlegerinteresse zu handeln. Daher  muss die Depotbank zur Vermeidung von Interessenkollisionen rechtlich als auch personell von der Kapitalanlagegesellschaft getrennt sein.

Darüber hinaus muss die Depotbank ihren Sitz im Geltungsbereich des Investmentgesetzes haben, zum Einlagen- und Depotgeschäft nach KWG zugelassen sein sowie über ein haftendes Eigenkapital von mindestens 5 Mio. Euro verfügen.

Aufgaben der Depotbank
Zu den gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben einer Depotbank zählen insbesondere

* Ausgabe und Rücknahme von Anteilsscheinen sowie die Ermittlung des Anteilpreises (§ 23 InvG),
* die Verwahrung der zum Sondervermögen gehörenden Wertpapiere und Einlagenzertifikate in einem gesperrten Depot sowie die Verwahrung des Barguthabens des Sondervermögens auf Sperrkonten (§ 24 InvG),
* die Abwicklung der für das Sondervermögen durchgeführten Geschäfte, die Bezahlung des Kaufpreises beim Erwerb von Vermögensgegenständen sowie die Ausschüttung der Gewinnanteile an die Anleger (§ 25 InvG).
* Darüber hinaus gibt es gemäß § 26 InvG bestimmte Geschäfte, die eine KAG nur mit Zustimmung der Depotbank vornehmen darf. Ferner hat die Depotbank gegenüber der KAG gesetzlich fixierte Kontrollfunktionen hinsichtlich des Bestandes des Sondervermögens gemäß § 27 InvG.

Depotbankvergütung
Für ihre Verwaltungstätigkeit erhält die Depotbank eine Vergütung sowie einen Aufwendungsersatz aus dem Sondervermögen. Für die Entnahme ist allerdings die Zustimmung der KAG vorab erforderlich.

Verwahrung internationaler Wertpapierbestände
Wie können aber nun ausländische Wertpapiere optimal verwahrt werden, wenn die Depotbank zur Hinterlegung in einem Sperrdepot verpflichtet ist?

Gemäß § 24 Absatz 1 Satz 3 InvG ist für „Wertpapiere, die an ausländischen Börsen zugelassen oder in ausländische organisierte Märkte einbezogen sind, oder sonstige ausländische Wertpapiere“ die Drittverwahrung durch eine ausländische Bank zulässig. Auch Wertpapiere inländischer Aussteller, welche an ausländischen Märkten gehandelt werden, können bei ausländischen Drittbanken verwahrt werden, wobei unter dem Begriff ‚ausländische Bank’ nur solche Kreditinstitute anderer Staaten subsumiert werden können, die der Regelung des § 1 I KWG entsprechen.

Zur genauen Regelung der entsprechenden Pfand- und Zurückbehaltungsrechte gibt der ausländische Verwahrer aus Gründen des Anlegerschutzes die so genannte Drei-Punkte-Erklärung ab, durch die er bestätigt, dass er die genannten Rechte nur wegen solcher Forderungen geltend machen wird, die sich aus Anschaffung, Verwaltung und Verwahrung der Bestände ergeben.

Der Global Custodian als Spezialist in der Verwaltung internationaler Wertpapierbestände
Ausgehend von der kontinuierlichen Deregulierung der  Kapitalmärkte im letzten Jahrhundert führte die Globalisierung des Wertpapiermarktes zu einer stetigen Ausweitung des internationalen Anlageuniversums institutioneller Anleger. Durch die starke Zunahme internationaler Wertpapierinvestitionen und der damit verbundenen Notwendigkeit, auch für die Verwaltung und Abwicklung regional weit diversifizierter Wertpapierportfolien eine kostengünstige Abwicklung zu realisieren, spezialisierten sich einige Anbieter weltweit auf diese Geschäftsaktivitäten: Der Global Custodian war geboren.

‚Global Custody Service’ umfasst mehr als die reine Wertpapierverwaltung
Da der Begriff ‚Global Custodian’ rechtlich nicht spezifiziert wird, fehlt es an einer einheitlichen Definition. ’Global Custody Service’ verstehen wir als einen weltweiten, auf die Verwaltung und Abwicklung von grenzüberschreitenden Wertpapiergeschäften ausgerichteten Service, welcher alle Arten von Wertpapieren umfasst. Dabei zeichnet den Global Custodian die globale Präsenz in einer Vielzahl von internationalen Märkten aus, in denen neben den herkömmlichen Basisdienstleistungen wie Settlement, Depotführung und Wertpapierverwaltung (inklusive Zins- und Dividendenservice, Steuer- und Proxy Voting Service sowie die Abwicklung von in- und ausländischen Kapitalmaßnahmen) verstärkt so genannte Added-Value-Services angeboten werden.

Zusatzdienstleistungen (Added-Value-Services)
Die Zusatzleistungen sind – neben der internationalen Ausrichtung - das Hauptdifferenzierungsmerkmal zum herkömmlichen  Wertpapierverwahrer.  Die  Angebotspalette wird von den unterschiedlichen Anbietern variabel angeboten, sodass keine vollständige Auflistung der Services und deren verschiedenen Ausprägungen vorliegt.

Zu den wichtigsten Zusatzdienstleistungen zählen die nachfolgend aufgeführten:

* erweitertes Echtzeit-Reporting (online) auf konsolidierter Ebene inkl. Direktanlagen
* Performancemessung & Performance Attribution
* Risikomanagement
* Wertpapierleihe (Agency/Principal)
* Handel (Brokerage) und Abwicklung sämtlicher Han­delsprodukte (Aktien, Renten, Derivate, * Devisen)
* Cash Management
* Commission Recapture
* Transition Management
* Transaktionskostenanalyse

Mit den zunehmenden qualitativen Anforderungen der institutionellen Investoren wird diese Liste zukünftig weiter wachsen. Durch die damit auf Seiten der Anbieter ver­bundene Notwendigkeit der kontinuierlichen Erweiterung der Basis- und Zusatzdienstleistungen wird eine Konsoli­dierung der Dienstleister erwartet. Nur Anbieter mit einem entsprechend großen Geschäftsvolumen (economies-of-scale) werden in der Lage sein, die notwendigen Investitionen durchführen zu können.

Nutzen für den Investoren?
Für den einzelnen Investor stellt sich wiederum die Frage: welche (Zusatz-)Dienstleistungen benötige ich wirklich für mein tägliches Geschäft, und welche sind lediglich nice-to-have? Und für welche Services bin ich bereit, extra zu bezahlen? 

Nicht zu vernachlässigen ist natürlich auch die Frage, ob und in welcher Detailtiefe sich ein eventueller ausländischer Anbieter mit den spezifischen Gepflogenheiten und Marktusancen des deutschen Wertpapiermarktes sowie den individuellen Bedürfnissen deutscher institutioneller Investoren auskennt. Auch die Gefahr, sich als „mittelständischer“ Investor lediglich als „kleine Nummer“ im Kundenportfolio eines global agierenden Institutes wieder zu finden, schreckt viele Kunden von der Zusammenarbeit mit einem Global Custodian ab, auch wenn die Angebotspalette durchaus attraktiv erscheint.

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Dirk Werthmann ist Geschäftsführer der BHF BNY Securities Services GmbH (<link>dirk.werthmann@bhf-bny.com)